Das schlechte Sommerwetter vermiest so manchem die Laune. Noch schlechter könnte die Stimmung in den kommenden Tagen werden. Starke Regenfälle sind im Südwesten bis in den Donnerstag hinein gemeldet. Neben Hochwasser an fließenden Gewässern drohen auch vollgelaufene Keller. Und das nicht nur an Hängen und in Senken. Architekt Jochen Stoiber, erklärt wie das Haus gegen Starkregen abgesichert werden kann.

Welche Regionen sind von Überflutungen durch Starkregen besonders gefährdet?

Die Gefahren von Starkregen können überall auftreten. Es kommt innerhalb kürzester Zeit zu großen Niederschlagsmengen. Diese können Hänge hinunterfließen und sich in den Senken stauen. „Aber man muss auch in ebenen Regionen damit rechnen, dass es zu Überschwemmungen durch Starkregen kommt“, sagt Jochen Stoiber von der Architektenkammer Baden-Württemberg. Durch die Wassermassen könnte die Kanalisation überlastet sein und das Wasser nicht richtig abfließen. Wenn die Rohre voll sind, steigt der Wasserdruck und das Wasser sucht sich durch die Gullideckel einen Weg an die Oberfläche. „Es ist schwer abzuschätzen wie hoch das Risiko ist“, findet Stoiber. „Aber die Ereignisse werden noch zunehmen. Deswegen lohnt es sich, sein Gebäude diesbezüglich zu betrachten.“

Nicht einmal ein Bach und trotzdem schwere Unwetterschäden: Die Überflutungen von Mühlhausen am 8. Juli zeigen die Gefahr, die von ...
Nicht einmal ein Bach und trotzdem schwere Unwetterschäden: Die Überflutungen von Mühlhausen am 8. Juli zeigen die Gefahr, die von Starkregen ausgeht. | Bild: Freiwillige Feuerwehr Mühlhausen-Ehingen

Wie gelangt das Wasser bei Starkregen ins Haus?

Zwei Wege nimmt das Wasser ins Haus. Zum einen kann es durch Fenster und Türen in den Keller. Die bezeichnet Stoiber als Schwachstelle im Haus, da sie dem Wasserdruck nicht standhalten. Außerdem kann das Wasser direkt über die Kanalisation zurück ins Haus fließen. „Wenn die Rohre voll sind, dann staut sich das Wasser bis zum Haus zurück“, so Stoiber. Durch die Hauswand selbst drück das Wasser nicht ins Haus, sagt Stoiber. Die neueren Gebäude seine durch entsprechendes Material gegen Feuchtigkeit geschützt, aber auch bei alten gemauerten Kellern sieht er keine Gefahr. „Nicht abgedichtete Außenwände sind weder bei Starkregen noch bei Hochwasser das Problem.“

Die Gefahr für Starkregen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Wie kann ich mein Haus vor Überschwemmungen schützen?

Im Schnitt wird die Hälfte der Schäden durch starke Niederschläge durch Starkregen verursacht, die andere Hälfte durch Hochwasser. Deswegen sollte man sich beim Hausbau entsprechend vor Wasser schützen. „Das ist eine der Hauptaufgaben von Architekten und Planern“, weist Jochen Stoiber auf die richtigen Ansprechpartner hin. Der Keller werde bis zur Höhe der Straßenoberfläche abgedichtet, bis zur Rückstauebene. „Wer dann noch einen Sicherheitszuschlag von 15 Zentimetern draufschlägt, hat eine Menge Luft, um ein Hochwasserereignis gut zu überstehen“, so Stoiber. So kann das Wasser, dass sich die Straße hoch staut und für Überschwemmungen sorgt, nicht in den Keller laufen. Ein entsprechendes Abdichtungskonzept, das das gewährleistet, ist für den Architekten Stoiber beim Planen eines Hauses selbstverständlich.

Das könnte Sie auch interessieren

Was ist eine weiße oder ein schwarze Wanne?

Beim Neubau werden die Keller gegen das Eindringen von Wasser abgedichtet. Eine „weiße Wanne“ bedeutet, dass der Keller aus einem speziellen hochverdichteten Beton gegossen wird, durch den keine Feuchtigkeit dringt. Zum Schutz vor Überschwemmungen wird er meist 15 Zentimeter über die Höhe der Straße hinausgezogen. Bei einer „schwarzen Wanne“ wird der Keller von außen mit Planen oder einem Anstrich abgedichtet.

Mein Keller ist gut abgedichtet. Bin ich vor Überschwemmungen sicher?

Nein. Die beste Abdichtung nützt nichts, wenn sich Fenster und Türen im Keller befinden und nicht ausreichend gesichert sind, sagt Architekt Stoiber. Durch Lichtschächte für Fenster und Kelleraufgänge kann das Wasser bei Überschwemmungen schnell ins Kellergeschoss fließen. Stoiber empfiehlt davor an einen Stauschutz zu denken oder ganz auf Kellerfenster zu verzichten. Der Stauschutz kann eine höhere Stufe sein, die das Wasser zurückhält oder eine kleine Umrandung vor den Kellerschächten. Trotzdem bleibe bei den Kellertreppen das Problem, dass das Wasser auf die Kellertreppe regne, erklärt Stoiber. Auch so könne Wasser durch die Tür ins Haus gelangen. „Aber das ist ein vertretbarer Schaden.“

Fenster sind bei Hochwasser oft die Schwachpunkte, besonders im Keller. Wessen Fenster erhöht liegen oder speziell geschützt sind, kann ...
Fenster sind bei Hochwasser oft die Schwachpunkte, besonders im Keller. Wessen Fenster erhöht liegen oder speziell geschützt sind, kann beruhigter sein. | Bild: Silas Stein/dpa

Wie lässt sich verhindern, dass das Wasser durch die Kanalisation ins Haus drückt?

Bei neueren Häusern sollte eine sogenannte Rückstausicherung eigentlich selbstverständlich sein, sagt Bauexperte Jochen Stoiber. Diese Sicherung sorgt dafür, dass das Wasser in den Rohren nur in eine Richtung fließen kann und zwar aus dem Haus in das Kanalsystem. Ist letzteres durch Starkregen überfüllt, kann das Abwasser nicht mehr abfließen. Zusätzlich fließt das Regenwasser Richtung Haus zurück. Die Fließrichtung dreht sich um. So kann es ohne Rückstausicherung passieren, dass das Regen- und Abwasser aus der Kanalisation durch tiefgelegene Toiletten oder Abflüsse ins Haus läuft.

Fällt das Abwasser bei Toiletten und Waschbecken unterhalb der Rückstauebene, also unter das Niveau der Straßenoberfläche, ist eine Abwasserhebeanlage sinnvoll. Diese verhindert den Rückfluss des Wassers und pumpt das Abwasser durch einen Rohrbogen nach oben aus dem Haus.

Was muss ich beachten, wenn doch mal Wasser in den Keller läuft?

Wer bei einlaufendem Wasser in seinem Keller noch versucht, das wichtigste in Sicherheit zu bringen, begibt sich auch in Lebensgefahr. Geschlossene Türen oder Fenster können zur Falle werden, wenn sie sich durch den Wasserdruck von Außen nicht mehr öffnen lassen. Außerdem gibt Stoiber, dessen Keller auch überschwemmt war, noch einen Tipp aus eigener Erfahrung: „Man sollte sich überlegen, was man im Keller aufbewahrt. Alles wertvolle lagere ich nur noch auf den oberen Brettern der Kellerregale oder in höheren Stockwerken.“

Die Kellertreppe kann ein Schwachpunkt sein, über den Wasser eindringt.
Die Kellertreppe kann ein Schwachpunkt sein, über den Wasser eindringt. | Bild: Stephan Witte/dpa

Ist der Keller doch überschwemmt, welche Versicherung zahlt mir den Schaden?

Eine Wohngebäudeversicherung greift bei Schäden etwa durch Brand, Sturm, Hagel, Blitzeinschlag und Leitungswasser. Unwetterschäden sind nur gedeckt, wenn zusätzlich eine ergänzende Elementarschutzversicherung abgeschlossen wurde, erklärt die Verbraucherzentrale NRW. Die Elementarschadenversicherung sollte auch Schäden durch Rückstau abdecken. Möglicherweise verlangt der Versicherer hier den Einbau von Rückstauklappen. Wird die Vorgabe nicht erfüllt, läuft man Gefahr, leer auszugehen, wenn die Kanalisation nach Starkregen überlastet wird und das Wasser in den Keller läuft.

Auch die Hausratversicherung, die beispielsweise Möbel, Küchengeräte oder Musikinstrumente gegen Einbruch oder Raub absichert, kann um einen Elementarschadenschutz erweitert werden. Mieter und Hausbesitzer können sich diesen Zusatzschutz nach Ansicht der Experten aber sparen, wenn sich das Hab und Gut in sicheren, höheren Etagen befindet.

Wichtig zu beachten: Haus- und Wohngebäudeversicherung zahlen nicht für Schäden, wenn es nur hereinregnet. Das heißt: Fenster und Türen müssen bei Unwettern immer geschlossen sein. Die Versicherten müssen hier ihren Sorgfaltspflichten nachkommen. Wer zum Beispiel das Kellerfenster offen lässt, muss den Schaden unter Umständen selbst übernehmen.

Ich bin nur Mieter in dem Haus, kann aber wegen einer Überschwemmung zur Zeit nicht in meiner Wohnung wohnen. Kann ich die Miete mindern?

Mieter sollten wissen: Wenn die Wohnung auf Grund der Unwetterschäden nur eingeschränkt oder gar nicht nutzbar ist, gibt es das Recht auf Mietminderung, erklärt der Mieterverein München. Der Mangel muss dem Vermieter aber vorher angezeigt werden. Gut ist es, wenn Mieter die Schäden dazu auch dokumentieren. Je nach Ausmaß sind unterschiedliche Minderungen möglich. Ist die Wohnung unbewohnbar, kann die Miete um 100 Prozent gekürzt werden. Sind die Schäden weniger groß, fällt auch die Mietminderung geringer aus.