Das heisere Schnurren des Vier-Takt-Außenborders hinten am Segel- oder Motorboot könnte auf dem Bodensee bald der Vergangenheit angehören. Denn wenn es nach Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) geht, sollen bald keine neuen Boote mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren mehr auf dem Bodensee zugelassen werden.
Der Grund: Die Bodenseeschifffahrt soll klimaneutral werden. Und das so schnell wie möglich. Wie genau das gehen soll, darüber diskutierten Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft am Freitag beim ersten Mainauer Klimadialog.
Sportboote verbrauchen bis zu 100 Liter
Die Bodenseeschifffahrt ist für 50.000 Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr verantwortlich. Insbesondere die rund 13.800 Motorsportboote gelten als unverträglich mit den Klimaschutzzielen des Landes. Je nach Gewicht und Geschwindigkeit verbrauche ein solches Boot zwischen 40 und 100 Litern pro Betriebsstunde, wie Elektrochemiker Werner Tillmetz auf der Insel Mainau erklärte.
Sie allein machten über die Hälfte der CO2-Emissionen auf dem Binnengewässer aus. „Und das in einer Freizeitregion, in der die Menschen die schöne Umwelt genießen wollen“, sagte Verkehrsminister Hermann. Der Anziehungsfaktor des Bodensees sei für Touristen deutlich höher, „wenn keine lauten und stinkenden Motorboote unterwegs wären“.
Die eine Lösung für eine klimaneutrale Bodenseeschifffahrt gebe es nicht, sagte Verkehrsminister Hermann. Es brauche eine Kombination von verschiedenen Maßnahmen. Christoph Witte, Geschäftsführer der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB), hält hier vor allem zwei Optionen für realistisch.
Für kurze Strecken mit vergleichsweise geringem Tempo eigneten sich insbesondere vollelektrische Antriebe. Diese Methode ist auf dem Bodensee auch nicht völlig neu: Seit Juli 2022 verkehrt das elektrische Passagierschiff „MS Insel Mainau“ auf dem Binnengewässer. Ziel sei, die gesamte Flotte bis zum Jahr 2035 umzustellen, so Witte.
Bio-Methanol als sinnvollste Lösung
Die sinnvollste Lösung für die Energiewende auf dem Bodensee sei hingegen das flüssige Bio-Methanol, darüber sind sich die Experten einig. Denn es sei in absehbarer Zeit verfügbar und man könne es in umgerüstete Verbrenner-Motoren füllen. Künftig soll die gesamte Fähr-Flotte, die zwischen Meersburg und Konstanz verkehrt, mit dem Kraftstoff befüllt werden und dadurch weitgehend klimaneutral sein.

Ein Umstieg auf klimaneutrale Antriebe bedeute für die BSB allerdings eine hohe finanzielle Belastung, gab Geschäftsführer Witte zu bedenken. Allein die elektrisch betriebene „MS Insel Mainau“ habe 3,5 Millionen Euro gekostet. Die Lade-Infrastruktur für eine gesamte Flotte sei noch teurer. Der nächste Schritt des Unternehmens sei daher, sich nach Finanzierungsmöglichkeiten umzusehen.
Klimaneutral bis 2040 – mit diesem ehrgeizigen Ziel soll die Bodensee-Region international zum Vorbild werden. „Wenn man es in einer Region mit so viel Reichtum und technischem Know-How nicht schafft, etwas zu ändern, wo denn sonst?“, fragte Verkehrsminister Hermann in die Runde. Damit betonte die entscheidende Rolle der „starken und innovativen“ Unternehmen in Südbaden – darunter Bosch, MTU oder ZF.
Experten fordern Tempolimit für Motorboote
Wann genau es keine Neuzulassungen für Verbrennermotoren auf dem Bodensee mehr geben soll, ließ Verkehrsminister Hermann an diesem Tag offen. Klar ist, es wird nicht von heute auf morgen passieren. Richard Leiner von Heureka Lago – einem Verein zur Erneuerung der Schifffahrt auf dem Bodensee – forderte daher, zunächst das Tempolimit für Motorboote zu senken. Denn bei doppelter Geschwindigkeit verachtfache sich deren Verbrauch.
Ein geringeres Tempolimit würde den CO2-Ausstoß auf dem See daher deutlich verringern, betonte der Experte. „Und es ist sofort umsetzbar. Wir könnten alle sagen, ab morgen fahren wir nur noch mit 15 Kilometern pro Stunde“, so Leiner. „Aber die Motorbootfahrer steigen mir da natürlich aufs Dach.“
Wenn auch nicht bei Motorboot-Besitzern – im Podium trifft Leiners Vorschlag auf breite Zustimmung. Für Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sollte diese Maßnahme nicht nur auf dem See, sondern auch auf den Straßen gelten: „Für das Ökosystem wäre ein Tempolimit nicht schlecht. Dass es in Deutschland nicht umgesetzt wird, kann man nicht wirklich nachvollziehen.“ Verkehrsminister Hermann schloss sich an: „Der Bodensee ist eine Entspannungsregion. Da braucht man keine so aggressiven Anspanner.“