Im Rennen um die Zukunft der Mobilität gibt der Automobilzulieferer ZF im Nutzfahrzeugbereich Gas. Die Friedrichshafener wollen künftig insbesondere Trucks und Lieferwägen zu selbstfahrenden Roboter-Fahrzeugen umfunktionieren. Automatisiertes Fahren werde sich „zuerst bei Nutzfahrzeugen und Fahrzeugflotten durchsetzen“, sagte ZF-Chef Wolf-Henning Scheider bei einer Veranstaltung in Friedrichshafen.

Der 56-Jährige hält es für wahrscheinlich, dass Berufsgruppen wie Spediteure, Bauern oder Bergbau-Angestellte zu den ersten Nutzern vollautonomer Fahrzeuge gehören werden. Der Grund: Die Verkehrssituationen sind auf Betriebshöfen, Äckern, Containerumschlagplätzen oder auf Minen weniger komplex als in belebten Innenstädten, in denen sich viele Verkehrsteilnehmer tummeln. Ein weiterer Grund: Wenn der Fahrer überflüssig wird, sparen die Unternehmen Kosten. Speziell auf Nutzfahrzeuge, aber auch auf den öffentlichen Personennahverkehr abgestimmte Mobilitätskonzepte stehen daher ganz oben auf der Liste der Entwicklungsziele von ZF. Eine Übersicht:

  • Liefer- und Fahrdienste: Päckchen und Pakete im Internet zu bestellen boomt. Als Folge steigt auch die Zahl der Zulieferfahrzeuge rapide. ZF will von diesem Trend profitieren und hat jetzt einen teilweise autonom fahrenden Liefer-Van vorgestellt. „Das Fahrzeug beherrscht bereits das langsame Navigieren in der Stadt, ohne dass ein Fahrer eingreifen muss“, sagt der ZF-Verantwortliche Gerhard Gumpoltberger. Der Lieferbote sitzt zwar immer noch im Cockpit, kann sich aber während der Fahrt um andere Dinge kümmern – etwa um die Routenplanung oder Kundenkontakte. „Das spart Zeit und ist damit Geld wert“, sagt Gumpoltberger. In einem anderen, in Zusammenarbeit mit dem Zulieferer Faurecia entwickelten Van hat ZF schon einmal vorweggenommen, wie Fahren ohne Lenkrad in Zukunft ablaufen könnte. Nahezu selbstständig soll das Fahrzeug als Mini-Bus eingesetzt werden. Gesteuert wird – wenn überhaupt – mit einem Joystick. Ein mechanisches Lenkrad und Bremspedale gibt es nicht mehr.
  • Landwirtschaft: Zusammen mit dem Tiroler Hersteller Lindner hat ZF einen autonom fahrenden Traktoren entwickelt. Das Gefährt folgt einer vorher vom Bauern einprogrammierten Route. Während die Maschine auf dem Feld ackert, kann der Landwirt Mittagspause machen, verspricht ZF. Möglich sei auch, dass ein Fahrzeug – etwa ein Heuwender – einem voranfahrenden Mähtraktor autonom folge, sagt ZF-Sprecher Thomas Wenzel. Zwei Arbeitsschritte würden so auf einmal erledigt.
  • Containerumschlag: Auf Betriebshöfen oder Containerumschlagterminals geht so einiges schief. Auf engstem Raum müssen Lkw tonnenschwere Lasten oft zentimetergenau ein- oder ausparken. „Eine sensible Schwerstarbeit“, wie Marcus Hiemer von ZF sagt. Um das Rangieren fehlerfrei zu erlernen, benötigten die Fahrer oft „mehrere Hundert Trockenversuche“. In Zukunft soll das überflüssig werden. Ein mit rund 20 Sensoren und dem Hochleistungsrechner ZF Pro-AI ausgestatteter Lkw soll die Frachten in Zukunft autonom bewegen. Das Fahrzeug wurde am Mittwoch in Friedrichshafen vorgestellt. „Anfang der 2020er Jahre“ könnte er zu den Kunden rollen, heißt es bei ZF.
  • Sammeltaxi: Mit dem Ego-Mover will ZF in den Markt der automatisierten Personenbeförderung einsteigen. Das in Zusammenarbeit mit der Aachener Ego-Mobile GmbH entwickelte Gefährt soll bis zu 15 Personen Platz bieten und in einer ersten, teilautomatisierten Version Ende 2019 ausgeliefert werden. Rund 70 Kunden, etwa Busunternehmen, interessieren sich bereits für den Ego-Mover. Getestet wird er unter anderem in Friedrichshafen.

    Der von ZF entwickelte Kleinbus Ego Mover fährt elektrisch und autonom. Bild: Mommsen
    Der von ZF entwickelte Kleinbus Ego Mover fährt elektrisch und autonom. Bild: Mommsen | Bild: Mommsen, Kerstin