Herr Quaschning, lohnt sich der Einbau einer Wärmepumpe in ein Haus?

Die Wärmepumpe ist ganz einfach die einzige Technologie, mit der es uns gelingen kann, die in Deutschland bestehenden Klimagesetze einzuhalten. Deswegen ist nicht die Frage, ob die Wärmepumpe kommt, sondern nur wie schnell sie kommen wird.

Kritiker attestieren der Wärmepumpe, ein sehr teures System zu sein, das sich unter Umständen nie amortisiert. Warum sollte sich ein Kunde nicht für eine billige Gasheizung entscheiden?

Solche Berechnung lassen außer Acht, dass der Gaspreis in den kommenden Jahren deutlich steigen wird. Die Zeit billigen Gases aus Russland ist vorbei. Außerdem wird der CO2-Ausstoß in Deutschland bepreist, und auch das macht fossile Energieträger wie Gas kontinuierlich teurer und unattraktiv.

Schon heute gibt es Gasbrenner, die auch mit Wasserstoff betrieben werden können. Ist das eine Alternative?

Grüner Wasserstoff für Hausheizungen wird eine sehr, sehr kostspielige Angelegenheit werden. Er heißt ja nicht umsonst „Champagner der Energiewende“. Mittel- und langfristig wird er drei bis vier Mal teurer sein als fossiles Erdgas. Und es gibt sehr große technische Hürden. Die betreffen etwa die Auslegung der Gasnetze. Im Moment funktioniert grüner Wasserstoff auch nur als Beimischung. Dass er in Reinform durch die Netze bis zu den Haushalten geleitet werden kann, ist derzeit nicht absehbar.

Energieexperte und Professor: Volker Quaschning. Er gilt als einer der führenden Verfechter einer kompletten Energiewende Deutschlands ...
Energieexperte und Professor: Volker Quaschning. Er gilt als einer der führenden Verfechter einer kompletten Energiewende Deutschlands – sowohl im Bereich Strom, als auch Wärme und Verkehr. | Bild: HTW

Warum entscheiden sich im Moment viele Verbraucher für den Einbau einer Gasheizung?

Das hat eher mit Psychologie zu tun als mit den Fakten. Das Gebäudeenergiegesetz, das vor Kurzem von der Bundesregierung in stark abgeschwächter Form beschlossen wurde, hat anfangs die richtigen Schwerpunkte gesetzt. Es war allerdings schlecht kommuniziert. Wenn die Menschen dann den Eindruck haben, zu etwas verpflichtet zu werden, reagieren sie mit Abneigung. Das ist im Fall der Wärmepumpe aber meistens nicht rational.

Dazu passt, dass derzeit offenbar andere Systeme, etwa Infrarot- oder Elektroheizung, eine Renaissance erleben…

Solche Systeme haben ihre Berechtigung, aber nur in ganz wenigen Gebäuden.

In welchen?

In den bestgedämmten Häusern, also solchen mit KfW-40-Standard und besser mit der Energieeffizienzklasse A+. Momentan sind das nicht einmal ein Prozent des Gebäudebestands. Diese Häuser verbrauchen so wenig Energie, dass sich Infrarotheizungen wegen ihrer geringen Anschaffungskosten lohnen, trotz ihrer miesen Energieeffizienz. Überall wo man mehr Wärmeenergie braucht, ist die Wärmepumpe viel besser – einfach weil sie das effizienteste aller Heizsysteme ist. Ihr Energiebedarf im Vergleich zu einer Gasheizung ist beispielsweise um den Faktor drei besser, denn ihr Wirkungsgrad spielt bei korrektem Einbau in einer ganz anderen Liga.

Eine Infrarotheizung steht auf einem Schrank. Dieser Heizungstyp erwärmt nicht die Luft, sondern nur von ihr angestrahlte Oberflächen, ...
Eine Infrarotheizung steht auf einem Schrank. Dieser Heizungstyp erwärmt nicht die Luft, sondern nur von ihr angestrahlte Oberflächen, die wiederum die Wärme abstrahlen. Vorteil: Das System ist günstig, einfach zu montieren und bringt schnell Wärme. Nachteil: Es ist nicht sehr energieeffizient. | Bild: PhotoSG - stock.adobe.com

Das hieße dann also in Altbauten mit hohem Wärmebedarf lohnt die Wärmepumpe, in Neubauten nicht?

Nein, sie lohnt sich auch in Neubauten. Nur in der Top-Liga der Energiesparhäuser könnte man über Alternativen nachdenken. Bei Altbauten kommt es auf die Gegebenheiten vor Ort an, etwa die Art der Heizkörper. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Voraussetzungen für Wärmepumpen optimal sind, wenn das Haus bei Vorlauftemperaturen bis 50 oder 55 Grad Celsius im Winter warm bleibt.

Viele Häuslebauer schrecken vor der Wärmepumpe zurück, weil sich die Systeme stark verteuert haben. Wohin geht der Markt?

Wir werden in den kommenden Jahren fallende Preise bei Wärmepumpen sehen. Es wird hier ähnlich laufen wie bei Elektroautos, wo chinesische Hersteller mit Günstigangeboten auf den europäischen Markt drängen. Ähnliches wird bei Wärmepumpen passieren. Auch hier wird China den Markt aufrollen.

Ein Mitarbeiter einer Sanitär- und Heizungsbaufirma installiert eine moderne Gasbrennwerttherme in einem Einfamilienhaus. Im Moment ...
Ein Mitarbeiter einer Sanitär- und Heizungsbaufirma installiert eine moderne Gasbrennwerttherme in einem Einfamilienhaus. Im Moment entscheiden sich sehr viele Menschen für eine Gastherme. | Bild: Jan Woitas, dpa

Aber bis das so ist, decken sich die Menschen lieber mit Gasheizungen ein?

Leider ist das so. Der aktuelle Run auf Gasheizungen könnte noch einige Jahre anhalten. Das Heizungsgesetz hat den Hausbesitzern Übergangsfristen eingeräumt, in vielen Fälle bis ins Jahr 2028. Für das Klima ist das fatal, weil wir unsere Klimaziele im Wärmebereich so nicht werden einhalten können. Aber es ist auch für den Hausbesitzer fatal, weil er seine Gasheizung wahrscheinlich vor Ende ihrer Lebenszeit herausreißen muss.

Das hin und her bei Heizungen gilt im Großen auch für die Energiewende. Nach fast einem Viertel Jahrhundert Energiewende und jährlichen Milliardenausgaben beträgt Deutschlands Abhängigkeit von fossiler Energie immer noch gut 70 Prozent. Was läuft falsch?

Ich mag das Argument mit dem Geld nicht. Wir geben jährlich mehr Geld für den Import von Kohle, Öl und Gas aus, als für die Energiewende. Das Geld für die Rohstoffimporte ist weg, während das für die Energiewende zu großen Teilen hier im Land bleibt und für Wertschöpfung und Jobs sorgt. Das Problem bei der Energiewende ist, dass uns jetzt die Zeit ausgeht.

Wenn wir noch 50 Jahre Zeit hätten, würde ich mich zurücklehnen und meinen Job an den Nagel hängen. Denn in so langen Zeiträumen gedacht ist die Energiewende ein Selbstläufer. Photovoltaikstrom ist schon heute die billigste Art, Energie zu erzeugen und wird seinen Siegeszug fortsetzen. Gleiches gilt für das E-Auto und auch für die Wärmepumpe. Es ist eigentlich ganz einfach. Die effizientesten Systeme werden sich langfristig überall durchsetzen. Angesichts des erschreckend schnell voranschreitenden Klimawandels haben wir aber einfach die Zeit nicht mehr, darauf zu warten, bis sie sich von allein durchsetzen.