Die Wassersportbranche sieht sich trotz starker Wetterabhängigkeit, demographischem Wandel und unsicherer geopolitischer Entwicklungen weiterhin auf Wachstumskurs: 77,5 Prozent der Unternehmen schätzen die aktuelle Geschäftslage gleich gut oder besser als im Vorjahr ein. Die Saison sei gut angelaufen, sagte auch Sonja Meichle, Vizepräsidentin des Bundesverbands Wassersportwirtschaft, beim Branchengespräch im Rahmen der Messe Interboot in Friedrichshafen. Lediglich das nasskalte Frühjahr sorgte für eine spürbare Delle in der Konjunktur, die sich vor allem im Ausrüstungs- und Zubehörsegment deutlich bemerkbar machte. In der Folge verringerte sich der Anteil der Ausrüster, die ihre Geschäftslage positiv einschätzen, auf 68,2 Prozent, nach 91,7 Prozent im Vorjahr.
Auch in anderen Bereichen ist die wirtschaftliche Entwicklung unterschiedlich. Während sich Torben Will, Verkaufschef des Segel- und Motoryachten-Herstellers Bavaria, über steigende Absatzzahlen bei großen Segelyachten und sogar eine Verdopplung im Bereich der Fahrtenkatamarane freuen kann, geht der Verkauf kleinerer Segelboote in Deutschland stark zurück. Demgegenüber profitieren die Hersteller kleiner Motorboote, die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen. Doch auch im Motorsegment zeichne sich bereits der Trend zum großen Boot ab, erläuterte Will. Anders sieht die Entwicklung in der Schweiz aus. Hier sind die Verkaufszahlen bei kleineren Segelyachten nach Angaben von David Clavadetscher, Geschäftführer des Schweizerischen Bootsbauerverbands, weiterhin stabil, sogar leicht steigend.
Als Folge der Kampagne „Start Boating“ in beiden Ländern konnten in den vergangenen Jahren mehr Neueinsteiger für den Wassersport gewonnen werden. Die geringeren Anforderungen bei Ausbildung, Führerscheinprüfung sowie Erfahrung sorgten dabei für eine weniger hohe Einstiegshürde ins kleine Motorboot als in die kleine Segelyacht, berichtete Meichle. Zudem verkaufe die zunehmend älter werdende Seglergeneration ihre Yacht, um sich den Wassersport im Alter mit einem großen Motorboot, das unkompliziert zu fahren ist, zu erleichtern, fügte Will hinzu. Viele junge Segler dagegen chartern vorzugsweise Yachten und bescheren diesem Bereich hohe Zuwachsraten; ein Kauf ist für sie erst später interessant.
Der deutsche Markt sei wichtig, ist Nicole Lengert vom französischen Yachthersteller Beneteau überzeugt. Während Frankreichs Bevölkerung unter dem Eindruck der jüngsten Terroranschläge die Bootsausstellung in Cannes mied und die Verunsicherung bezüglich der politischen Entwicklung in der Türkei die Absatzzahlen im Bereich Charteryachten einbrechen ließ, zeige sich Deutschland bislang unbeeindruckt von der geopolitischen Situation. Starke Märkte wie Ägypten, Brasilien und Russland spielten für die Branche zur Zeit keine Rolle mehr. Dagegen sei Skandinavien wieder stark im Kommen. Auch Süddeutschland, Österreich und die Schweiz seien eine kaufkraftstarke Region und daher bevorteilt, sagte Klaus Wellmann, Geschäftsführer der Messe Friedrichshafen. Er sieht die Interboot auch in Zukunft in ruhigen Wassern schwimmen. „Ich bin optimistisch, dass es uns noch lange geben wird.“
Allerdings schauen die Unternehmen der Wassersportbranche weniger positiv in die Zukunft. Waren 2015 noch 80,7 Prozent der Meinung, die Konjunktur werde sich besser als im Vorjahr entwickeln, so sind es jetzt nur noch 70 Prozent. Eine negative Tendenz möchte der Bundesverband Wassersportwirtschaft daraus jedoch nicht ableiten. Schuld für die schlechtere Stimmung sei eher das Wetter.
Interboot
In Friedrichshafen findet zum 55. Mal die Wassersportmesse Interboot statt. In acht Hallen präsentieren 471 Aussteller aus 18 Ländern Segel- und Motoryachten einen maritimen Reisemarkt, Wassersportbekleidung und technisches Zubehör. Zudem gibt es ein breites Aktionsprogramm auf dem Messesee und im Interboot-Hafen. Die Messe ist noch bis einschließlich Sonntag, 25. September, täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Zugang zum Interboot-Hafen ist täglich von 10 bis 19 Uhr möglich.