Elektro-Fahrräder sind so einfach zu reparieren wie andere Räder auch? Weit gefehlt. Ein Laie kann viel verkehrt machen dabei. Dann droht ihm Ärger – durch die Unfallgefahr und den drohenden Verlust des Versicherungsschutzes.

Betroffen von diesem Umstand sind immer mehr Deutsche. Fast zwei Millionen Pedelecs (Tretunterstützung bis 25 km/h) und schnelle S-Pedelecs (bis 45 km/h) wurden 2020 in Deutschland verkauft. Beide Rad-Varianten, für die der Überbegriff E-Bike gebräuchlich ist, müssen gewartet, bei Bedarf repariert und defekte Teile ausgetauscht werden.

„Einen kaputten Spiegel oder ein Lenkerhörnchen können Kunden problemlos selbst tauschen, auch bei einem E-Bike. Je sicherheitsrelevanter ein Teil aber ist, desto wichtiger wird es, einen Fachmann zu beauftragen“, sagt David Eisenberger vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV). Sein Rat: „Insbesondere von allem, was mit der Elektronik zu tun hat, sollten Laien die Finger lassen.“

Teile in vier Kategorien

Der ZIV hat zusammen mit dem Verbund Service und Fahrrad (VSF) sowie dem Bundesinnungsverband Zweirad-Handwerk einen Leitfaden für Pedelecs erstellt. Darin sind die Bauteile für die Batterie-Zweiräder in vier Kategorien eingeteilt. Die strengste Kategorie 1 enthält Teile, die nur nach Freigabe des E-Bike-Herstellers und des Systemanbieters ausgetauscht werden dürfen. Dazu gehören etwa der Motor, die elektronische Steuerung sowie Display und Akku-Pack.

Für den Rahmen, die Gabel, das Laufrad mit Nabenmotor und Felgenbremsen bedarf es ebenfalls einer Freigabe durch den Räder-Hersteller, nicht aber des Systemanbieters (Kategorie 2). Beim Austausch des Sattels, der Bremsbeläge und Reifen ist die Freigabe durch den Räder- oder den Teilehersteller erforderlich (Kategorie 3). Bei den Reifen etwa weisen die Experten auf die größere Beschleunigung eines E-Bikes, dessen Gewicht und das dynamischere Kurvenfahren verglichen mit einem normalen Fahrrad hin.

„Der Leitfaden bietet eine Orientierung für Verbraucher, auch wenn er sich in erster Linie an Händler und Werkstätten richtete“, sagt ZIV-Fachmann Eisenberger. Keiner Teile-Freigabe bedarf es demnach, wenn etwa die Pedale, die Schaltung oder Lager ausgetauscht werden müssen (Kategorie 4). Die Übersicht ist kostenlos abrufbar unter www.zedler.de.

Fahrverhalten muss gleich bleiben

Warum diese Vorgabe? Sie ist wichtig, weil Pedelecs das CE-Kennzeichen tragen. Mit diesem Zeichen dürfen die Hersteller ihr Modell nur versehen, wenn es die technischen Vorschriften der EU erfüllt. „Sobald aber ein Teil getauscht und das Gesamtsystem verändert wird, müssten im Grunde alle Prüfungen wiederholt werden, um festzustellen, ob die neue Teilekombination sicher ist“, erläutert der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). Der Verband betont: Zu schwache Bauteile könnten im Betrieb versagen, weil Pedelecs stärker belastet würden als herkömmliche Fahrräder.

Auch bei Reifen muss man hinschauen

„Beim Tausch einzelner Komponenten ist es entscheidend, dass nur Teile montiert werden, die das Fahrverhalten nicht verändern“, sagt dazu Thomas Geisler vom Fahrrad-Pressedienst in Göttingen. Er warnt: „Ansonsten kann die CE-Konformität erlöschen und sogar die Gewährleistung der Hersteller oder gar der Versicherungsschutz verloren gehen“. Bereits beim Wechseln eines abgefahrenen Reifens sollte deshalb nachgesehen werden, ob der neue Reifen mit dem eigenen Pedelec wirklich gefahren werden darf.

Bei Tuning setzt man den Versicherungsschutz aufs Spiel

Nötig sind zudem spezielle handwerkliche Kenntnisse. „Die Ersatzteile müssen nicht nur richtig identifiziert, sondern auch fachgerecht eingebaut werden“, sagt ZIV-Experte Eisenberger. Er verweist auf den Ausbildungsberuf Zweiradmechatroniker/in Fahrradtechnik mit dreieinhalb Jahren Ausbildungszeit.

Welche Versicherung soll es sein?

Wie ist das mit der Versicherung? Dass das Pedelec sicher ist, sollte schon im Eigeninteresse des Fahrers liegen. Dennoch haben viele eine Versicherung – umso öfter, je teurer das Rad ist. Die Policen für E-Bikes haben sich laut Versicherungswirtschaft „zu einer Art Vollkaskoversicherung entwickelt“. Es gehe längst nicht mehr nur um Diebstähle. Mitversichert seien meist auch Unfall- und Sturzschäden, Akkudefekte wie Feuchtigkeits- und Elektronikschäden sowie Brände und Kurzschlüsse. Eine E-Bike-Versicherung mit Vollkaskoschutz für ein neu gekauftes E-Bike oder Pedelec mit einem Kaufpreis 2500 Euro kostet jährlich etwa 80 Euro.

Schutz wird aufs Spiel gesetzt

Ob der Versicherer bei mangelhaften Reparaturen von eigener Hand einspringt, ist jedoch zweifelhaft. Beispiel Sturz: „Sollte es aufgrund des nicht sachgemäßen Einbaus oder des Einbaus fehlerhafter Teile zu einem Unfall kommen, kann die Leistung der Kaskoversicherung anteilig, in besonders schweren Fällen sogar vollständig gekürzt werden. Das ist immer eine Einzelfallentscheidung“, teilt eine Sprecherin der Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auf Anfrage mit.