Ein Zettel für den Arbeitgeber, einer für die Krankenkasse, einer für die persönliche Ablage: Die Zeiten, in denen Patienten den gelben Schein erhielten, sind seit dem 1. Januar 2023 vorüber. Seither erfolgt die Krankschreibung auf digitalem Weg, mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU).

Das bedeutet: Beschäftigte müssen den Arbeitgeber nur noch über den Ausfall informieren, brauchen sich aber nicht mehr darum zu kümmern, dass der Nachweis beim Arbeitgeber ankommt. Denn nach dem Arztbesuch leitet die Praxis die Bescheinigung elektronisch an die gesetzliche Krankenkasse weiter. Dort kann der Arbeitgeber die eAU direkt abrufen.

Arbeitgeber klagen über Mehraufwand

Soweit die Theorie. Doch in der Praxis zeigen sich nach einem knappen Vierteljahr mit dem neuen Verfahren noch so manche Schwierigkeiten.

An der Technik hapere es bei den Stadtwerken Konstanz zwar nicht, wie ein Sprecher berichtet. „Allerdings gibt es noch sehr häufig Abweichungen.“ Das heißt: Die Angaben der Beschäftigten, die sich zum Beispiel für einen bestimmten Zeitraum krankheitsbedingt abmelden, und die der eAU stimmen nicht überein. Dieser Abgleich bedeute einen erheblichen Mehraufwand.

Bisher mussten im Krankheitsfall die sogenannten gelben Zettel dem Arbeitgeber vorgelegt werden.
Bisher mussten im Krankheitsfall die sogenannten gelben Zettel dem Arbeitgeber vorgelegt werden. | Bild: Patrick Pleul/dpa

Auch bei anderen Unternehmen im Südwesten macht die eAU den Personalabteilungen zu schaffen. „Wir konnten bisher noch keine Erleichterung durch den neuen Prozess verzeichnen“, sagt eine Sprecherin des Messtechnik-Herstellers Testo aus Titisee.

Umstellung bereitet vielen Mittelständlern Probleme

„Wir erleben ein Chaos der Zuständigkeiten und bürokratischen Mehraufwand durch Doppelstrukturen“, sagte der Präsident des Verbands Die Familienunternehmer, Reinhold von Eben-Worlée, kürzlich gegenüber dem „Handelsblatt“. Buchhaltungen müssten viele Vorgänge doppelt erfassen, dadurch könne es zu erheblichen Verzögerungen bei der Lohnabrechnung kommen.

In einer Umfrage des Bundesverbands Der Mittelstand (BVMW) gaben 78 Prozent der teilnehmenden Mitgliedsunternehmen an, die Einführung sei problematisch verlaufen. 87 Prozent forderten, die gesetzlichen Krankenkassen sollten die Bescheinigung den Arbeitgebern automatisch zusenden.

Dabei scheinen die Erfahrungen der Kassen überwiegend positiv zu sein. „Aus unserer Sicht läuft das Verfahren gut, was sich auch an den stark steigenden Zahlen zeigt“, sagt Helge Dickau vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Die Beschwerden vereinzelter Arbeitgeber-Verbände könne man dort nicht nachvollziehen.

Während der einjährigen Pilotphase wurden laut Angaben des Verbands vier Millionen Testläufe dafür genutzt, die Systeme zu testen und Fehler zu beheben. Im Februar 2023 wurden elf Millionen elektronische Krankmeldungen von den Arztpraxen an die Krankenkassen geschickt, im laufenden Monat seien es bereits acht Millionen. Eine Auswertung, wie viele von den Arbeitgebern seit Jahresbeginn abgerufen wurden, sei in Arbeit, so Dickau.

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Auch bei der AOK Baden-Württemberg, mit 4,5 Millionen Versicherten eine der größten gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland, sieht man keine gravierenden Probleme seitens der Systeme, die Technik laufe überwiegend stabil. „Leider scheinen viele Arbeitgeber die Zeit der Pilotierung vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 nicht genutzt zu haben und erleben nun eine recht harte Umstellung der eingeübten papierbasierten Prozesse“, sagt ein Sprecher der AOK Baden-Württemberg.

Wer krankgeschrieben wird, muss keine Nachteile befürchten, wenn es mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) hakt.
Wer krankgeschrieben wird, muss keine Nachteile befürchten, wenn es mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) hakt. | Bild: Christin Klose/dpa

Ganz gleich, ob das Problem beim neuen System der Kassen oder bei einzelnen Arbeitgebern liegt: Einig sind sich beide Seiten, dass Beschäftigte keine Abmahnung oder andere Nachteile zu befürchten haben, wenn es mit der eAU hakt. Denn ein Zettel hat die Digitalisierung der Krankmeldung überlebt: der für die persönliche Ablage. Er kann im Zweifel als handfester Nachweis dienen, wenn der digitale nicht ankommt.