Die meisten Obstbauern am Bodensee haben Äpfel. Da macht auch Familie Bernhard aus Ettenkirch bei Friedrichshafen keine Ausnahme. Seit gut zehn Jahren setzt der Betrieb allerdings auch auf den Anbau von Birnen. Und die Bernhards sind damit nicht allein.

„Sie überzeugt mit ihrem frisch-süßen Geschmack und lässt sich ausgezeichnet lagern“: Obstbauer Norbert Bernhard (links) aus Ettenkirch ...
„Sie überzeugt mit ihrem frisch-süßen Geschmack und lässt sich ausgezeichnet lagern“: Obstbauer Norbert Bernhard (links) aus Ettenkirch bei Friedrichshafen, seine Frau und sein Sohn setzen auf die Sorte Xenia, die nur wenig anfällig für Schorf ist. Bild: Nicole Maskus-Trippel | Bild: Nicole Maskus-Trippel

8000 Tonnen Birnen wurden im vergangenen Jahr am Bodensee geerntet. Im Vergleich zu 226.000 Tonnen Äpfeln ist das zwar immer noch eine sehr kleine Menge – aber dennoch sind das rund 12 Prozent mehr als im Vorjahr. Und das Interesse am Birnenanbau unter den Landwirten in der Region wächst laut Vertriebsgesellschaft Obst vom Bodensee stark.

Südeuropa von Wetterextremen gebeutelt

Die Gründe dafür findet man vor allem in Südeuropa. Bislang wurden rund 80 Prozent der Birnen, die in deutschen Supermärkten liegen, importiert. Durch den Klimawandel haben es die Bauern in Spanien inzwischen aber schwer mit dem Birnenanbau. Und die beliebte Birnensorte Abate Fetel, die vor allem in der italienischen Region Emilia-Romagna wuchs, wird aufgrund der Überschwemmungen dort im vergangenen Jahr gar gänzlich vom Markt verschwinden.

Erntearbeiter bei der Birnenernte auf dem Obsthof Bernhard bei Friedrichshafen.
Erntearbeiter bei der Birnenernte auf dem Obsthof Bernhard bei Friedrichshafen. | Bild: Obst vom Bodensee

Für deutsche Birnen, die bislang ein Schattendasein am Markt fristeten, hat sich damit eine Marktlücke aufgetan. Der Lebensmitteleinzelhandel wünscht sich mehr Lieferkontinuität bei deutschen Birnen, um solche Ausfälle kompensieren zu können.

Experte: Deutsche Obstbauern bislang zu zögerlich bei neuen Sorten

Für die Landwirte ist der Einstieg in den Birnenanbau finanziell durchaus attraktiv. „Birnenpreise sind ziemlich stabil, bei Äpfeln müssen die Landwirte immer bibbern, weil der Markt stark überfüllt ist“, sagt Manfred Büchele, Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Obstbau Bodensee in Bavendorf bei Ravensburg.

Er wundert sich schon lange, dass die Landwirte in der Bodenseeregion nicht schon längst stärker in den Birnenmarkt eingestiegen sind. „Die klimatischen Bedingungen sind hier sehr gut dafür. Und seit ein paar Jahren gibt es auch tolle neue Sorten wie Xenia, Migo oder Fred“, sagt Manfred Büchele.

Neuer Star am Birnenhimmel: Sorte Xenia. Schmackhaft und gut lagerbar.
Neuer Star am Birnenhimmel: Sorte Xenia. Schmackhaft und gut lagerbar. | Bild: Obst vom Bodensee

Problem: Birnen waren lange nicht recht lagerfähig

Denn ein großes Problem hatten Birnen bislang im Vergleich zu Äpfeln: Man konnte sie nicht besonders lange lagern. „Bei den neueren Sorten ist das aber anders, sie sind sehr gut lagerfähig“, sagt Manfred Büchele.

Ihm zufolge waren die Bauern in Deutschland beim Birnenanbau aber lange sehr konservativ unterwegs und haben auf die klassischen Sorten wie Williams oder Alexander Lucas gesetzt, anstatt etwas Neues auszuprobieren. „In Holland war man da beispielsweise schon viel länger sehr kreativ unterwegs, was das Züchten neuer Sorten anbelangt“, so Büchele. Auch geschmacklich habe sich bei den neuen Sorten viel getan.

Neue Sorten von Züchtern

Familie Bernhard aus Ettenkirch setzt auf die Sorte Xenia und hat damit bislang sehr gute Erfahrungen gemacht. „Sie überzeugt mit ihrem frisch-süßen Geschmack und lässt sich ausgezeichnet lagern“, sagt Obstbauer Norbert Bernhard. Auch sei diese Sorte nicht besonders anfällig für Schorf, wodurch wenig Pflanzenschutzmittel benötigt würden.

In der Anschaffung sind Birnbäume zwar etwas teurer als Apfelbäume – dafür muss man sie aber auch nicht so häufig ersetzen. „Die Plantagen können durchaus 50 Jahre bestehen, ohne dass die Qualität der Früchte abnimmt“, sagt Norbert Bernhard. „Da erntet mein Sohn noch 40 Jahre dran.“

Weiße Blüten hängen in einer Obstplantage an einem Birnenbaum. Die Blüten sind empfindlich, daher scheuen viele Landwirte den Birnenanbau.
Weiße Blüten hängen in einer Obstplantage an einem Birnenbaum. Die Blüten sind empfindlich, daher scheuen viele Landwirte den Birnenanbau. | Bild: Felix Kästle

Dennoch kann jetzt nicht jeder Obstbauer, der bislang Äpfel hatte, einfach auf Birnen umschwenken. „Wegen der gestiegenen Nachfrage ist es derzeit gar nicht so einfach, an Bäume heranzukommen“, sagt Janina Bembenek von der Vertriebsgesellschaft Obst vom Bodensee. Hinzu komme das hohe Risiko für Frost. „Ähnlich wie bei Aprikosen blühen auch Birnen früher als Äpfel, weshalb man eine geeignete Lage braucht“, so Bembenek.

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Auch der Anbau an sich bringt neue Anforderungen mit sich. „Man muss sich schon ein bisschen damit beschäftigen, Birnen brauchen mehr Aufmerksamkeit. Von Äpfeln dagegen sagt man eher, dass sie wie Unkraut wachsen“, sagt Manfred Büchele. So sei beispielsweise der Schnitt bei Birnen etwas aufwendiger, auch beim Pflücken müsse man vorsichtiger sein.

Hinzu kommen die Verbraucher, deren ungeschlagenes Lieblingsobst seit vielen Jahren der Apfel ist. Rund 20 Kilogramm davon werden pro Jahr und Kopf verspeist – bei der Birne sind es gerade einmal 2,5 Kilo. Sie liegt damit deutlich abgeschlagen hinter nicht ­heimischem Obst wie Bananen (elf Kilo) oder den ebenfalls größtenteils importierten Tafeltrauben (fünf Kilo).

Birne ist hipp

Janina Bembenek zufolge liegt das auch am Image der Birne. „Viele Südfrüchte gelten als hipper“, sagt sie. Hinzu komme der weit verbreitete Glaube, dass man eine Birne nicht gut mitnehmen könne, weil sie schnell matschig werde. „Dabei kann man eine Xenia-Birne problemlos eine Woche im Auto liegen lassen und immer noch essen, ich habe das selbst ausprobiert.“

Damit die Verbraucher Birnen künftig als ein gesundes, regionales und attraktives Obst wahrnehmen, versucht das Deutsche Obst-Sorten-Konsortium derzeit, mit einer Marketing-Kampagne nachzuhelfen. „Denn wir können natürlich nur dann mehr Birnen anbauen, wenn es uns auch gelingt, die Nachfrage anzukurbeln“, sagt Janina Bembenek. Sie sagt aber auch: „Äpfel bleiben das Brotgeschäft am Bodensee.“