Nach fast zwei Jahren Stillstand kommt Schwung in den Rechtsstreit um die Zeppelin-Stiftung. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen will zunächst die Frage klären, ob Albrecht Graf von Brandenstein-Zeppelin befugt ist zu klagen. Bis zum 31. Januar 2019 muss der Urenkel des Stiftungsgründers Ferdinand Graf von Zeppelin seine Begründung liefern. Im zweiten Quartal 2019 soll diese Frage dann vor Gericht mündlich verhandelt werden. Brandenstein-Zeppelin hatte Ende Januar 2017 Klage gegen das Land Baden-Württemberg eingereicht, um die Restitution, also die Wiederherstellung der rechtlichen Selbständigkeit der Zeppelin-Stiftung, gerichtlich durchzusetzen. Sie war 1947 aufgehoben worden und wird seither von der Stadt Friedrichshafen als Sondervermögen in Form einer rechtlich unselbstständigen Stiftung weitergeführt.
Aus der Stiftung fließt viel Geld an die Stadt Friedrichshafen
Die Zeppelinstadt selbst ist in dem Verfahren nur beigeladen. Würde die Zeppelin-Stiftung wieder rechtlich unabhängig von der Stadt, wie es Brandenstein-Zeppelin fordert, würden ihr enorme Gelder fehlen. Rund 85 Millionen Euro jährlich fließen aus dem Stiftungshaushalt in Kindergärten, Musikschule, Bäder, Sportförderung oder Kultur. Der wird gespeist durch Dividenden der Stiftungsunternehmen ZF Friedrichshafen AG und Zeppelin GmbH, die 2017 zusammen 185 Millionen Euro an die Stiftung überwiesen haben.
Deshalb hält Stadtoberhaupt Andreas Brand das Thema für "zentral für die Stadt". Er ist als Stiftungsratsvorsitzender auch oberster treuhänderischer Verwalter der Stiftung. Seine Rechtsexperten sind der Ansicht, dass die Klage von Brandenstein-Zeppelin aussichtslos sei. Der OB hält den Streit für eine Medienkampagne des Zeppelin-Urenkels. Bisher hat die Stadt nach eigenen Angaben Beratungs- und Honorarkosten in dieser Sache von rund 1,25 Millionen Euro aufgewendet. Dennoch begrüßt Brand, dass das Verfahren nun vorwärtsgeht. Das Stadtoberhaupt wirft dem Kläger aber Verzögerungstaktik vor, weil er nicht in der Lage sei, seine Klage rechtswirksam zu begründen.
Brandenstein-Zeppelin ist überzeugt, die Klage gegen das Land führen zu dürfen. "Ich bin direkter Nachfahre des Stiftungsgründers Ferdinand Graf von Zeppelin", sagt er. Er wäre quasi geborenes Mitglied im Aufsichtsrat einer rechtlich selbständigen Stiftung. Zwar sei diese Frage für die Rechtswissenschaft gewissermaßen Neuland. Er sei aber zuversichtlich und bereit, "bis in die letzte Instanz zu gehen".
Dass er die vor zwei Jahren eingereichte Klage beim Verwaltungsgericht immer noch nicht begründet hat, liege an der Stadt. Er bemühe sich seither, umfängliche Einsicht in dort lagernde Stiftungsakten zu bekommen. Brandenstein-Zeppelin hütet das Familienarchiv der von Zeppelins. Aber auch in vielen Unterlagen des Innenministeriums fänden sich Fußnoten und Querverweise auf Akten der Stadt. Er habe benannt, welche Gutachten und welchen Schriftverkehr er einsehen möchte. Seiner Meinung nach gebe es viele Hinweise darauf, dass sich seine Rechtsposition, die Stiftung müsse wiederbelebt und rechtlich selbständig werden, darin bestätigt werde. Die Stadt weigere sich aber hartnäckig. "Womöglich hat sie etwas zu verbergen", schlussfolgert er. Der seit Monaten schwelende Streit ist nun ebenfalls ein Fall fürs Gericht. Er klage in drei Fällen gegen die Stadt, um eine vollständige Akteneinsicht zu erlangen.
OB Brand erklärt, man habe Brandenstein-Zeppelin dort Einsicht gewährt, "wo es uns begründet erschien". Bei der Menge an Unterlagen, die aneinandergereiht eine Schlange von einem Kilometer Länge ergeben, sei das anders kaum möglich. Der Streitgegner hält dies für fadenscheinig. "Bislang hat uns die Stadt lediglich zehn Zentimeter von zirka zwölf Metern Akten einsehen lassen, die wir angefordert haben." Die interessanten Akten halte die Stadt unter Verschluss.
Kapital sammeln
2016 gründete die Stadt Friedrichshafen die „Zeppelin-Stiftung Ferdinand gGmbH“, um langfristig Kapital für die Zeppelin-Stiftung sammeln zu können und die Stiftung finanziell abzusichern. Sie soll in sieben bis zehn Jahren über rund eine Milliarde Euro an Kapital verfügen. Anders als die Stiftung selbst muss die gGmbH ihre Erträge nicht in vollem Umfang kurzfristig ausgeben, sondern kann damit auch nachhaltig Vermögen aufbauen. Allein 2017 flossen der Gesellschaft knapp 100 Millionen Euro aus Dividenden zu. (kck)