In Markdorf stellt sich die Schloss-Frage – und sie spaltet die Bürger der 14.000-Einwohner-Stadt im Bodenseekreis in zwei Lager: In einem Bürgerentscheid werden sie am Sonntag darüber befinden, wie es mit dem historischen Bischofschloss, dem Wahrzeichen der Stadt, weitergeht. Wird die Verwaltung wie geplant ihr Rathaus in das Ensemble umsiedeln können oder muss sie die ambitionierten Pläne für das 18,4-Millionen-Euro-Projekt stoppen? An dieser Frage scheiden sich die Geister, seit eine Bürgerinitiative gegen das Vorhaben vor fünf Wochen den Bürgerentscheid erwirkt hat. In diesen fünf Wochen hat die öffentliche Diskussion schwungvoll Fahrt aufgenommen, das Thema ist Stadtgespräch.

Für die Verwaltung steht viel auf dem Spiel

Doch nicht nur das: Für die Verwaltung um Bürgermeister Georg Riedmann (CDU) steht nicht wenig auf dem Spiel. Denn ein Umzug des Rathauses ins Schloss, das im 16. Jahrhundert den Konstanzer Fürstbischöfen als Sommerresidenz diente, würde den Weg frei machen für den Abriss des bestehenden Rathauses und eine umfassende Neugestaltung des Rathausareals. Der Zweckbau aus den 1960er-Jahren ist stark sanierungsbedürftig. Ursprüngliche Pläne für einen Rathausneubau am bisherigen Ort wurden verworfen, als sich im Frühjahr 2015 der Stadt unversehens die Kaufoption für das Schloss eröffnet hatte.

Das Markdorfer Rathaus, ein nüchterner Zweckbau aus den 1960er-Jahren, ist dringend sanierungsbedürftig.
Das Markdorfer Rathaus, ein nüchterner Zweckbau aus den 1960er-Jahren, ist dringend sanierungsbedürftig. | Bild: Toni Ganter

3,85 Millionen Euro für ein sanierungsbedürftiges Schloss

Mit der Mehrheit des Gemeinderates im Rücken kaufte die Stadt, die bereits einen Teil der Anlage in ihrem Besitz hatte, den Rest des Gebäudes, in dem ein Hotel untergebracht war, für 3,85 Millionen Euro. Kleines Geld für ein echtes Schloss, möchte man meinen. Doch auch der Prachtbau muss zuerst saniert werden, bevor er einer neuen Nutzung zugeführt werden kann. Diese wiederum wäre durchaus auch als Rathaus möglich, bescheinigt jedenfalls die Machbarkeitsstudie, die die Stadt in Auftrag gegeben hatte. Ein Umbau zu einem Verwaltungsgebäude sei zwar vor allem aus Gründen des Denkmalschutzes herausfordernd, aber machbar.

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Kritiker werfen der Stadt mangelnde Transparenz vor

Mit diesem positiven Bescheid an der Seite wähnten sich Stadtverwaltung und die Mehrheit des Gemeinderates – alleine die SPD-Fraktion lehnte das Vorhaben von Beginn an ab – bereits am Ziel. Doch während die Planungen an Tempo zulegten, mehrten sich die kritischen Stimmen in der Stadt. Zu wenig transparent seien der Kauf und die Umbaupläne vorangetrieben worden, die Stadt habe ihre Bürger nicht genügend eingebunden, man sei nicht gefragt worden: So lautete der Tenor der Vorwürfe, die Riedmann mit Verweis auf eine Reihe öffentlicher Veranstaltungen zu den Plänen jedoch zurückweist. Für die kritische "Initiative Bischofschloss" war es dennoch ein leichtes Spiel, die geforderten 774 Unterstützerstimmen für ein erfolgreiches Bürgerbegehren einzusammeln. Mehr als doppelt so viele Unterschriften gaben ihre Sprecher im Rathaus ab.

Es geht um die Zukunft des Bischofsschlosses: In Markdorf findet am Sonntag ein Bürgerentscheid statt.
Es geht um die Zukunft des Bischofsschlosses: In Markdorf findet am Sonntag ein Bürgerentscheid statt. | Bild: Christoph Heuser

Rathausumzug steht auf dem Prüfstand

Damit steht nun das Vorhaben, für das es seit Juli einen Baubeschluss gibt und für das die Stadt bereits mehrere Millionen Euro ausgegeben und mehr als zwei Millionen Euro Landeszuschüsse erhalten hat, auf dem Prüfstand. 11.048 Markdorfer sind aufgerufen, über die Zukunft des Schlosses abzustimmen. Wenn sich mindestens 2210 unter ihnen für die Umsetzung der Pläne oder deren Stopp aussprechen, ist der Bürgerentscheid gültig. Riedmann ist zuversichtlich. "Bei der Betrachtung unserer Argumente ist mir nicht bange", sagt der 52-Jährige. Gänzlich unbekannt ist den Markdorfern das Szenario vom Sonntag im Übrigen nicht: Bereits 2003 hatte es einen Bürgerentscheid gegeben, in dem sich die knappe Mehrheit der Bürger für die so genannte Südumfahrung ausgesprochen hatte. Die ist allerdings bis heute noch nicht gebaut.