Den Kunden eine Heimat zu bauen, verspricht das Bau-Unternehmen auf seiner Homepage. Doch Heimat haben Janine Geller (33) und und ihr Mann Christian (51) mit ihrem fünfjährigen Sohn in Stockach-Hoppetenzell nicht gefunden. Im Gegenteil: Aus dem Traumhaus wurde ein Albtraum. Und statt dem Sohn beim Spielen im Garten zuzusehen, meldet die Familie nun Privatinsolvenz an. Denn auf dem Grundstück, das die Familie gekauft hat, steht gerade mal ein Keller. Jetzt ist klar: Mehr wird daraus nicht werden. Die Familie gibt ihren Traum auf.

Keine Abdichtung, eine zu dünne Bodenplatte, Steine, die eigentlich für den Gartenbau vorgesehen sind und Bauschaum zwischen den Steinen statt Mörtel: Die Mängelliste am Keller der Familie Geller, den das Unternehmen errichtet hat, war laut Stefan Hubenschmid, Bausachverständiger beim Verband Privater Bauherren (VPB), lang. Hubenschmid ist freier Architekt, beratender Ingenieur und zertifizierter Immobiliengutachter.

47.000 Euro haben die Gellers nach eigenen Angaben vorab an das Unternehmen, das in der Schweiz ansässig ist, gezahlt. Aber ein Haus darauf errichten? Undenkbar. Das Einzige, das der Familie übrig blieb, war der Abriss, so Hubenschmid: „In der Form war das wirklich sehr schlimm. So massiv kommt das selten vor.“ Also investierte die Familie weitere 80.000 Euro für den Abriss und den Kellerneubau.

Schon in der Bauphase rutschten Teile der Stützmauer nach unten.
Schon in der Bauphase rutschten Teile der Stützmauer nach unten. | Bild: Janine Geller

Familie Geller: 20.000 Euro fehlen für die letzten Arbeiten

Nun hat die Familie ein Grundstück, einen fast fertigen Keller, aber kein Geld mehr, um die Arbeiten soweit abzuschließen, damit das Haus errichtet werden kann. „Uns fehlen 20.000 Euro“, sagt Janine Geller. Das Haus wollen sie schon lange nicht mehr bauen. Aber das Grundstück verkaufen. Da dort aber noch einige Mängel bestehen, werde das aktuell schwierig.

Das fehlende Geld habe ihnen die L-Bank, die baden-württembergische Landesbank, nicht bewilligen wollen. „Die wollten immer neue Unterlagen und Unterschriften von Firmen und Menschen, die damit eigentlich gar nichts zu tun haben“, sagt Janine Geller. Irgendwann habe die Bank gar nicht mehr auf den Eingang von Unterlagen reagiert, der Kontakt sei abgebrochen.

Auf Nachfrage des SÜDKURIER äußert sich die L-Bank nicht zu dem Fall. Aus Datenschutzgründen könne man dazu nichts sagen. Doch die Bank habe den Gellers ein erneutes Gesprächsangebot gemacht. Der erste Versuch eines klärenden Gesprächs habe bereits im Winter stattgefunden, den Gellers zufolge konnte man sich damals aber nicht mehr einigen.

Unterschiedlich große Fugen wurden von der Kellerbaufirma ebenso individuell behandelt: Einige blieben offen, andere wurden mit ...
Unterschiedlich große Fugen wurden von der Kellerbaufirma ebenso individuell behandelt: Einige blieben offen, andere wurden mit Bauschaum gefüllt. | Bild: Janine Geller

Mittlerweile wohnt die Familie in der Nähe von München und hat die Privatinsolvenz beantragt. „Wir mussten aus der Region weg, jeder kannte unsere Geschichte“, sagen sie. „Es hat uns nur noch getriggert, wir wollten einen Neustart.“

Peinlich oder unangenehm ist es ihnen nicht, dass sie nun in die Privatinsolvenz gehen, sagt das Ehepaar: „Es war nicht unser Verschulden.“ Sie wollen sich auch nicht verstecken, ihre neuen Arbeitgeber wissen auch Bescheid, sagen die beiden. „Hauptsache es wird öffentlich und es fällt niemand weiteres auf den Bauunternehmer rein.“

Rechtsanwalt Bastian Voll: Klagen bei ausländischen Firmen nicht so einfach

Sie sind nicht die einzigen Geschädigten. Janine Geller weiß mittlerweile von 17 Privatpersonen und 28 Firmen, die betroffen sein sollen. Einige von ihnen mussten nach Angaben der 33-Jährigen ebenfalls Privatinsolvenz anmelden.

In einem Spiegel-TV-Bericht sagte der Bauunternehmer, dass es ohne Gerichtsurteil keine Baumängel gebe. „Das ist schon eine Dreistigkeit“, sagt Janine Geller. „Viele können sich aber den Rechtsstreit nicht leisten, deswegen kommt er damit durch.“ Sie berichtet von einem Fall, bei dem der Geschädigte seit fünf Jahren erfolglos versucht, den Bauunternehmer vor Gericht zu bekommen.

Dieser äußert sich dazu weder telefonisch noch persönlich. Auf Anfrage teilte er per Mail mit, dass detaillierte Fragen schriftlich an ihn gestellt werden können, beantwortet hat er diese allerdings nicht.

Dass es gar nicht so einfach ist, eine ausländische Firma zu verklagen, bestätigt der Anwalt der Familie Geller, Bastian Voll, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. „Zunächst muss geklärt werden, wo die Gerichtsbarkeit liegt“, so Voll.

Im diesem Fall liege die seines Erachtens trotz Schweizer Firmensitz in Deutschland. Damit sei auch ein deutsches Gericht zuständig und deutsches Recht anwendbar. Dennoch müsse das Urteil auch in der Schweiz vollstreckt werden. Dabei sei ein Schweizer Gericht involviert und damit ein Schweizer Anwalt. Das bringe zusätzliche Kosten mit sich, so Voll.

Weiterhin unklar, was mit Haus der Gellers passiert

Viel zu holen sei bei dem Unternehmen sowieso nicht, so Voll. Der deutsche Sitz des Unternehmens ist nur eine Unternehmergesellschaft (UG) und damit die kleinere Form der herkömmlichen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Und auch wenn das Unternehmen in der Schweiz als GmbH eingetragen ist, stecke nicht viel Kapital hinter dem Unternehmen. „Es war von vornherein klar, dass da nicht viel einzuklagen ist“, sagt Voll.

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Selbst wenn die Familie geklagt hätte: Laut Voll hätte zwar die Klage bei den von den Gellerns und den Bausachverständigen beschriebenen Mängeln gute Aussichten auf Erfolg gehabt. Es hätte aber mindestens ein bis zwei Jahre gedauert, bis es zu einer Entscheidung des Gerichts gekommen wäre. Das seien normale Verfahrenslängen, sagt Voll. So lange hätten die Gellers dann nicht weiterbauen dürfen.

Was mit dem Grundstück und dem fast fertigen Keller passiert, ist derweil unklar. Darum kümmere sich der Insolvenzverwalter, sagt Janine Geller. Ob es aber versteigert wird, ist abzuwarten. Der Schuldnerberater versuche derzeit eine außergerichtliche Einigung. Spätestens im Juli wissen die Gellers, was auf sie zukommen wird.