Scheinwerfer tauchen die Halle in tiefes Blau, ein Beamer projiziert Video-Sequenzen auf eine riesige Leinwand und über allem schwebt, zu wummernden Bass-Klängen, ein überdimensionaler Astronaut aus Pappmasche. Der Satelliten-Mittelständler Space-Tech aus der Bodensee-Gemeinde Kippenhausen hat heute geladen, und ein bisschen fühlt es sich so an wie bei den ganz Großen.
In den fetten Jahren der deutschen Industrie pflegten Konzerne wie Airbus, BMW oder Mercedes-Benz ihre Neuheiten auf ähnliche Art und Weise zu präsentieren: mit ordentlich Wumms.

Bei Space-Tech ist man normalerweise bescheidener. „Ohne die kostensenkende Wirkung von Künstlicher Intelligenz hätten wir uns den großen Auftritt gar nicht leisten können“, sagt Space-Tech-Chef Wolfgang Pitz mit einem Augenzwinkern, als er an diesem Tag im November vor rund 120 internationalen Gästen auf der Bühne steht. Aber angesichts einer mitunter Tausende Kilometer langen Anreise einiger Besucher, sei das „schon in Ordnung so“.
Nasa und Esa schicken Vertreter an den Bodensee
Tatsächlich sitzen an diesem Tag in dem nagelneuen Reinraum, den das Unternehmen jüngst zwischen Reben und Apfelplantagen in Kippenhausen hochgezogen hat, eine ganze Reihe Luft- und Raumfahrtmanager, die sonst eher in Houston, Toulouse oder Florida anzutreffen sind. Die US-Weltraumbehörde Nasa hat einen Vertreter geschickt, die europäische Weltraumagentur Esa und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), auch.
Sie alle werden an diesem Nachmittag die Erfolgsgeschichte loben, die vor 20 Jahren mit einer Idee zweier ehemaliger Dornier-Ingenieure in einem ausgemusterten Gewächshaus begann und die heute in ein Unternehmen mit gut 22 Millionen Euro Umsatz (2023) und mehr als 150 Mitarbeitern gemündet ist. Die Umsatzrendite liegt nach Firmenangaben bei zehn Prozent.

Mittlerweile ist Space-Tech einer der Garanten für den reibungslosen Betrieb von Hunderten Satelliten im Weltall. Das Unternehmen ist spezialisiert auf sogenannte Solargeneratoren. Laien würden sie schlicht als Solarsegel bezeichnen. Fast jeder moderne Satellit verfügt über mehrere dieser Panele, die die Energieversorgung im Orbit sicherstellen.
Beim Bau der Systeme ist Space-Tech in Deutschland führend. Und auch in Europa und den USA redet man ein gewichtiges Wörtchen im Markt mit. In nur wenigen Jahren hat sich der Mittelständler vom Bodensee zum Lieferanten kompletter Satelliten-Energiesysteme gemausert.
Konkurrenz für Elon Musk
Der wohl wichtigste Kunde ist Airbus OneWeb Satellites – ein Gemeinschaftsunternehmen des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns und dem britischen Tech-Konsortium OneWeb. Neben der Firma Starlink des US-Milliardärs Elon Musk, ist OneWeb der zweite große Spieler beim Aufbau sogenannter Superkonstellationen – also Netzwerken von Tausenden Kleinsatelliten, die bald die ganze Welt mit schnellem Internet versorgen sollen.

Technik für Internet-Satelliten
Kein anderer Markt in der Raumfahrt wächst so dynamisch wie das Geschäft mit Kleinsatelliten für den Telekommunikationsbereich. Und weil der verschrobene Unternehmer Musk mit Starlink das Geschäft dominiert, steigen in Europa die Ambitionen, ihm etwas entgegenzusetzen.
Space-Tech spielt bei diesen Plänen eine maßgebliche Rolle. In Deutschland kann fast kein anderes Unternehmen, was Space-Tech zu liefern im Stande ist. Die Folge: Für das Airbus-OneWeb-Konsortium sei man Exklusivlieferant für Solargeneratoren, sagt Space-Tech-Chef Pitz.
Ohne Solarsegel kein Strom im All
Bis zu 200 Quadratmeter Solarsegel laufen pro Monat bei den Südbadenern vom Band. Dazu kommt die Leistungselektronik und andere Bauteile. Gerade erst hat man die Fertigungskapazitäten erweitert, aber auch das reicht angesichts der hohen Nachfrage aus der Raumfahrtbranche fast nicht mehr aus. „Wir wären bereit, mit Kunden über neue Fabriken zu sprechen“, sagt Pitz.
Im Moment gebe es viel mehr Pläne für Superkonstellationen im All als Firmen auf der Erde, die die dafür nötigen Satelliten bauen könnten. Die Fertigungskapazitäten für die Solarsegel sind nach Angaben eines Space-Tech-Sprechers „bis mindestens 2027 voll ausgelastet“.
Esa und Nasa als Kunden
Das Unternehmen profitiert dabei von seinem breiten Kundenstamm. Als einer der ersten Raumfahrtzulieferer Deutschlands ist das Unternehmen schon vor Jahren in den damals von vielen noch als Nischengeschäft angesehenen Markt von Kleinsatelliten eingestiegen. Dennoch hat man sich nie von seinen alten Kunden, den staatlichen Raumfahrtagenturen, getrennt. Für sie liefert Space-Tech auch andere Komponenten, etwa optische Systeme.
Bei sogenannten Laser-Inferometern sei man Marktführer in Europa, sagt Pitz. Die Geräte werden von Satelliten genutzt, um ihre Position exakt zu bestimmen. In rund 670 Satelliten im Orbit stecke mittlerweile Technologie von Space-Tech, heißt es von dem Unternehmen. „Wir sind mit unseren Produkten im All präsent wie nie“, sagt Pitz. Und fürs laufende Jahr rechne man nochmals mit einer deutlichen Umsatzsteigerung.