Der ARD-Reporter findet sich vermutlich witzig. Leipzigs Trainer Marco Rose habe ihm doch eine Flasche Wein mitgebracht als Abschiedsgeschenk, was er denn damit mache, will der Mann mit dem Mikrofon von Christian Streich wissen.
Vielleicht hätte Freiburgs bald scheidender Trainer unter anderen Umständen ein freundliches Gesicht gemacht und erst danach den Kopf geschüttelt, aber doch nicht nach einem 1:4 gegen Leipzig, nach dem elften Spiel ohne Sieg gegen den Angstgegner aus Sachsen, was dem Freiburger Trainer „wahnsinnig stinkt“.
Streich will direkt davonlaufen, aber er muss ja antworten. „Das wollen Sie wissen, wirklich, das wollen Sie wissen?“, giftet er den Fragesteller an, „aufmachen und trinken natürlich. Was würden Sie machen?“ Spricht‘s und geht.
Christian Streich kritisiert seine Mannschaft
Die Frage ist so schwach gewesen wie zuvor die Leistung der Freiburger Kicker. „Nein, man muss weniger die Spieler kritisieren“, sagt Christian Streich und zieht das Büßergewand an. Sein Trainerteam und er hätten es vermasselt, „aber ich bin verantwortlich“.
Zu sehr habe er sich leiten lassen vom 3:0-Sieg in Gladbach, zu wenig habe er taktische und personelle Veränderungen vorgenommen. „ Ich habe eine vollständig falsche Herangehensweise gewählt“ sagt ein sichtlich aufgewühlter Mann, „und das stinkt mir wahnsinnig.“
Es sind jetzt noch sechs Spiele bis zum endgültigen Abschied vom Sport-Club und es hat ein wenig den Anschein, als wolle Streich im Zweifel alle um ihn herum schützen. Die Trainerkollegen und vor allem die Spieler.
Schwache Leistung der Breisgauer
Im Ernst: Was kann der Chefcoach dafür, wenn sich seine Fußballer – wie übrigens schon beim 2:3 gegen Leverkusen – in der ersten Minute als staunende Beobachter des gegnerischen Angriffs das 0:1 einschenken lassen?
Dass Keeper Noah Atubolu der erste Freiburger ist, der den Ball nach Haidaras Schuss zwar leicht berührt, dabei aber ebenfalls eine, sagen wir es freundlich, unglückliche Figur macht? Was kann Streich dafür, dass sich vor dem 0:2 Lukas Kübler vom Torschützen Openda abkochen lässt wie ein Freizeitkicker?
Wo liegt seine Verantwortung, wenn vor Opendas 0:3 Yannik Keitel den Ball nicht zu Atubolu zurückspielen kann, weil der auf der Torlinie klebt wie ein Klimaaktivist auf der Straße? Was soll er sagen, wenn sich vor dem 0:4 durch Sesko die SC-Verteidigung von Wegbereiter Openda der Lächerlichkeit preisgibt?
Freiburg verpasst die Wende
Okay, anders aufstellen, von Anfang an eine andere defensive Variante wählen, nämlich die Vierer- anstatt der Dreierkette, allerdings hatte Streich ja längst umgestellt auf den Viererblock, durch den nun Passgeber Henrichs, Flankengeber Openda und Torschütze Sesko wie ein scharfes Messer durch den Butterkuchen pflügten.
Ja, eine Szene gab es, in der eine Wende zum Besseren hätte möglich sein können. Nach 42 Minuten pfeift Schiedsrichter Siebert nach Intervention des Videoassistenten einen Handelfmeter für den Sport-Club.
Zu diesem Zeitpunkt steht es 0:2 und hätte Lucas Höler ins Tor anstatt gegen die Latte geschossen, wer weiß, was danach passiert wäre. Vermutlich aber eher wenig Gutes aus Freiburger Sicht, denn die „wahnsinnig starke Leipziger Mannschaft“ (Streich) ist an diesem Nachmittag sehr stabil – und vor allem viel stabiler als die kalt erwischten Freiburger.
Blick auf die nächste Partie richten
Was passiert nun nach dem „gebrauchten Tag“, wie Freiburgs Sportvorstand Jochen Saier das Geschehene in zwei Worte packt? Die Antwort: Nichts dramatisches. Videos gucken, ansprechen, was schiefgelaufen ist und besser gemacht werden muss.
Mit Blick auf das Spiel in Darmstadt nächsten Sonntag (15.30 Uhr) übt sich Christian Streich noch ein wenig in Sarkasmus: „Wir haben jetzt die Vorlage, wie‘s nicht geht.“ Um das fortzuführen: in der ersten Minute besonders aufpassen! Oder bei der Platzwahl den Anstoß nehmen!