Das Stockacher Ehepaar Janine und Christian Geller lebt in einem Albtraum. Anders lässt sich kaum benennen, was sich aus dem Wunsch, ein Eigenheim zu bauen, entwickelt hat. Die Probleme reichen von massivem Pfusch am Bau bis zur Tatsache, dass die seit langem bei einem Kollegen untergestellten Möbel bald woanders gelagert werden müssen.

Kredite und Miete laufen parallel

Gellers müssen die schon gewährten Kredite bedienen und parallel dazu ihre Miete stemmen. Die Nebenkosten der Mietwohnung werden ab Januar deutlich steigen und die Familie muss wohl im Laufe des kommenden Jahres ausziehen, weil der Vermieter ihre Wohnung anderweitig nutzen möchte.

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Vor diesem Hintergrund brauchen die Eheleute dringend einen weiteren Kredit, um die zusätzlich entstandenen Kosten begleichen zu können. In diesem Organisations- und Gefühls-Chaos stehen der Familie mit Angélique Dornbusch und Tina Ciancimino zwei Frauen bei.

Erste Kredite reichten wegen Baupfusch nicht aus

Angélique Dornbusch erzählt, dass sie als unabhängige Maklerin zum damaligen Baubeginn einen Antrag auf Darlehen bei der Bank gestellt habe. Die ersten Kredite seien problemlos gegeben worden. Doch das Geld reichte nicht, weil aufgrund des Baupfuschs durch die Erdbau- und Kellerbaufirma unvorhersehbare Mehrkosten entstanden waren.

Unterschiedlich große Fugen wurden von der Kellerbaufirma ebenso individuell behandelt: Einige blieben offen, andere wurden mit ...
Unterschiedlich große Fugen wurden von der Kellerbaufirma ebenso individuell behandelt: Einige blieben offen, andere wurden mit Bauschaum gefüllt. | Bild: Janine Geller

„Auf unsere erneute Kreditanfrage bekommen wir keine Rückmeldung. Nach zwölf Wochen ist gar nichts passiert“, so Angélique Dornbusch. Sie sagt: „Es wurde schon so viel Geld aus Darlehen investiert und die Bank hat mitbekommen, welche Probleme es aufgrund der mangelhaften Bauausführung gab.“

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Tina Ciancimino, die die Hausbaufirma vermittelt hatte, ergänzt, sie fühle sich ihren Kunden gegenüber emotional verpflichtet. „Ich möchte, dass sie aus dieser Situation rauskommen, aber ohne Hilfe – sei es von einer Bank oder Firmen meines Netzwerks, bei denen ich vielleicht ein paar Helfer finden kann, die mit anpacken – geht es nicht.“ Sie macht ganz klar: „Entweder wir bekommen eine Lösung, dass das Haus gestellt werden kann oder das Ehepaar Geller muss Privatinsolvenz anmelden.“

Hausbau-Termin immer weiter verschoben

Eigentlich sollte das Fertighaus, für das die Gelder bei der Bank bereitstehen, schon im letzten Sommer gestellt werden. Dann war der 21. September 2022 geplant. Jetzt ist der Januar 2023 angedacht. Die Hausbaufirma komme den Eheleuten finanziell entgegen und zeige sich insgesamt sehr kulant, sagt Tina Ciancimino. Vor dem Aufstellen müssten aber zwingend Arbeiten an Kellerabdichtungen und -dämmungen sowie den Schächten, außerdem Erdarbeiten und Grundstücksauffüllungen erledigt werden.

Der neue Keller bekommt noch eine Betondecke. Dann müsste der Keller mit Lichtschachten versehen und isoliert werden, bevor die Erde ...
Der neue Keller bekommt noch eine Betondecke. Dann müsste der Keller mit Lichtschachten versehen und isoliert werden, bevor die Erde aufgefüllt werden kann. Dafür fehlt dem Ehepaar Geller nun das Geld. | Bild: Claudia Ladwig

Zum Glück sei die staatliche Förderung für das beauftragte Effizienzhaus von der gestoppten KfW-Förderung nicht betroffen, da alle zugesagten Kredite bis zum Abruf durch den Finanzierungspartner reserviert blieben, erzählt Angélique Dornbusch.

Wenig Sparpotenzial wegen KfW-Förderung

Das Geld sei jedoch zweckgebunden, man könne daher am Haus nichts einsparen und das dabei gesparte Geld für die Vorarbeiten einsetzen. Tina Ciancimino weist auf die finanzielle Doppelbelastung der Eheleute hin. Hinzu kämen Kosten für Rechtsanwalt und Baugutachter.

Tina Ciancimino sagt, dass das Ehepaar das Haus auch nicht einfach verkaufen könne, da die Gelder bei der Bank blockiert seien. Wenn also keine schnelle Lösung gefunden werde, drohe die Privatinsolvenz.

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„Doch wo sollen sie eine bezahlbare Wohnung hernehmen? Das Haus ist extra so geplant, dass ein nahestehendes Familienmitglied im Erdgeschoss wohnen kann. Mit der Insolvenz erfolgt auch ein Schufa-Eintrag, dann haben sie noch weniger Chancen.“

Handwerker reagiert nicht

Janine Geller hat Kontakt zu anderen vom Kellerbauer Geschädigten. „Es gibt inzwischen schon elf Geschädigte, von denen wir wissen. Aber es ist frustrierend, dass man keine Chance hat, dagegen vorzugehen“, sagt sie. Tian Ciancimino erklärt: „Die Firma des Generalunternehmers hatte ihren Sitz in der Schweiz. Das war die größte Problematik.“ Denn man könne in Deutschland zwar Recht bekommen, müsse das dann aber in der Schweiz wiederum einklagen und dafür erneut Geld investieren.

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Inzwischen wurde das Unternehmen mehrfach umbenannt und hat seinen Sitz nun auf deutschem Boden bei Waldshut-Tiengen. Auf schriftliche SÜDKURIER-Anfrage reagiert der Handwerker auch nach mehreren Tagen nicht.

Ein ungewöhnlicher Fall für die Bank

Die ebenfalls kontaktierte Bank meldet sich dagegen sehr schnell. Aus Datenschutzgründen dürfe sie zu diesem Fall, der sehr ungewöhnlich sei, nichts sagen, erklärt die Sprecherin der Bank. Sie bietet aber an, sich zeitnah um einen Gesprächstermin mit der Familie Geller und einem zuständigen Berater zu kümmern.

Janine und Christian Geller sind mit ihrer Kraft am Ende. Sie sind zermürbt von der Unsicherheit. Der Ehemann berichtet von massiven Schlafstörungen, seine Frau von der großen psychischen Belastung. Auch Sohn Philip leidet unter der Anspannung. Er hat den Kindergarten gewechselt und geht jetzt in den Kindergarten Kleeblatt in Stockach.

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„Dort fühlt er sich sehr wohl. Wenn die Eingewöhnung rum ist, gehe ich auch Vollzeit arbeiten, statt wie bisher 80 Prozent. Anders geht es nicht“, sagt die junge Mutter. Noch haben sie einen kleinen Funken Hoffnung, dass sich alles zum Guten wendet. Die nächsten Wochen sind entscheidend.

Philip, Janine und Christian Geller im Sommer an ihrer Baustelle. Ob es mit dem Bau weitergeht, hängt an einem weiteren Kredit ihrer Bank.
Philip, Janine und Christian Geller im Sommer an ihrer Baustelle. Ob es mit dem Bau weitergeht, hängt an einem weiteren Kredit ihrer Bank. | Bild: Claudia Ladwig