18 Uhr. Montag, in einem Reihenhaus in der Reichenauer Waldsiedlung bei Konstanz. „Herzlich Willkommen zum Thermomix-Kochabend. Schön, dass ihr alle gekommen seid. Wir werden heute Abend zusammen kochen. Und es wäre schön, wenn wir uns alle duzen und sich jeder kurz vorstellt. Ich fang mal an.“ Jutta Wolf lächelt in die Runde, die mit gespannten Gesichtern um den hölzernen Esstisch sitzt. Seit 16 Jahren verkauft sie die Multifunktions-Küchenmaschine Thermomix als Repräsentantin. So nennt der Wuppertaler Hersteller Vorwerk seine Thermomix-Vertreter. Ein bis zweimal pro Woche lädt sie einen Tisch voll Leute zum gemeinsamen Kochen ein, so die Bezeichnung für die Verkaufsveranstaltung in der Privatküche. „Als die Kinder aus dem Haus waren, wurde mir mit meinem Halbtagesjob in einer Druckerei langweilig. So kam das mit der Repräsentantin“, erzählt Jutta Wolf. „Aber jetzt stellt euch doch mal vor!“
Am Tisch sitzen: Corinna und Jonas, ein junges Pärchen mit ihrem knapp vier Monate alten Baby. „Wir kochen jeden Tag frisch, bald kommt die Babynahrung dazu und da haben wir gehört, das soll mit dem Thermomix prima gehen“, sagt Corinna. Jonas hat sich den Thermomix schon einmal angeschaut und gibt sich noch skeptisch. „Das Gerät nimmt einfach sehr viel Platz weg, wir haben schon eine Küchenmaschine und der Preis ist echt happig.“

Nebensitzerin Martina hat den Preis längst bezahlt. Sie ist seit vielen Jahren Thermomix-Besitzerin und liebäugelt nun mit dem neuen Modell, dem TM6, „wegen der integrierten Rezepte“. Genau dieses Gerät hat Heike vor zwei Monaten gekauft, „weil ich neue Ideen auf die tägliche Frage ‚was koche ich heute‘ gesucht habe.“ Sie erwartet sich vom Abend weitere Tipps und Anregungen zum Umgang mit „ihrer Carlotta“, wie sie den Thermomix getauft hat. „So schlau wie das Gerät ist, muss es weiblich sein“, findet Heike.
18.15 Uhr. Genug geplaudert. Repräsentantin Jutta ergreift wieder das Wort. „Bevor wir mit dem Kochen starten noch eine Info. Der Thermomix kostet 1359 Euro, ein Kochbuch ist dabei und für ein halbes Jahr habt ihr gratis Zugriff auf mehrere Zehntausend Rezepte im Cookidoo, dem Online-Rezepte-Portal. Wem der Preis zu hoch ist, es gibt auch gute Möglichkeiten für eine Finanzierung, aber darüber können wir später reden. Jetzt wollen wir endlich kochen.“
Die Bedienung ist kinderleicht
Mit geübter Hand mischt Jutta einen Stapel Rezept-Kärtchen. Jeder zieht eine Speise für das Drei-Gänge-Abendessen und soll sie anschließend selbst zubereiten. „Wer hat das Erdbeer-Basilikum-Sorbet? Ah, Corinna, ab in die Küche!“ Jutta steht auf, die Gäste folgen.
18.20 Uhr. Der große Moment. Corinna darf den Thermomix anschalten. Auf dem Display erscheint das Rezept für das Erbeer-Basilikum-Sorbet und die Aufforderung, zunächst den Zucker mit der integrierten Waage abzumessen. Die Bedienung funktioniert wie beim Smartphone durch Drücken und Wischen und ist ähnlich intuitiv.
18.35 Uhr: Aus Mehl, Hefe, Olivenöl und Salz hat Martina flugs den Teig für die Laugenbrötchen geknetet. Jonas staunt schon wieder. „Bei uns klebt der Hefeteig immer in der Schüssel fest, aber der ist super.“ Wie bei allen Fragen an diesem Abend hat Repräsentantin Jutta sofort eine Antwort und Erklärung parat. Sie zeigt die ausgefeilte Form des Rühr-Knet- und Mahl-Messers. „Damit brennt euch auch nie wieder ein Milchreis an und in die Spülmaschine kann es auch.“ Während die Laugenbrötchen im Ofen langsam zu duften beginnen, nutzt Jutta die Zeit für weitere Verkaufsargumente. „Mein ehemaliger Mathelehrer hat mal ausgerechnet, dass er das Geld für den Thermomix innerhalb eines Jahres allein dadurch eingespart hat, weil er sein Brot jetzt selbst backt.“

19 Uhr. Der Höhepunkt des Abends steht bevor. Jonas sucht auf dem Display des Thermomix das Rezept für die Hauptspeise: eine Gemüse-Saté-Bowl mit Hühnerfleisch und Erdnusssoße. Kartoffeln und Reis werden zusammen in den Mixbecher gegeben, dann darf Jonas den Aufsatz auflegen. Schonend in heißem Dampf werden darin Pilze, Karotten, Brokkoli sowie das Hühnerfleisch gegart. „Das war`s schon“, sagt Jutta. „Deckel zu und 25 Minuten warten, kein Umrühren nichts. Und wir essen jetzt gemütlich die Vorspeise.“ Die Küche ist trotz des Koch-Marathons noch immer blitzblank.
„Nur essen musst du noch selbst“
19.10 Uhr. Der Thermomix surrt leise vor sich hin. Die Test-Esser haben sich mit Brokkoli-Salat, Laugenbrötchen und Tomaten-Brotaufstrich am Holztisch niedergelassen. Die Tischdekoration besteht aus lauter kleinen Gläschen, fein säuberlich beschriftet. Vanillezucker, Mandelmus, Semmelbrösel, Bratensoße. „Alles aus dem Thermomix“, sagt Jutta und reicht die Gläschen herum. Jonas ist mal wieder am Staunen. „Der Thermomix kann ja echt alles.“ Martina lacht und sagt: „Ja, nur essen musst du noch selbst.“ Und schon erinnert das leise „düdeldü“ aus der Küche Jonas daran, die Hauptspeise zu servieren.
19.35 Uhr. Tatsächlich sind Fleisch, Karotten, Pilze, Brokkoli, Reis und Kartoffeln alle auf den Punkt gegart. Nichts ist zu hart, nichts zu matschig. „Das schafft man beim Kochen am Herd so nicht“, ist sich Martina sicher. Dann entspinnt sich eine Diskussion darüber, ob dem Fleisch nun die Röst-Aromen aus der Pfanne fehlen oder nicht. „Ein Wiener Schnitzel mache ich natürlich auch in der Pfanne“, sagt Jutta. Heike erzählt von Freunden, denen das kreative Kochen beim Thermomix fehlt, weil alles so Schritt-für-Schritt-genau vorgegeben ist. „Aber ich muss mich ja nicht von einem Gerät davon abhalten lassen, nach Belieben zu würzen und zu variieren“, findet Heike.
Wiegen, mixen, rühren und mahlen: All das kann der Thermomix
20.05 Uhr. Genug gegessen. Jutta holt einen kleinen Tischkalender hervor und zeigt nochmals die einzelnen Funktionen des Thermomix, darunter: Wiegen, Mixen, Rühren, Mahlen, Kneten, Emulgieren, Kochen, Dampfgaren, Fermentieren. „Ihr könnt damit Wasser kochen und Kaffeebohnen mahlen und dadurch spart ihr auch andere Küchengeräte ein“, sagt sie, als sie noch einmal die Seite mit dem Preis von 1359 Euro aufblättert. „Außerdem gibt es regelmäßig Kochabende und bei Fragen könnt ihr jederzeit anrufen. Mich gibt es also quasi kostenlos dazu.“
Lächelnd blickt sie in die Runde, ihr Blick bleibt bei Jonas und Corinna hängen, denen das Interesse ins Gesicht geschrieben ist. „Bei euch rufe ich einfach morgen mal an. Schlaft ruhig eine Nacht drüber und überlegt, was ihr mit dem Thermomix so alles machen könntet.“ Dann fällt ihr Blick auf das schlafende Baby. „Es gibt inzwischen übrigens auch einen Thermomix für Kinder. Mit dem kann man einfache Milchshakes machen oder Muffin-Teig rühren“, sagt Jutta.
Direktvertrieb
So altmodisch und verstaubt das Geschäftsmodell vom Direktvertrieb klingt – es erfreut sich in Deutschland seit Jahren wachsender Beliebtheit. So hat sich der Umsatz der Branche dem Bundesverband Direktvertrieb zufolge zwischen 2007 und 2017 von 8,7 Milliarden Euro auf 17,62 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Alle drei Sekunden wird in Deutschland ein Produkt im Direktvertrieb verkauft – und zwar meist bei Hauspartys und Heimvorführungen. Denn die Kunden schätzen einer Studie der Universität Mannheim zufolge vor allem das gesellige Einkaufserlebnis unter Freunden, das Ausprobieren können und die persönliche Beratung. (sam)