Als das US-Technologieunternehmen OpenAI im November vergangenen Jahres seine revolutionäre Software Chat-GPT für Nutzer freischaltete, lag René Deist schon in Lauerstellung. „Ein paar Minuten später war ich in dem Programm drin und habe alles ausprobiert“, sagt Deist.

Wenn der Digital-Chef des Autozulieferers ZF von jenen ersten Momenten erzählt, in denen er die Künstliche-Intelligenz (KI) ausprobierte, ist er immer noch ganz hibbelig. „Ich wusste intuitiv, das ist was Großes“, sagt er. Sofort habe er den Hörer in die Hand genommen und den heutigen ZF-Vorstandschef Holger Klein angerufen. „Holger, bitte sofort machen. Wir brauchen so was auch“, habe er ihm gesagt. So genau weiß er es nicht mehr. Wahrscheinlich war er zu aufgeregt.

ZF-Digital-Chef Deist: Antreiber und „Nerd“

Klein jedenfalls fackelte nicht lange und gab grünes Licht. Und heute, ein Jahr später, kann Deist, der sich selbst als „Nerd“, also als Technologie-Besessenen bezeichnet, Vollzug melden.

Ab 2024 wird Deutschlands zweitgrößter Autozulieferer eine ganze Palette eigner KI-Anwendungen allen seinen gut 160.000 Mitarbeitern zugänglich machen. Damit sei man weit vor der Konkurrenz, sagt Deist. „Mindestens ein halbes Jahr“, schätzt Deist.

Holger Klein, Vorstandsvorsitzender des Technologiekonzerns ZF, gilt als technologieaffin: Hier hält er einen Siliziumkarbid-Chip in die ...
Holger Klein, Vorstandsvorsitzender des Technologiekonzerns ZF, gilt als technologieaffin: Hier hält er einen Siliziumkarbid-Chip in die Kamera. | Bild: Felix Kästle, dpa

Software-Entwickler sollen einfache Tätigkeiten an KI auslagern

Als erstes sollten Software-Entwickler entsprechende Systeme nutzen. Danach könnten sich Mitarbeiter, die sich durch KI eine Arbeitsentlastung versprächen, für ein Programm freischalten, in das Deist und seine Entwickler in den vergangenen Monaten das ganze Wissen der ZF gespeichert haben. Sein Name: Chat.ZF.

Die Software gleicht dem jedermann zugänglichen Chat-GPT, nur dass es auf Fragen von ZFlern ausgerichtet ist, die sich schwer tun, kniffelige Aufgaben zu lösen. Wenn also ein Entwickler vergessen hat, wo die Prüfstandprozedur für das neue Automatikgetriebe hinterlegt ist, fragt er in Zukunft einfach die KI. „Unser Ziel ist es, die Mitarbeiter zu unterstützen und ihnen die langweiligsten Arbeiten abzunehmen“, sagt Deist, der vor ZF für Bosch und Faurecia geforscht hat.

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Controller-Jobs: „Zu 80 Prozent langweilig“

An dieser Stelle erwähnt Deist gerne das Berufsbild des Controllers. Dessen Arbeit sei meistens „zu 80 Prozent total langweilig“, sagt er. Zahlen in Tabellen eintragen, Tabellen aktualisieren, auf Suche nach Datensätzen gehen. „Wer will das machen?“, fragt Musik-Liebhaber Deist.

Es gehe darum, den Controllern die Freiheit zu geben, wieder richtig zu steuern. Natürlich geht es aber auch darum, schneller und besser zu werden. Bei der Software-Programmierung habe man durch die Nutzung von KI Effizienzgewinne von mindestens 15 Prozent festgestellt, sagt der Forscher.

Digital-Chef Deist: Betriebsrat unterstützt KI-Kurs

Wichtig ist Deist, bei der Einführung der KI alle mit an Bord zu nehmen. „Wir rennen nicht planlos in eine Richtung“, sagt er. In einer KI-Arbeitsgruppe bewerten 45 Mitarbeiter die Technologie, die Datensicherheit, aber auch ethische Fragen. Auch der Betriebsrat sei an Bord, sagt der ZF-Digital-Chef.

Der unterstütze das Projekt. Vorbehalte, dass die neue KI-Welt Jobs kostet, gebe es wenige. Deist sagt: „Die Arbeitswelt ist dramatisch komplexer geworden“. Da brauche man die KI einfach als Unterstützung.