Lukas von Hoyer

Seit Jahren wird in Deutschland kontrovers diskutiert, ob und in welcher Weise sich Arbeit lohnt. „Diejenigen, die heute anständig arbeiten, stellen sich die Frage, warum die SPD-Bundesfraktion dafür sorgt, dass Nichtarbeit in Deutschland besser bezahlt wird als Arbeit“, sagte Friedrich Merz (CDU), der das Bürgergeld abschaffen und durch eine „Neue Grundsicherung“ ersetzen möchte, Anfang des Jahres im Bundestag.

Nun hat eine Friseurin für Aufsehen gesorgt, die der Meinung ist, dass sich die Arbeit in ihrem Beruf kaum mehr lohnt. „Also, bei den Friseuren ist es so: Wir haben das Gefühl, Bürgergeld-Empfänger verdienen teilweise mehr als wir“, erklärte die Friseurin Jessica, die ihren Nachnamen nicht nannte, in der RTL2-Sozialdoku „Hartz Rot Gold“: „Unsere Arbeit wird teilweise auch gar nicht mehr geschätzt. Egal, was man macht, man steht den ganzen Tag herum, und trotzdem bekommt man einfach nicht das Geld.“

Kann es tatsächlich der Fall sein, dass Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld mehr Geld zur Verfügung haben als Friseurinnen und Friseure? Ein Faktencheck gibt Aufschluss.

Vergleich mit Bürgergeld: Wie viel verdienen Friseure?

Wer Friseurin oder Friseur werden möchte, muss in der Regel eine dreijährige Ausbildung absolvieren. Laut dem Landesinnungsverband Friseure & Kosmetiker Bayern zeigt sich die Ausbildungsvergütung in Bayern wie folgt:

  1. Ausbildungsjahr: 682 Euro

  2. Ausbildungsjahr: 805 Euro

  3. Ausbildungsjahr: 921 Euro

Für ausgebildete Friseurinnen und Friseure gibt die Jobplattform Stepstone das Durchschnittsgehalt in Deutschland mit 29.400 Euro brutto im Jahr an. Demnach erhalten Berufseinsteiger mindestens 24.800 Euro. Mit mehr Erfahrung könne das Bruttogehalt bis zu 33.100 Euro im Jahr ansteigen. Die Unternehmensgruppe, die zahlreiche Stellenbörsen betreibt, gibt an, dass die Durchschnittsgehälter der Branche in den Bundesländern stark unterschiedlich sind. So liegt es in Hamburg bei fast 30.000 und in Sachsen bei knapp über 22.000 Euro brutto jährlich.

Das Gehalt von Friseurinnen und Friseuren kann auch innerhalb eines Bundeslandes stark schwanken. Das liegt daran, dass es Salons in verschiedenen Preisklassen gibt, in denen unterschiedliche Stundenlöhne gezahlt werden.

Können Bürgergeld-Empfänger mehr Geld haben als Friseure?

Der Bürgergeld-Regelsatz liegt laut der offiziellen Website der Bundesregierung bei 563 Euro im Monat. Dieser Betrag gilt für Alleinstehende und Alleinerziehende. Wenn man das Gehalt von Friseurinnen und Friseuren mit diesem Satz vergleicht, dann kann es in der Ausbildung vorkommen, dass Auszubildende nicht mehr oder nicht viel mehr Geld zur Verfügung haben als Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld. Rund um ausgebildete Friseurinnen und Friseure ist das in der Regel nicht der Fall.

Ganz so einfach ist die Rechnung allerdings nicht, denn mit dem Bürgergeld erhalten Berechtigte häufig auch andere Leistungen wie Mietzahlungen. Außerdem erhalten Familien höhere Unterstützungen. Die Zoll- und Finanzgewerkschaft hat für die Wirtschaftswoche vorgerechnet, dass eine Familie mit zwei Kindern, in der die Eltern Anspruch auf Bürgergeld haben, inklusive Kindergeld und Zuschlägen über 3112 Euro im Monat verfügt.

In diesem Rechenbeispiel kann es tatsächlich vorkommen, dass die Familie, die Bürgergeld bezieht, auf eine ähnliche Summe kommt, wie eine Familie, bei der einer der Ehepartner als Friseurin oder Friseur arbeitet. Bei manchen Beamten ist das ähnlich, weswegen das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass Beamte mehr Geld bekommen müssen. Die Regel dürfte das Szenario aber nicht sein.

Aus der Sicht von Friseurin Jessica gibt es noch einen weiteren Grund, weswegen es sich trotzdem lohnt, in einem Friseursalon zu arbeiten. „Es geht ums Menschliche. Der Umgang mit Kunden macht Spaß. Aber finanziell könnte es besser sein“, sagte sie in der RTL2-Sendung „Hartz Rot Gold“.