Lukas von Hoyer

Die neue Bundesregierung möchte aus dem Bürgergeld die Neue Grundsicherung machen. Wichtige Ziele der Reform sind laut des Koalitionsvertrages zwischen Union und SPD: Ein Bewerbungszwang und schärfere Sanktionen für diejenigen, die gegen diesen verstoßen. In diesem Zuge sorgen nun Aussagen aus Jobcentern für Aufsehen, die nahelegen, dass die Bürgergeld-Sanktionen oft nicht viel mehr als ein Papiertiger sind. Zu viel Papier, zu wenig Biss also. Doch wie könnte sich das ändern?

Bürgergeld: Hier forder der Chef von Jobcenter eine Einstellung der Leistung

Das Bürgergeld kennt mehrere Sanktionen. Im extremsten Fall können die Zahlungen laut offiziellen Informationen von bundesregierung.de dauerhaft um 30 Prozent reduziert werden, wenn Empfängerinnen und Empfänger beispielsweise nicht zu Terminen erscheinen oder eine zumutbare Arbeit ablehnen. Lutz Mania, Chef des Jobcenters Berlin-Mitte glaubt, dass das nicht ausreicht. „Wer erwerbsfähig ist, müsste sich im Grunde fünf Tage pro Woche um Arbeit bemühen“, erklärte er laut Welt bei einem Pressegespräch: „Wenn jemand unbegründet nicht zu Terminen auftaucht, sollte die Leistung eingestellt werden.“

Mania dürfte sich damit auf der Linie der Koalition von Union und SPD bewegen. „Diejenigen, die nicht arbeiten, aber arbeiten können, werden in Zukunft kein Bürgergeld mehr bekommen“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in der ARD-Wahlarena, als er noch nicht Bundeskanzler war. „Bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen“, steht nun im Koalitionsvertrag.

Ob den sogenannten „Totalverweigerern“ das Bürgergeld gestrichen werden soll, ist eine kontroverse Diskussion. Fakt ist, dass ein Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe aus dem Jahr 2019 eine komplette Streichung der Leistungen untersagt. Im Koalitionsvertrag versichern Union und SPD, dass sie sich an die Rechtsprechung in Karlsruhe halten wollen. Wie das zusammenpasst, wird sich zeigen.

Jobcenter-Chef behauptet: Sanktionen sind oft nur Papiertiger

Aus der Sicht von Mania wäre es wichtig, eine maximal strenge Sanktion in der Hinterhand zu haben, um Bezieherinnen und Bezieher abzuschrecken. Er berichtet laut Welt-Bericht von Fällen, in denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre „Kunden“ über mehrere Monate hinweg nicht sehen würden. Trotz Terminen und schriftlichen Kontaktgesuchen. „Etwa zehn Prozent der Empfänger machen überhaupt nicht mit“, erklärt er. Dazu passt die Aussage von CDU-Politiker Achim Brötel: „Probleme machen uns die, die einfach Termine sausen lassen. 30 bis 40 Prozent aller Termine im Jobcenter platzen, weil die Menschen nicht kommen“, sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages bei der Talkshow „Markus Lanz“.

Mania erklärt: Den Jobcentern würde dann oftmals die Handhabe für schnelle Sanktionen fehlen - oder diese würden nur auf dem Papier stehen und keinen Praxiseffekt erreichen. Bürgergeld-Sanktionen als Papiertiger also. Wie könnte sich das ändern?

Einen Lösungsansatz stellen zweifellos die schärferen Sanktionen dar. Ein weiterer ist im Koalitionsvertrag von Union und SPD definiert. „Für die Menschen, die arbeiten können, soll der Vermittlungsvorrang gelten. Diese Menschen müssen schnellstmöglich in Arbeit vermittelt werden. Wir werden Vermittlungshürden beseitigen, Mitwirkungspflichten und Sanktionen im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern verschärfen.“ Die Jobcenter müssen sich mit einer entsprechenden Umsetzung gedulden. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erklärte jüngst dem Stern, dass die Reform wegen ihrer Komplexität nicht vor Frühjahr 2026 auf den Weg gebracht werden könnte.