Die ersten Schlüssel sind bereits übergeben: Am Tag nach der Mitgliederversammlung der Baugenossenschaft Stockach konnten die ersten Mieter in das jüngste Neubauprojekt der Genossenschaft in der Robert-Koch Straße 1 einziehen.
Für Geschäftsführer Roland Mathis geht damit eine anstrengende Zeit zu Ende. „Wir hatten zwar einen Zeitpuffer von zwei Monaten eingeplant, aber zum Schluss wurde es jetzt doch noch sehr stressig“, erzählt er beim Rundgang mit dem SÜDKURIER.
Corona scheine zwar im Moment fast schon wieder vergessen, aber in der Baubranche sei das Virus noch allgegenwärtig, macht Mathis deutlich. „Zeitweise hatten wir kaum einen Handwerker auf der Baustelle, obwohl eigentlich viele Gewerke gleichzeitig tätig sein sollten. Das lag daran, dass viele in Quarantäne waren.“
Zunächst keine weiteren Neubauten
Nach den Projekten in den Galgenäckern und der Robert-Koch Straße wird es bei der Baugenossenschaft Stockach aber ohnehin nicht so schnell wieder Neubauten geben. Das ist der aktuellen Situation aufgrund von Ukrainekrieg, Inflation und steigenden Zinsen geschuldet.
Wie aus dem Geschäftsbericht der Genossenschaft hervorgeht, stiegen die Baupreise im Jahr 2021 um 9,7 Prozent. Im Jahresmittel sei dies der höchste Anstieg seit den frühen 1980er-Jahren. „Wir könnten diese zwei Häuser heute so nicht mehr bauen“, betont Mathis. Seriös kalkulieren lasse sich ein solches Neubauprojekt im Moment nicht.
Zu tun gebe es jedoch auch in den kommenden Jahren noch genug. So stehen einige Sanierungen an und es müsse ein Fahrplan für die Klimaneutralität bis 2040 aufgestellt werden. Für Mathis ist vor allem letzteres ein sehr ambitioniertes Ziel, das von der Politik vorgegeben wurde. Alleine die Kapazität an Handwerkern, die es bräuchte, um alle Häuser der Baugenossenschaft in der vorgegebenen Zeit entsprechend sanieren zu können, scheine utopisch.
Wie geht Sparen ohne Komfortverlust?
„Wir müssen uns in den nächsten Jahren Gedanken machen, wie wir sparen können, ohne den Leuten den Komfort wegzunehmen. Das ist eine große Aufgabe für die nächsten Jahre“, betont Mathis, denn „bei den Verbräuchen muss etwas passieren, das ist keine Frage.“
Um die politischen Ziele zu erreichen, soll modernste Überwachungs- und Regeltechnik für die Heizungsanlagen helfen. Natürlich sei es aber auch wichtig, dass die Anlagen schon von Grund auf möglichst mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
In den beiden jüngsten Häusern der Baugenossenschaft sind dazu Heizungen verbaut, die mittels Geothermie Wärme erzeugen. In der Robert-Koch-Straße 1 wurden hierzu eine Erdwärmepumpe eingebaut, die ihren Strom über die Photovoltaikanlage auf dem Dach bezieht.
Für die Erdwärmepumpe seien fünf Bohrungen bis in eine Tiefe von 150 Metern nötig. Das sei zwar auch wieder ein großer Kostenpunkt, aber eine wichtige Investition für die Zukunft und gerade angesichts der aktuellen Lage auch eine gute Entscheidung gewesen, sagt Mathis.
Nebenkosten zunächst stabil
Aktuell profitieren die meisten Mieter der Baugenossenschaft Stockach noch von relativ stabilen Mieten aufgrund langfristiger Gaslieferverträge mit den Stadtwerken. Auch in den ölgeheizten Wohnungen seien die Nebenkosten noch relativ stabil, sagt Mathis.
Das könne sich aber im nächsten Jahr ändern, wenn die Gas-Verträge auslaufen und das teure Heizöl aus diesem Jahr verbraucht werden müsse, macht er deutlich. Die Mietpreise seien 2021 in Stockach um 1,4 Prozent gestiegen, geht aus dem Geschäftsbericht der Genossenschaft hervor.
„Die Neubaumieten betragen auf dem freien Wohnungsmarkt bereits über 10 Euro pro Quadratmete. Im Altbaubereich sind kaum noch Wohnungen unter 7 Euro pro Quadratmeter zu finden“, heißt es dort. Bei der Baugenossenschaft Stockach betrug die Durchschnittsmiete 2021 laut Geschäftsbericht 6,51 Euro.
Nachfrage ist weiter hoch
Rund 70 Interessenten stehen laut Roland Mathis derzeit auf der Warteliste für eine Wohnung bei der Baugenossenschaft Stockach. Der Druck auf den Wohnungsmarkt habe aus Sicht von Mathis in Stockach etwas nachgelassen. Dafür stellt er fest, dass viele Interessenten mit sehr hohen Ansprüchen kommen, was Wohnungsgröße und Ausstattung auf der einen sowie Mietkosten auf der anderen Seite angeht.
Das System mit der Warteliste habe sich bewährt. „Wir versuchen immer darauf zu achten, dass die Leute auch in das jeweilige Quartier passen. Es ist nämlich sehr wichtig, dass die Hausgemeinschaft zusammenpasst“, sagt Mathis. Insgesamt gab es 2021 bei der Baugenossenschaft elf Auszüge und 29 Einzüge.