Gerda Frei ist eine lebhafte 60-jährige Österreicherin: Rote Haare, ein kleiner Hund, günstige Wohnung und eine kleine Badekabine an der alten Donau. Die sportliche Frau hat mit behinderten Kindern gearbeitet, seit sie 20 Jahre alt ist. Nach den Prognosen der Pensionsversicherung liegen statistisch 26 Jahre Ruhestand mit etwa 2000 Euro Pension vor ihr.

Frauen gehen mit 60 in den Ruhestand

Als deutsche Rentnerin könnte man angesichts dessen neidisch werden. Zwar können Frauen in Österreich nur noch bis 2024 mit 60 Jahren in Pension gehen, dann wird das Eintrittsalter pro Jahr um sechs Monate erhöht, bis es 2033 mit 65 Jahren die Höhe der Männer erreicht. Im Vergleich zu Deutschland, wo das Renteneintrittsalter bis 2031 auf 67 steigt, ist aber auch das noch eine komfortable Situation.

Renteninformationen liegen auf einem Tisch. Jedes Jahr werden die Renten in Deutschland angepasst, der Lohnentwicklung folgend.
Renteninformationen liegen auf einem Tisch. Jedes Jahr werden die Renten in Deutschland angepasst, der Lohnentwicklung folgend. | Bild: dpa

Nicht nur von daher wird das österreichische Rentensystem von so manchem hierzulande gern als leuchtendes Vorbild für Deutschland dargestellt: Im Vergleich sind die Renten in der Alpenrepublik zudem höher und werden gar 14-mal – also mit Urlaubs- und Weihnachtsgeld – im Jahr gezahlt. Die Durchschnittspension liegt bei 1407 Euro. 2020 bekamen Männer im Durchschnitt monatlich 1800 Euro und Frauen 1110 Euro. Damit standen sie deutlich besser da als Rentner hierzulande, wo sich die Durchschnittsrenten auf 1227 Euro für Männer und 800 Euro für Frauen beliefen.

Auch das österreichische Rentensystem hat Probleme

Dennoch ist Winfried Pinggera, der Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt in Österreich, nicht der Meinung, dass es den Österreichern nach dem Erwerbsleben besser geht als den Deutschen. „Der größte Vorzug des österreichischen Pensionssystems im Vergleich zum deutschen ist sein Name“, sagt er. In Österreich werden nämlich alle Rentner „Pensionisten“ genannt. Die Rente heißt „Pension“. Ansonsten ähnele sich das deutsche und das österreichische Alterssicherungssysteme: Beide basieren auf dem Umlageverfahren, sind also beitragsfinanziert mit hohem Staatszuschuss.

In Österreich wird allen Erwerbstätigen 10,25 Prozent ihres Bruttolohnes für die Altersvorsorge abgezogen, hinzu kommt der Arbeitgeberanteil von 12,55 Prozent. Damit beläuft sich der Beitrag auf 22,5 Prozent des Bruttolohnes. In Deutschland tragen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer je zur Hälfte zusammen 18,6 Prozent zum Rentenbeitrag bei.

Deutsche Rentner profitieren von Betriebsrenten

Und es gibt weitere Unterschiede: Österreicher müssen mindestens 180 Monate, also fünfzehn Jahre lang, Beiträge eingezahlt haben. In Deutschland erwirbt man schon nach fünf Jahren einen Rentenanspruch. Deshalb falle es schwer, die österreichischen Pensionen und die deutschen Renten zu vergleichen, betont Pinggera. Denn nach einer Mindestbeitragszeit von 180 Monaten hätten die Pensionen automatisch ein höheres Durchschnitts-Niveau. Viele Minirenten – wie in Deutschland – senken demgegenüber den Durchschnitt. Ein weiterer Unterschied zu Österreich sind betriebliche und private Zusatzversorgungssysteme in Deutschland, die ein höheres Einkommen im Alter erreichbar machen.

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Angesichts der demografischen Entwicklung hat Österreich 2004 durch eine große Pensionsreform die Weichen dafür gestellt, dass das System zumindest bis 2033 finanzierbar bleibt. Seitdem werden in Österreich mehr Erwerbstätige in die Pensionsversicherung einbezogen, nämlich auch Selbstständige, Bauern und Lehrer.

Auch wurde die Berechnung der Pensionen umgestellt: Seither bestimmen nicht mehr nur – wie bis 2004 – die besten fünfzehn Jahre mit besonders hohen Einkommen die Höhe der Pensionen, sondern die gesamte Berufstätigkeit. Wegen langer Übergangsfristen werden viele Pensionen noch nach dem alten Modell berechnet, aber: „Die Pensionsreform von 2003/04 wirkt bereits bei den Neupensionen. Sie entsprechen jetzt stärker der Beitragsleistung“, erklärt Pingerra.

Eine Seniorin hält ihren Rentenbescheid in der Hand. Gerade Frauen sind im Alter oft nicht gut abgesichert.
Eine Seniorin hält ihren Rentenbescheid in der Hand. Gerade Frauen sind im Alter oft nicht gut abgesichert. | Bild: Felix Kästle, dpa

Und es gibt noch einen weiteren Unterschied in der Altersversorgung zwischen beiden Ländern: in der Rentenentwicklung. In Österreich wird nur die Inflationsrate ausgeglichen, die Renten steigen nicht automatisch mit den Löhnen wie in Deutschland.

Ein Drittel des Haushalts nur für die Rente

Auch in Österreich lässt sich der Staat sein Pensionssystem viel kosten. So schießt er jährlich Milliarden hinzu. 2021 wird mit fast 33 Milliarden Euro Zuschuss für alle Altersleistungen gerechnet, mehr als 30 Prozent des Staatshaushaltes. 2019 wurden 14,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Altersversorgung ausgegeben. In Deutschland waren es 12,7 Prozent. Und in den nächsten Jahren dürfte der Staatszuschuss auch in Österreich noch steigen.