Das Handy bekommt eine neue Funktion: als automatischer Empfänger von Gefahrenmeldungen. Eine geladene App oder vorherige Registrierung ist dafür nicht nötig – und der Adressatenkreis entsprechend groß: Von den Warnmeldungen erreicht werden grundsätzlich alle Nutzer von Smartphones sowie auch klassischen Handys ohne Internet.
Bald läuft ein erster bundesweiter Test. Wenn das eigene Mobilgerät dann nicht summt oder vibriert und auch keine Nachricht auf dem Display erscheint, ist bei den Organisatoren etwas schiefgelaufen – oder das Gerät falsch eingestellt. Dann sollte schnellstens nachgebessert werden.
Um welche Gefahren geht es?
Ob ein Großbrand giftige Rauchgase auslöst, das Trinkwasser verschmutzt ist, ein Orkan droht oder es einen Chemieunfall in der Nähe gibt: Manche Situationen im Leben braucht man wirklich nicht – aber wenn sie auftreten, möchte man gewarnt werden. Diesem Zweck dient das neue Warnsystem „Cell Broadcast“ (CB). Die englische Bezeichnung bedeutet so viel wie „Ausstrahlung in Mobilfunkzellen“.
Am Donnerstag, 8. Dezember, ab 11 Uhr, soll die neue Technik erstmals zum Einsatz kommen, und zwar in der höchsten Warnstufe, die es in Deutschland gibt. Wenn alles klappt, wird die Test-Warnmeldung dann auf allen Smartphones und herkömmlichen Handys angezeigt.
Wer am 8. Dezember also eine unbekannte Warnung bekommt, sollte nicht denken, dass sie von einem Betrüger stammt, der persönliche Daten abgreifen oder sonst Schindluder treiben will. Ein Tipp der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Anders als Betrüger-Nachrichten enthalten echte Warnmeldungen keine Links.

Was ist die Besonderheit des neuen Systems?
„Cell Broadcast“ ist nicht das erste Warnverfahren, das sich des Mobilfunks bedient. Es ist aber das einzige, das die Gefahrenmeldung an alle in einer Mobilfunkzelle befindlichen Endgeräte sendet. Sämtliche Personen, die sich im Gebiet dieser Zelle befinden, bekommen die Nachricht, ohne dass sie angemeldet sind für das System – das heißt anonym. Die einzige Bedingung ist: Das Handy muss eingeschaltet und empfangsbereit sein.
Dies ist anders als bei Warnungen per SMS. Eine SMS geht immer nur an bestimmte Mobilfunknummern, die dem Absender bekannt sein müssen. Das CB-System kommt ohne Kenntnis der Rufnummern aus, sondern es steuert automatisch alle Handys an, die in die jeweilige Mobilfunkzelle eingebucht sind – was ohnehin die Voraussetzung für den Gebrauch des Geräts ist.
Muss ich jetzt schon etwas tun?
Der Vorteil des Systems liegt nicht nur in der Anonymität. Die potenziell gefährdeten Personen müssen auch im Vorfeld nicht etwa eine App auf ihrem Handy installieren, wie das andere Warnverfahren erfordern. Die Mobilgeräte können auch so die Meldungen empfangen.
Das ist ähnlich wie beim Rundfunk. „Die Warnnachrichten werden ausgestrahlt wie das Programm eines Radiosenders. Da senden die Moderatoren auch ins Blaue hinein und wissen nicht, wer ihnen im Einzelnen zuhört“, erläutert die Verbraucherzentrale.
Beim CB-Verfahren kommen die Nachrichten allerdings von Behörden und Rettungsleitstellen, etwa der Polizei, Feuerwehr, Hochwasserzentralen oder dem Deutschen Wetterdienst. Ist die Gefahr lokal oder regional begrenzt, gehen die Meldungen nur an die Handybesitzer in dem betroffenen Gebiet. Versendet werden reine Textnachrichten ohne Bilder und Karten.
Kommt es zu einem regelmäßigen Betrieb?
Statt am 8. Dezember sollte ein bundesweiter Warn-Tag eigentlich schon im September stattfinden, aber das CB-System war noch nicht startklar. Ab Februar 2023 wird nach den Plänen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) dann der CB-Regelbetrieb freigeschaltet.
Er ergänzt die bestehenden Warnsysteme, die uneingeschränkt erhalten bleiben. Dazu gehören Warnungen mit Sirene und Lautsprecherwagen ebenso wie Meldungen per App, Social Media, Radio und Fernsehen.
Und wenn ich keine Nachricht bekomme?
Das könnte verschiedene Gründe haben. Nach Angaben des BKK stellen die Anbieter der Handy-Betriebssysteme Updates zum Empfang der CB-Warnungen bereit. Bei Ausbleiben der Warnmeldung sollten die betroffenen Handybesitzer daher prüfen, ob sie das Update erhalten und auch installiert haben, rät die Verbraucherzentrale.
Außerdem muss das Handy den Empfang von Notfallnachrichten erlauben. Laut Hersteller Apple ist diese Funktion auf iPhones automatisch aktiviert. Individuelle Änderungen können unter „Einstellungen, Mitteilungen“ vorgenommen werden. Bei Android-Handys sind die Einstellungen für die Notfall-Benachrichtigung in der SMS-App „Nachrichten/Messages“ zu finden, wobei es allerdings Unterschiede zwischen den Telefon-Herstellern geben kann.
Nach Angaben der Verbraucherzentrale lassen sich Warnungen der höchsten Kategorie generell nicht unterdrücken, aber die aus niedrigeren Gefahrenstufen.
Wo kann ich bei Problemen nachhaken?
Handynutzer, die am 8. Dezember Schwierigkeiten beim Empfang der Testmeldung haben, können dies dem BKK melden. Dafür will die Behörde auf ihrer Webseite www.warnung-der-bevoelkerung.de sowie in der Warn-App NINA Feedback-Räume einrichten. So könnte es etwa sein, dass eine Mobilfunkzelle oder eine Sim-Karte das neue Warn-System noch nicht unterstützt. Dann hätten die Netzbetreiber und Provider ihre Hausaufgaben nicht gemacht.
Wichtig zu wissen ist: Eine mögliche Überlastung des Mobilfunknetzes stört die Datenübertragung im CB-System dem BKK zufolge nicht. Das bedeutet, dass die Warnmeldungen auch dann die Empfänger erreichen, wenn mit dem Handy sonst nichts mehr geht – wozu es regelmäßig etwa an Silvester oder in großen, mit vielen Menschen gefüllten Fußballstadien kommen kann.