Die Tage des gelben Scheins sind gezählt: Ab dem 1. Januar 2023 werden Krankschreibungen in Deutschland komplett digital übermittelt. Arbeitnehmer sind dann nicht mehr verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Stattdessen muss der Arbeitgeber die eAU (elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) bei der gesetzlichen Krankenversicherung abrufen. Aber wird das neue Verfahren auch für Deutsche funktionieren, die in der Schweiz arbeiten?

Für die Antwort ist zunächst wichtig, wie der Patient krankenversichert ist. Grenzgänger können wählen, ob sie sich der Pflichtversicherung in der Schweiz anschließen oder in Deutschland freiwillig gesetzlich oder privat krankenversichert sein wollen. Für sie gilt das sogenannte Optionsrecht (einen Ratgeber zum Thema finden Sie hier). Die Umstellung auf die elektronische Krankschreibung betrifft nur Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherungen in Deutschland.

Allerdings: Schweizer Arbeitgeber werden die eAU von AOK, Barmer und Co. nicht abrufen können. Wie die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung-Ausland (DVKA) erklärt, sei eine Anbindung ausländischer Arbeitgeber an das elektronische Austauschverfahren generell nicht vorgesehen. Beschäftigten, die hiervon betroffen sind, rät etwa das Unispital Basel deshalb weiterhin zur Krankmeldung in Papierform. Beat Werder, Sprecher des Agrarchemie-Konzerns Syngenta, weist außerdem darauf hin, dass in der Schweiz „die Beweispflicht bei der oder dem Arbeitnehmenden“ liege. Das werde sich auch 2023 nicht ändern.

Arbeitgeber können weiter ausgedruckte Bescheinigung verlangen

Grenzgänger werden also sehr wahrscheinlich weiter eine Krankschreibung in Papierform benötigen. Und die wird zum Jahreswechsel in Deutschland auch nicht komplett abgeschafft. „Die Arbeitgeber können weiterhin von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine ausgedruckte Bescheinigung verlangen. Das wäre dann das Verfahren, wie es heute noch angewandt wird“, sagt Kai Sonntag, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Der Ausdruck sei dann formlos.

Wer als Grenzgänger in der Schweiz krankenversichert ist und in einer Arztpraxis in Deutschland behandelt wird, bekommt dort laut Angaben der DVKA einen Ausdruck der eAU in dreifacher Ausfertigung überreicht: eine für die Krankenkasse, eine zur Vorlage beim Arbeitgeber und eine für die eigene Ablage. Auch Privatpatienten erhalten – ganz gleich ob Grenzgänger oder nicht – beim Arzt weiter eine Krankschreibung auf Papier. Laut dem Verband der privaten Krankenversicherungen gebe es bisher noch keine gesetzliche Regelung, die ein vergleichbares Angebot zur eAU ermögliche.

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Ohnehin raten einige Arbeitsrechtler und Verbraucherschützer Kassenpatienten dazu, ihren Arzt weiter um eine Bescheinigung in Papierform zu bitten. Sollte der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit anzweifeln, hätten Beschäftigte dann wortwörtlich etwas in der Hand, um den Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu behalten oder eine Abmahnung wegen Untätigkeit zu vermeiden.