Bis zu zehn Millionen getöteter Tiere und ein wirtschaftlicher Schaden von fast 13 Milliarden Euro: Das waren die Folgen der letzten großen Epidemie der hochansteckenden Maul- und Klauenseuche in Großbritannien im Jahr 2001.

In der deutschen Landwirtschaft ist die Angst nach dem aktuellen Ausbruch der Seuche in Brandenburg deshalb groß, der Markt und die Kunden sind verunsichert. Was passiert mit Schweinefleisch und Milch, und wohin entwickeln sich die Preise? Die wichtigsten Fragen und Antworten zu der Krankheit und deren Folgen:

Was ist die Maul- und Klauenseuche überhaupt?

Die Maul-und Klauenseuche ist eine hochansteckende Viruserkrankung bei Klauentieren wie Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen. Die Tiere bekommen beispielsweise Fieber, leiden unter Appetitlosigkeit, haben schmerzhafte Bläschen an Lippen, Zahnfleisch, Klauen und Zitzen. Je nach Tierart sterben etwa zwei bis fünf Prozent nach einer Ansteckung. Bei jungen Tieren liegt die Sterberate dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesund, dem Friedrich-Loeffler-Institut, zufolge erheblich höher.

Gefürchtet wird die Krankheit vor allem deshalb, weil sich das Virus sehr schnell ausbreitet und sehr widerstandsfähig ist. Es bleibt im Erdboden, in Abwässern oder Jauche sowie selbst gefroren lange ansteckungsfähig. Eingetrocknet in Haaren, Kleidern, Schuhen oder Heu kann es über Monate bis Jahre überleben. Die Seuche war seit 1988 nicht mehr in Deutschland aufgetreten.

Ist die Krankheit auch für den Menschen gefährlich?

Nein. Der Mensch ist dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zufolge für das Virus praktisch nicht empfänglich. Zwar gebe es sehr wenige Fälle, in welchen das Virus dennoch auf Menschen übertragen wurde – aber mit einem sehr milden Verlauf und auch nur direkt durch unmittelbaren Kontakt mit einem erkrankten Klauentier oder dem Virus, nicht über eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung. Auch Produkte von erkrankten Tieren wie Milch und Fleisch stellen laut FLI keine Gefahr für Verbraucher dar.

Warum gibt es dann dennoch ein Exportverbot für deutsches Schweinefleisch?

Mexiko, Südkorea, Singapur und Kanada haben bereits Schweinefleischimporte aus Deutschland gestoppt. Großbritannien hat den Import von Rindern, Schweinen und Schafen aus Deutschland verboten. Das Bundeslandwirtschaftsministerium geht davon aus, dass Ausfuhren von Milch- und Fleischprodukten in Länder außerhalb der EU vorerst kaum mehr möglich sind.

Der Grund liegt jedoch nicht in einer befürchteten Ansteckung, sondern vielmehr darin, dass für die Ausfuhr Zertifikate zur MKS-Freiheit vorgeschrieben sind – und diese lassen sich derzeit nicht mehr ausstellen. Innerhalb der EU gelten andere Regelungen, weshalb die Produkte dorthin weiter exportiert werden können.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat das auf die deutsche Landwirtschaft?

Bei Schweinefleisch geht der überwiegende Teil des Exports, rund 80 Prozent, in EU-Länder – und ist damit dem aktuellen Stand zufolge nicht betroffen. Der Markt reagierte auf den Ausbruch dennoch sehr nervös, der Schweineschlachtpreis sank direkt um 10 Cent je Kilogramm. Die Ursache sieht die Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN) vor allem in der Schließung des britischen Marktes.

„Großbritannien ist ein wichtiger Absatzmarkt für frisches Schweinefleisch aus Deutschland, sagt Sophie Mühlberger vom ISN. Von Januar bis Oktober 2024 wurden rund 100.000 Tonnen Schweinefleisch aus Deutschland ins Vereinigte Königreich geliefert. Der Verband deutscher Fleischwirtschaft befürchtet eigenen Angaben zufolge Schäden im Bereich von Hunderten Millionen Euro.

Wie sieht es in der Milchviehwirtschaft aus?

Landwirte in den von der Maul- und Klauenseuche betroffenen Regionen müssen derzeit täglich tausende Liter Milch vernichten – und das selbst in den Betrieben, die in ihrem Bestand gar keinen Nachweis der Maul- und Klauenseuche haben. Denn in Rohmilch kann das Virus sein, weshalb diese die Höfe aus Sicherheitsgründen nicht mehr verlassen darf.

Für die Verbraucher dagegen besteht auch hier keine Gefahr, weil die Milch in den Supermärkten zuvor hoch erhitzt wurde – was das Virus nicht überlebt. „Der Marktdruck wird auch bei uns zunehmen, obwohl die Ausbrüche der Seuche bislang in der Menge noch gar keine Wirkung zeigen. Aber da steckt auch immer viel Psychologie dahinter“, sagt Hans Foldenauer, Sprecher beim Bundesverband Deutscher Milchviehhalter.

Was er damit meint: Sobald sich eine Krise in der Landwirtschaft anbahnt, werde jedes Argument genutzt, um die Preise zu drücken.

Werden Fleisch, Milch und Butter für die Kunden nun billiger?

„Die Erfahrungen zeigen, dass gesunkene Preise für Agrarprodukte nicht automatisch an die Verbraucher weitergegeben werden“, sagt Hans Foldenauer. Bei Butter komme hinzu, dass die derzeit schon hohen Preise ohnehin eher weiter steigen werden, weil die Zahl der Milchviehbetriebe in Deutschland jährlich um rund vier Prozent sinkt – für die Herstellung von Butter aber viel Milch benötigt wird.

„Wenn der Preisdruck auf die Landwirte durch die Maul- und Klauenseuche jetzt weiter zunimmt, werden wir noch mehr Betriebe verlieren“, so Hans Foldenauer. Sprich: Kurzfristig könnten die Preise sinken, mittelfristig eher noch weiter steigen.

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Beim Schweinefleisch dagegen sieht Klaus Kessing, Marktanalyst bei der Interessengemeinschaft der Schweinehalter in Deutschland, die Lage deutlich angespannter. „Saisontypisch haben wir auf dem Lebendmarkt derzeit ohnehin Überhänge sowie eine insgesamt schwache Nachfrage am Fleischmarkt. In Kombination mit den Exportsperren kommt es da aktuell zu Preisdruck.“

Das heißt: Obwohl sich die Exportsituation nur leicht verändert hat und auch hier nur ein kleiner Teil des Exportmarktes betroffen ist, müssen Schweinehalter mit sinkenden Preisen rechnen. Geben Schlachtunternehmen und der Lebensmitteleinzelhandel diese an die Verbraucher weiter, bedeutet das: der Schnitzelpreis sinkt.