Mit einer großen Razzia rückte die Polizei im Sommer 2009 gegen die kriminelle Vereinigung United Tribuns zu Felde. Seither gab es mehrere Verurteilungen von Bandenmitgliedern und im Oberzentrum VS ist es zuletzt ruhiger geworden um die Türsteherszene.
Kriminelle Vereinigung breitet sich bundesweit aus
Doch inzwischen breitet sich die 2004 in VS gegründete kriminelle Vereinigung nach Erkenntnis der Polizei in ganz Deutschland aus. Polizeichef Roland Wössner plädiert für ein erleichtertes Verbotsverfahren gegen solch kriminellen Vereinigungen. Nach Vermutungen der Ermittler werden die United Tribuns nach wie vor ferngesteuert durch kriminelle Hintermänner in Bosnien: dem aus VS vor der Polizei ins Ausland geflüchtete Rotlichtkönig Boki und dessen Cousin Dado.
Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ widmete der kriminellen Vereinigung (Menschenhandel, Prostitution, Schutzgeld und Drogen), die in Villingen-Schwenningen 2004 gegründet wurde, einen größeren Artikel. Anlass ist ein Prozess gegen ein Mitglied der Tribuns, der diese Woche am Amtsgericht in Heilbronn angesetzt war.
"Die Zeugin konnte sich nicht mehr erinnern"
Dort stand Jorge P., Spitzname „Gonzo“, vor Gericht. Dem „Präsidenten“ der Esslinger Bruderschaft der „United Tribuns“ wurde versuchter Menschenhandel, Nötigung und unerlaubter Besitz von Dopingpräparaten vorgeworfen. Allerdings war der Prozess schnell vorbei.
Das Gericht hat das Verfahren hinsichtlich des Hauptvorwurfs wegen versuchten Menschenhandels - sprich: Zwangsprostitution - eingestellt. „Die Zeugin konnte sich nicht mehr erinnern“, sagte der Sprecher des Amtsgerichtes. „Gonzo“ kam mit einem kleinen Bußgeld davon .
Von der Polizei wird die Ausbreitung der „Tribuns“ indes mit Sorge betrachtet. Wie ein Krebsgeschwür breitet sich die Vereinigung in Baden-Württemberg und inzwischen auch in andere Bundesländer aus. Nach Einschätzung von Ermittlern soll sich die 2004 von Almir Culum alias „Boki“ in Villingen-Schwenningen gegründete Vereinigung der „United Tribuns“ neben den Rockergruppen Black Jackets und Hells Angels zu den mächtigsten Gruppierungen der Organisierten Kriminalität entwickelt haben.
Multikulturelle Truppe
Der Rotlichtkönig aus VS, dem die Nachtclubs „Laufhaus“ in Villingen und das „La Notte“ in Schwenningen gehörten, schuf die kriminelle Vereinigung vor allem mit Gestalten aus dem Türsteher-, Bodybuilder-, Rotlicht- und Rockermilieu, zumeist Einwanderer aus vieler Herren Länder.
„Mit Boki kam das Böse nach Villingen-Schwenningen“, schreibt der „Spiegel“. Man kann hinzufügen: Jetzt breitet sich das Böse flächendeckend aus. Die kriminelle Bande expandiere in andere Großstädte. Der großen Razzia im Jahr 2009 in Villingen-Schwenningen und der gesamten Region konnten sich „Boki“ und sein getreuer Cousin „Dado“ damals erfolgreich entziehen.
Luxus und Gewalt
Die Staatsmacht beschlagnahmte zahlreiche Luxusautos, Schmuck und Bargeld der Bande. (Bilder von den beschlagnahmten Beweismitteln ) Fünf angeklagte Mitstreiter wurden zu Haftstrafen verurteilt. Einige Prostituierte berichteten von schockierenden Praktiken brutaler Gewalt und Misshandlungen, Ausbeutungen und Psychoterror gegen die jungen Frauen, die für „Boki“ und seine Kumpane „anschafften“. „Was da mit den jungen Frauen gemacht wurde, war hoch kriminell“, urteilte Polizeichef Wössner.
Vor zwei Jahren zeigten sich Boki und Dado sogar im Fernsehen. Der Südwestrundfunk spürte den beiden bis in ein kleines Dorf in Bosnien nach. Dort lebten sie, obwohl sie mit internationalem Haftbefehl gesucht werden, offenbar völlig unbehelligt, betrieben eine Boxschule und hatten angeblich wieder einen Ableger der „Tribuns“ gegründet.
Eine bittere Pille für die Ermittler in VS, denen „Boki“ 2009 entwischen konnte. Denn zwischen Bosnien, wo er lebt, und Deutschland, so erläutert Polizeidirektor Roland Wössner, gibt es noch kein Auslieferungsabkommen. Er hegt die vage Hoffnung, dass sich dies ändern könnte. Denn Bosnien nähert sich derzeit der Europäischen Union an, was möglicherweise die Rechtslage ändern könnte.
In VS ist es ruhiger geworden
Nach Beobachtung der örtlichen Polizei ist es um die Türsteher-Szene in der Stadt ruhiger geworden. „Wir gehen davon aus, dass sie sich aus dem Raum Villingen-Schwenningen eher zurückgezogen haben“, formuliert Polizeichef Wössner mit gewisser Vorsicht. Zumindest seien die Tribuns hier nach 2009 nicht mehr so präsent wie in der Aufbauphase.
Zu vermuteten sei, dass die Kriminellen verstärkt in andere Regionen aktiv sind. Beispielsweise in der Nachbarschaft Rottweil, wo sich „United Tribuns“ und der Motorradclub „Back Jackets“ seit zwei Jahren einen Kampf um die Vorherrschaft liefern.
Aber auch die beiden Bordelle „Laufhaus“ und „La Notte“ in Villingen-Schwenningen sollen noch immer im Besitz von „Boki“ sein und von seinen Vertrauten geführt werden. Dies wurde von Roland Wössner bestätigt. „Wir kontrollieren die Bordelle regelmäßig“, versicherte der Polizeichef.