Sie gibt nicht auf: Felicitas Rohrer will mit ihrer Klage gegen das Pharmaunternehmen Bayer gewinnen. Die gebürtige Bad Säckingerin hatte den Konzern 2010 auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 200 000 Euro verklagt, nachdem sie im Jahr zuvor eine beidseitige Lungenembolie sowie einen Kreislaufkollaps mit Herzstillstand erlitten hatte.

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Dafür verantwortlich macht die heute 34-Jährige die Pille Yasminelle, die sie damals einnahm. Die Klage ging 2015 vor Gericht, im vergangenen Dezember wies sie das Landgericht Waldshut-Tiengen überraschend ab. Jetzt will ihr Anwalt Martin Jensch Berufung einlegen.

Für die Begründung hat die Klägerin dann rein rechtlich zwei Monate Zeit. Jensch sagte dem SÜDKURIER exklusiv, worauf sie aufbauen wird: "Letztendlich wird es darum gehen, dass das Gericht unserer Ansicht nach nicht die richtigen Maßstäbe gesetzt hat, was die Verbindung zwischen der Einnahme der Yasminelle und den Folgen für Frau Rohrer angeht."

"Überzogene Maßstäbe"

Das Waldshuter Gericht habe "überzogene Maßstäbe" zugrundegelegt, argumentierte Jensch. Zudem habe das Gericht die Äußerungen des Sachverständigen "nicht umfassend gewürdigt", fügte der Anwalt hinzu: "Das ist ein großer Angriffspunkt", meinte Jensch.

Ob der Prozess fortgesetzt wird, hängt allerdings von der Beurteilung des Senats beim Oberlandesgericht ab. Die Richter müssen vorab entscheiden, ob eine Berufung Aussicht auf Erfolg hat. Erst dann würde die Klage Rohrers erneut vor Gericht gehen.

Möglicherweise würden dann auch weitere Beweiserhebungen ins Spiel kommen, so der Anwalt. Sollte der Prozess fortgesetzt werden, dürfte dies allerdings nicht vor der zweiten Jahreshälfte der Fall sein, vermutete Jensch.

Damit geht der Fall vor das Oberlandesgericht in Karlsruhe. Die höhere Instanz soll nun klären, ob das Urteil des Landgerichts begründet ist. Die Klage wurde abgewiesen, weil die Vorsitzende Richterin Claudia Jarsumbek keinen zweifelsfreien Zusammenhang zwischen der Lungenembolie Rohrers und der Einnahme der Pille feststellen konnte: "Es steht für uns nicht fest, dass die Einnahme von Yasminelle die lebensbedrohliche Lungenembolie verursacht hat", hieß es in der Urteilsverlesung.

Rohrer hatte kurz vor den ersten Symptomen im Frühjahr 2009 eine Flugreise nach Thailand unternommen. Dabei könnte ein Blutgerinsel entstanden sein und die Thrombose im linken Bein sowie die anschließende Lungenembolie ausgelöst haben. Zudem leidet Rohrer unter einer angeborenen Venen-Anomalie, die eine Thrombose begünstigen kann. Diese Möglichkeit hatte auch ein Gutachter aufgezeigt.

Rohrer selbst gibt sich erleichtert: "Natürlich bin ich froh, dass wir in Berufung gehen können. Ich bin leicht optimistisch", gesteht sie am Telefon: "Aber natürlich muss man jetzt abwarten, wie das Gericht das beurteilen wird. Dass wir weitermachen können ist erst einmal eine gute Nachricht." Ihr Anwalt sei zu dem Schluss gekommen, dass das Urteil so nicht stehen bleiben könne und habe ihr deshalb dazu geraten, in Berufung zu gehen.

Bayer ließ nach dem Urteil in erster Instanz mitteilen, die Entscheidung des Gerichts zu begrüßen, da das Unternehmen die Klage als "unbegründet" betrachte. Auf Anfrage verweist der Pharmakonzern erneut auf das "positive Nutzen-Risiko-Profil" – "daran hat sich nichts geändert".

Im Dezember hatte Bayer mitgeteilt, dass Yasminelle zu den "am systematischsten untersuchten und am häufigsten verwendeten" Verhütungspräparaten gehöre.

Rohrer hält dagegen, dass die Pille im Vergleich zu anderen Präparaten einen höheren Anteil des Wirkstoffs Drospirenon enthalte. Darüber habe der Hersteller nicht ausreichend informiert.