Einige Branchen trotzen der Corona-Krise und befinden sich im Höhenflug. Dazu gehört auch der E-Bike-Markt. Das Schramberger Unternehmen HGears profitiert von der Lust, sich motorunterstützt an der frischen Luft fortzubewegen. Der Hersteller von Getriebeteilen im Bereich E-Mobilität nutzt den Schwung und geht am Freitag, 21. Mai, in Frankfurt an die Börse. Mit dem eingesammelten Geld soll der geplante Weg an die Weltmarktspitze finanziert werden.
Börsengang soll weiteres Wachstum finanzieren
HGears teilte im Vorfeld mit, dass 6,67 Millionen Aktien zu einem Preis von je 26 Euro gezeichnet wurden. Damit nimmt der Getriebespezialist mit dem Börsengang 173,4 Millionen Euro ein, von denen rund 62 Millionen in das Unternehmen investiert werden sollen. Das Unternehmen zeigte sich zufrieden mit der Kapitalisierung. „Die Bücher waren bereits nach wenigen Stunden am ersten Tag der Angebotsfrist gefüllt und letztlich mehrfach gezeichnet“, sagt Finanzvorstand Daniel Basok laut Pressemitteilung. „Mit dem Erlös können wir das organische Wachstum in unserem Geschäftsbereich E-Mobility weiter ausbauen.“

Zur HGears AG gehören drei hundertprozentige Töchter als Produktions- und Fertigungsstandorte, unter ihnen die Herzog GmbH in Schramberg, in der nach Angaben des Unternehmens rund 350 Mitarbeiter beschäftigt sind. In Schramberg liegt auch der Ursprung des Unternehmens. Hier hat 1958 Helmut Herzog begonnen Metallteile herzustellen. Nun ist es nach eigenen Angaben europäischer Marktführer bei Getriebekomponenten für E-Antriebe.
Hälfte der E-Bikes in Europa fahren mit Komponenten von HGears
Rund 4,6 Millionen E-Bikes seien 2020 in Europa verkauft worden, teilt HGears mit. Etwa 2 Millionen davon enthielten Getriebeteile aus dem Schwarzwald. Diese Position möchte die AG jetzt ausbauen. Der Konzernumsatz solle auf 250 Millionen Euro verdoppelt werden, so Basok. Im Geschäftsbereich E-Mobility sei es Ziel, den Umsatz auf 150 Millionen zu verdreifachen.
Erst im vergangenen Geschäftsjahr 2020 konnte Getriebehersteller in der E-Mobilität punkten. Der Umsatz stieg dort nach eigenen Angaben um 59 Prozent und machte mehr als Zweidrittel des Konzernumsatzes aus.
Konzern kündigt Arbeitsplatzaufbau in Schramberg an
Das zusätzliche Geld aus dem Börsengang soll in die Erweiterung der Produktionskapazitäten fließen. Durch die Corona-Pandemie und die Klimadiskussion ist die Nachfrage nach Elektroantrieben sprunghaft angestiegen. Der Zulieferer aus dem Schwarzwald will deswegen mehr von seinen Komponenten für E-Bikes sowie Elektro- und Hybridfahrzeuge fertigen.
Für den Standort Schramberg kündigte der Konzern die Schaffung neuer Arbeitsplätze an. „Wir freuen uns darauf, den Standort zu stärken und auf dem lokalen Arbeitsmarkt aktiv zu werden. Genaue Zahlen können wir diesbezüglich heute noch nicht nennen“, teilte der Konzern mit. Konkret solle der Bereich Engineering sowie die Forschung und Entwicklung gestärkt und ausgebaut werden.
Bosch verbaut Getriebeteile von HGears
Vorstandschef Pierluca Sartorello setzt darauf, dass der Trend anhalten wird: „Wir sehen auch zukünftig eine anhaltend hohe Nachfrage.“ Das Interesse der Konsumenten habe sich zum elektronischen Antrieb hin gewandelt. „Durch jahrzehntelange Branchenerfahrung haben wir das nötige Know-how“, ist er sich sicher. Die Getriebeteile könnten hohe Drehmomente übertragen, seien leicht und geräuscharm. Kunde ist unter anderen der Weltmarktführer für E-Bike-Antriebssysteme Bosch.
64 Prozent der Anteile des Antriebsspezialisten sind nach dem Börsengang in Streubesitz. Die übrigen 36 Prozent verbleiben in der Hand der Altaktionäre um die Beteiligungsgesellschaft Finatem mit Sitz in Frankfurt am Main. Das Unternehmen kommt dann auf einen Börsenwert von 270 Millionen Euro.