Die Einführung einer Bagatellgrenze für die Mehrwertsteuerrückerstattung von Schweizer Einkaufstouristen würde nach Ansicht der IHK zu einem Strukturwandel in der gesamten Grenzregion führen. Durch die Schweizer Kundschaft habe sich entlang der deutsch-Schweizer Grenze ein enges Nahversorgungsnetz entwickelt, sagte Bertram Paganini, Geschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee. Blieben die Schweizer etwa aufgrund der Einführung einer Wertgrenze weg, sei diese Struktur gefährdet.

1,5 Milliarden Euro bringen die Schweizer ins Land

Der Handelsverband Südbaden (HV) rechnet für den Fall der Einführung einer Bagatellgrenze von 175 Euro mit Umsatzverlusten in Milliardenhöhe. Die Folge wären Jobverluste im Einzelhandel. Nach dem Wegfall der Papier- und Textilindustrie in der Grenzregion sei der Handel fundamental, um die Beschäftigung zu sichern, sagte Utz Geiselhart, HV-Hauptgeschäftsführer.

Grob gesagt wird ein Drittel des Einkaufsgeschehens zwischen Konstanz und Basel von Schweizern bestimmt. Von den rund 4,6 Milliarden Euro deutschen Einzelhandelsumsätzen pro Jahr gehen 1,5 Milliarden auf Schweizer zurück. Ähnlich ist die Relation bei den Einkaufsflächen.

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Hintergrund des Protests ist der Vorschlag des Rechnungsprüfungsausschusses des Bundesrechnungshofs, eine Bagatellgrenze von 175 Euro einzuführen. Unterhalb dieser wäre eine Mehrwertsteuerrückerstattung für Schweizer Kunden unmöglich. Heute können sich Schweizer die Mehrwertsteuer von 19 oder 7 Prozent erstatten lassen – unabhängig vom Einkaufswert.

Das Thema bewegt die Branche auch, weil Deutschland als Einkaufsland an Attraktivität verloren hat. Gründe dafür sind die Wechselkursentwicklung zum Franken, ein zunehmender Online-Handel in der Schweiz sowie preisaggressivere Einzelhändler in der Eidgenossenschaft.

IHK fordert eine App als Ersatz für grüne Ausfuhrzettel

Mit Nachdruck wehren sich IHK und Handel daher gegen die Bagatellgrenze. Gut 6800 Einzelhandelsbeschäftigte haben eine entsprechende Petition unterschrieben. Das Thema brenne der Branche „unwahrscheinlich unter den Nägeln“, sagte HV-Vize Vizepräsident Jürgen Baur. Um die Zollbehörden und die von Staus an der Grenze geplagte Grenz-Bewohner zu entlasten, plädieren Handel und IHK für eine datengestützte Verarbeitung der grünen Zollzettel via App. Man appelliere an die Verantwortlichen im Bund, die Planungen für ein digitales Ausfuhrsystem endlich wieder aufzunehmen, hieß es vom Handelsverband. Die Unternehmen stünden für eine Testphase bereit.