Uli Homann

Es ist ein großes Programm der Kriminaltechnik, das seit Tagen am Fundort der Leiche einer getöteten Endinger Joggerin abgespult wird. Die Frau fiel am 6. November nachmittags einem Sexualverbrechen zum Opfer. Ihre Leiche war aber erst am darauffolgenden Donnerstag in einem unwegsamen Gelände in den Weinbergen zwischen den Kaiserstuhl-Orten Endingen und Bahlingen gefunden worden. Es ist der zweite Sexualmord innerhalb weniger Wochen im Großraum Freiburg.

Die 27-Jährige hatte auf einem geteerten Weg, dem sogenannten Freiburger Weg, gejoggt, als sie ihrem Vergewaltiger begegnete. Nie, so haben Zeugenaussagen ergeben, lief sie durch Gelände und auch nur selten auf Feldwegen. Ihr Schicksal ereilte sie demnach auf einem von vielen genutzten Weg – umso erstaunlicher, dass die Tat geschehen konnte und niemand auf das schreckliche Verbrechen aufmerksam wurde.

Den Fundort der Leiche beschreibt Walter Roth vom Polizeipräsidium Freiburg als sehr unwegsam. Das Gebiet war in den Tagen vor dem Auffinden von Hubschraubern mit Wärmebildkameras überflogen worden – die Leiche wurde aber nicht entdeckt. Durch das tagelange Liegen hatte sich die Körpertemperatur wahrscheinlich so abgesenkt, dass kein Wärme-Unterschied zur Umgebung mehr bestand – da helfen dann auch die Wärmebildkameras nicht mehr. Ein Leichen-Suchhund und Polizisten entdeckten die Getötete.

Seit Tagen wird der Fundort der Leiche minutiös untersucht, mit allem, was Kriminaltechnik und Kriminalisten können. Fallanalytiker sind am Werk. Fotografieren, Spuren mit den Augen erkennen, jeden Gegenstand einsammeln und sicherstellen, Gipsabdrücke nehmen, wenn es Fuß- oder Reifenspuren sind, die Spuren sichern, die Spuren exakt dokumentieren. „Da wird eben buchstäblich jedes Blatt umgedreht“, sagt Walter Roth. Und darin besteht im konkreten Fall eine große Schwierigkeit, weil am Fundort sehr viel Laub herumliegt.

Analyse zum Ablauf der Tat

Suchhunde kommen weiterhin zum Einsatz, die Polizei setzt auf ihre Spürnasen. Und der mögliche Ablauf der Tat und das Verhalten des Täters werden analysiert – nach Grundsätzen des Bundeskriminalamts. In einem Beitrag der deutschen Presseagentur war zu lesen: „Im Bereich der Sexualdelikte können die Fallanalytiker zudem auf die Ergebnisse zweier umfangreicher Forschungsprojekte zurückgreifen.“ Darin gehe es um polizeiliche Vorerkenntnisse über Vergewaltiger und das geografische Verhalten fremder Täter bei sexuellen Gewaltdelikten. Ganz zentral beim Standardprogramm ist das Entnehmen von Proben aus der Umgebung und von der Leiche, um die Täter-DNA zu sichern. Das können Haare sein, Rückstände von Schweiß, Sekrete, oder Stoffteile, die DNA verraten. Und die Ermittler sind zuversichtlich, dass im Labor des Landeskriminalamts in Stuttgart wie auch im Fall der drei Wochen zuvor in Freiburg vergewaltigten und getöteten Studentin männliche DNA-Spuren gefunden werden, die nicht zu Bezugspersonen gehören, sondern dem Täter zuzuordnen sind. Ist das der Fall, dann kann auch ausgeschlossen beziehungsweise bestätigt werden, dass es ein oder zwei Täter waren in diesen Mordfällen, die die Bevölkerung im Breisgau und in Freiburg so erschüttern und verunsichern.

Bislang gehen die Ermittler weder aufgrund der objektiv erkennbaren Spurenlage noch aus subjektivem Empfinden heraus davon aus, dass derselbe Täter die zwei Frauen missbraucht und getötet hat. Das wird aus den Sonderkommissionen „Dreisam“ und „Erle“ übermittelt. Doch erst die DNA-Proben werden dazu klare Aussagen ermöglichen, wenn denn im Fall der beiden Opfer tatsächlich Täter-DNA gefunden wird. Sicher ist das noch nicht, denn die Leiche der Frau in Endingen lag lange in dem unwegsamen Gelände bei regnerischem Wetter, und DNA-Spuren wie zum Beispiel Schweiß können dann auch verschwinden. Bei der an der Dreisam getöteten Medizinstudentin war die Sache eindeutig: Mutmaßliche Täter-DNA wurde an ihrem Körper, aber auch an den am Tatort zurückgelassenen Fahrrad gefunden, dessen Besitzer immer noch nicht bekannt ist. Mit DNA-Erkenntnissen rechnet das Freiburger Polizeipräsidium „in den nächsten Tagen“ – es kann aber auch schneller gehen. Wenn es Aussagekräftiges gibt, will die Polizei die Öffentlichkeit sofort unterrichten – „ da gibt es keine ermittlungstaktische Zurückhaltung“, verspricht Walter Roth.

Eine Klärung für zumindest eines der Gewaltverbrechen der vergangenen Tage scheint derzeit nahe. In der Nacht zum Montag stellte sich ein 39-jähriger Georgier, der am Samstag in Freiburg seinen Neffen mit einem Messer tödlich verletzt haben soll, der Polizei. Er erschien nach Polizeiangaben auf dem Revier Süd und wurde aufgrund eines bestehenden Haftbefehls festgenommen. Nach ihm war seit Samstag intensiv gefahndet worden.

 

Die ZDF-Fernsehsendung Aktenzeichen XY...ungelöst beschäftigt sich morgen um 20.15 Uhr mit beiden Fällen.