Eine Stunde vor Anpfiff trällerte „Voyage, Voyage“ aus den Lautsprechern im Dreisamstadion. Für die 24500 Zuschauer war es zwar keine Reise zum Amazonas oder in die Sahara, von der die Französin Desireless 1989 in diesem Lied sang, die Sportclub-Anhänger erlebten stattdessen eine Reise zurück in die guten, alten Zeiten, die Nostalgikern die Tränen in die Augen treiben.

Offiziell empfing der Oberligist SV Oberachern den Europapokal-Teilnehmer SC Freiburg in der ersten Runde des DFB-Pokals, doch SC-Trainer Christian Streich bezeichnete das erste Pflichtspiel der Profis in ihrem früheren Wohnzimmer seit September 2021 als „nach Hause kommen“. Standesgemäß tauchten die SC-Fans in ihrer Sonntagskleidung das Stadion zu großen Teilen in Rot und Weiß. Die freundlichen Oberacherner spielten sogar noch vor dem Badnerlied die Sportclub-Hymne.

Fünftligist hält dagegen

Wenig später war es dann auf dem Rasen aber Schluss mit lustig. Der Fünftligist (Vereinslied „Kämpferherz“) hielt körperlich gut dagegen und setzte aus einer tief stehenden Defensive auf Konter und Standards. Zwei der ruhenden Bälle hätten fast zum 1:0 geführt, doch erst stand Marvin Ludwig bei seinem Kopfballtreffer nach Freistoß von Cemal Durmus im Abseits (14.), in der 27. Minute traf er dann mit seinem Freistoß aus 16 Metern den Pfosten des von Noah Atubolu gehüteten SC-Tors. „Da hatten wir Glück“, sagte Streich.

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Der neue SC Freiburg tat sich schwer an alter Wirkungsstätte gegen den Oberligisten, der sich beim zweiten Pflichtspiel im Dreisamstadion dagegen wohler zu fühlen schien als im vergangenen Jahr beim 1:9 in der ersten Pokalrunde gegen Borussia Mönchengladbach. Der Außenseiter in Blau und Weiß wurde immer mutiger, und als es kurz vor der Pause auf beiden Seiten brenzlig wurde, machten sich die Fans des Oberligisten aus dem Ortenaukreis bemerkbar.

„Hier regiert der SVO!“, sangen sie. Sie waren zwar in der Unterzahl bei diesem Südbaden-Duell, doch „das ganze Dorf“ war hier, wie der Stadionsprecher vor dem Spiel gesagt hatte. „In der ersten Halbzeit waren wir schwach gegen einen sehr, sehr guten Gegner“, resümierte Streich nach der Partie.

Die Ende Januar gezählten 4394 Einwohner des Ortsteils der großen Kreisstadt Achern hofften auch nach der Pause auf die große Sensation. Eine Zeitlang sah es tatsächlich nicht schlecht aus für den SVO, doch dann ließ ein Doppelwechsel in der 55. Minute alle Träume platzen. Fünf Minuten, nachdem Streich seine Stammspieler Nicolas Höfler und Christian Günter auf den Rasen geschickt hatte, erzielte Letzterer mit einem strammen Distanzschuss das erlösende 1:0, Pardon 0:1.

Nun war der Widerstand des tapferen Oberligisten gebrochen. Die Freiburger erspielten sich Chancen im Minutentakt, gingen allerdings weiter fahrlässig mit ihnen um. Erst nachdem Hölfer einen ungenauen Pass ds starken SVO-Torhüters Mark-Patrick Redl abfing und Roland Sallai bediente, traf dieser zum 0:2 (77.). Die Freiburger brachten den Rest der Partie routiniert über die Zeit und stehen in der zweiten Pokalrunde.

Am Ende blieb es bei einem hart erkämpften Sieg des Bundesligisten bei dessen Rückkehr ins ausverkaufte und von den Fans besungene Dreisamstadion (“Unser Platz ist hier“). Wobei sich dieses Spiel doch etwas von der guten, alten Zeit unterschied. Es war wohl das erste Mal, dass die Freiburger Fans hier einen „Auswärtssieg“ feierten.