Seit 1. April sind Besitz und Konsum von Cannabis für Erwachsene in Deutschland legal. Wer mindestens 18 Jahre alt ist, darf zu Hause bis zu 50 Gramm aufbewahren und draußen maximal 25 Gramm dabei haben. Macht das auch den Weg frei für den Joint am Arbeitsplatz? Wie gehen Firmen in der Region damit um? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Darf ich jetzt in der Mittagspause am Arbeitsplatz kiffen?
Das Gesetz enthält zwar keinen Paragraphen, welcher den Konsum am Arbeitsplatz explizit verbietet. „Allerdings schuldet der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber die ungetrübte Arbeitsleistung“, sagt Martin W. Huff, Rechtsanwalt aus Singen. Ist das durch den Konsum von Cannabis oder auch Alkohol nicht mehr gegeben, kann der Arbeitgeber arbeitsrechtliche Maßnahmen einleiten.
Ein explizites Verbot für den Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz braucht es dafür nicht. Da auch ein Joint auf dem Weg zur Arbeit die Arbeitsleistung beeinträchtigen kann, gibt es auch dafür keinen Freibrief.
Wer beurteilt, ob die Arbeitsleistung beeinträchtigt ist?
„Diese Einschätzung nimmt der Arbeitgeber vor und muss dafür gegebenenfalls auch Zeugen oder Beweise liefern“, sagt Martin W. Huff. Sagt ein Arbeitnehmer wiederum, dass ihm ein Fehler bei der Arbeit beispielsweise nur passiert sei, weil er einen schlechten Tag habe oder sich krank fühle, stehe es diesem jederzeit frei, sich von sich aus einem Test auf Cannabis oder Alkohol zu unterziehen. „Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer dazu aber nicht zwingen“, sagt Martin W. Huff.
Um solchen Situationen vorzubeugen, rät er allen Unternehmen dringend, den Umgang mit Cannabis in Arbeitsverträgen, durch Arbeitsanweisungen oder Betriebsvereinbarungen zu regeln.
Was bringt eine solche Regelung?
„Klarheit auf beiden Seiten“, sagt Huff. Die meisten Firmen haben solche Regelungen bereits für den Umgang mit Alkohol oder Suchtmitteln generell, meist in Form eines strikten Verbotes. „Bei einem Verstoß könnte ich einem Mitarbeiter in diesem Fall dann sogar direkt fristlos kündigen, ohne Regelung wäre meist eher eine Abmahnung der erste Schritt“, sagt Huff.
Einer Weihnachtsfeier oder einem Firmenjubiläum mit Alkohol steht dann trotzdem nichts im Weg. „Ein Arbeitgeber kann von sich aus jederzeit eine Ausnahme von der Regelung machen, wenn er selber die Getränke anbietet“, sagt Martin W. Huff. Gleiches würde auch für Cannabis gelten.
Wie regeln Firmen in der Region den Umgang mit Cannabis?
Alle angefragten Unternehmen und Einrichtungen haben Regelungen zum Umgang mit Suchtmitteln, welche diese auf dem Betriebsgelände untersagen. „Dies gilt ungeachtet der teilweisen Legalisierung auch für Cannabis, welches trotzdem eine Droge ist“, fasst es ein Sprecher des Friedrichshafener Autozulieferers ZF zusammen.
Er hebt die Sensibilisierung für Suchtgefahren und die Präventionsarbeit bei ZF hervor. Ausnahmen vom Suchtmittelverbot zu besonderen betrieblichen Anlässen gebe es keine. „Verstöße werden im jeweiligen Fall individuell arbeitsrechtlich geahndet“, so der Sprecher weiter.

Das sagen die Betriebe
Beim Familienbetrieb Sto in Stühlingen, Weltmarktführer bei Hausdämmungen, gibt es ein Konzept für den Umgang mit suchtgefährdeten oder suchtkranken Mitarbeitern. „Wir unterstützen unsere Mitarbeitenden bei der Prävention und durch individuelle Gespräche bei Verstößen. Sollte das alles nichts wirken, so erfolgen gegebenenfalls Abmahnungen und letztendlich eine Kündigung“, sagt Pressesprecherin Anne Ruhrmann.
Auch beim Friedrichshafener Motorenbauer Rolls Royce Power Systems (RRPS) ist das Verbot von Alkohol und Drogenkonsum auf dem gesamten Betriebsgelände in einer Betriebsvereinbarung eindeutig geregelt. „Ebenso ist es verboten, unter Drogen die Betriebe zu betreten oder zu arbeiten“, so ein Sprecher.
Wer sich nicht daran halte, seine Arbeitsfähigkeit beeinträchtige oder Dritte aufgrund von Alkohol- oder Drogenkonsum gefährde, dürfe nicht weiterarbeiten. „Arbeitszeiten unter Drogen- und Alkoholeinfluss werden nicht vergütet“, so der Sprecher weiter. Bei besonderen Veranstaltungen auf dem Betriebsgelände wie Weihnachtsmarkt, Sommerfest oder Jubilarfeiern gelte das Alkoholverbot außerhalb der Arbeitszeiten nicht.
Auch beim Oberflächenspezialist Wagner in Markdorf darf bei Festen und Veranstaltungen in Ausnahmefällen Alkohol konsumiert werden. „Ansonsten verbietet unsere Betriebsvereinbarung Mitarbeitern den Zutritt zum Unternehmen unter Einfluss von Betäubungsmitteln, was Alkohol und Cannabis einschließt“, sagt Sprecher Florian Spindler. Wer sich nicht daran halte, könne „unverzüglich vom Arbeitsplatz entfernt werden“.
Auch an der Uni keine Joints
An der Universität Konstanz gibt es eine Dienstvereinbarung zum Thema Sucht, die Suchtmittel am Arbeitsplatz verbietet – und an der auch die teilweise Legalisierung von Cannabis nichts ändert. „Es sei denn, die Einnahme von Cannabis ist ärztlich indiziert. Dies muss dann nachgewiesen werden und es erfolgt eine Prüfung, ob der therapeutische Konsum von Cannabis mit der täglichen Arbeit der Person vereinbar ist. Zum Beispiel wäre die Arbeit mit Maschinen dann eventuell nicht mehr möglich“, teilt Daniel Schmidtke, Pressesprecher der Universität Konstanz, mit.
Gibt es im Homeoffice oder als Außendienstler etwas Besonderes zu beachten?
„Nein, die ungetrübte Arbeitsleistung muss ich überall erbringen. Und betriebliche Regelungen umfassen auch die Arbeit im Homeoffice“, sagt Martin W. Huff. Außendienstler müssen bedenken, dass bekifft Autofahren derzeit grundsätzlich Strafen nach sich zieht. Anders als bei der 0,5-Promille-Marke bei Alkohol gibt es für den Cannabis-Wirkstoff THC im Straßenverkehr bislang keinen Grenzwert, er wird derzeit jedoch diskutiert.