Fast jeder spürt im Moment die drastischen Preissteigerungen bei den Energiekosten, die sich in den vergangenen Monaten ergeben haben. Manch ein Häuslebauer mag vor diesem Hintergrund noch intensiver über eine Umstellung auf erneuerbare Energien nachdenken. Bei der Baugenossenschaft Hegau hat bereits vor über 20 Jahren das Umdenken eingesetzt. 2003 wurden die Wohnblöcke der Hegau in der Überlinger Straße mit der ersten Holzhackschnitzelanlage im Landkreis ausgestattet. Nun wurde die Anlage runderneuert.

Jüngst informierte sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung bei einem Ortstermin über die Erfahrungen mit dem Projekt und über das neueste Bauvorhaben der Hegau, das ebenfalls in der Überlinger Straße entstehen soll. Hinter den bestehenden Blocks plant die Baugenossenschaft mit den Überlinger Höfen eine Innenentwicklung, bei der weitere 64 Mietwohnungen entstehen. Dabei hat der Förderstopp für energieeffizientes Bauen zu Jahresbeginn die Baugenossenschaft allerdings kalt erwischt, sodass sich die Fertigstellung der fünf Häuser um einige Zeit verzögern wird.
Anlage versorgt 430 Wohnungen
Der Geschäftsführer der Baugenossenschaft Hegau, Axel Nieburg, erläuterte gemeinsam mit Projektleiter Udo Tischer und Andreas Präffcke, Fachingenieur bei der Ebök GmbH, was bei Heizung geändert wurde. Denn bei der alten Anlage, die mit Holzhackschnitzeln und Öl betrieben wurde, war die Nutzungsdauer inzwischen abgelaufen.
Das Nahwärmenetz in der Überlinger Straße versorgt insgesamt 430 Wohnungen, davon sind 383 Wohnungen im Bestand der Genossenschaft. Außerdem angeschlossen sind zwei Wohneigentümergemeinschaften, eine Kirche samt Gemeindezentrum sowie ein Kindergarten. Bei der neuen, modernisierten Heizzentrale setzt die Hegau nun auf Holzhackschnitzel (80 Prozent) in Kombination mit Gas (20 Prozent).
„Wenn wir unsere Heizanlagen modernisieren, haben wir immer 80 Prozent erneuerbare Energien“, unterstreicht Nieburg. Die Feinstaubbelastung bei modernen Holzenergieheizanlagen wie der in der Überlinger Straße liege für Holzhackschnitzel nur bei 0,8 Prozent, für Holzpellets sogar nur bei 0,3 Prozent.
Von wem will man beim Heizen abhängig sein?
Wärmepumpen seien für die Mehrfamilienhäuser im Bestand der Genossenschaft nicht geeignet und selbst bei Einfamilienhäusern nur dann ökologisch gut, wenn auch der Strom ökologisch ist. Nieburg kann den Rummel um Wärmepumpen nicht so ganz verstehen. „Wenn man sich jetzt auf das Heizen mit Strom fixiert, ist man zwar nicht mehr vom russischen Öl abhängig, aber von chinesischen Wärmepumpen“, gibt er zu bedenken.

„Heizen mit Holz hat absolut seine Berechtigung“, meint CDU-Politiker Andreas Jung. Er ist im neuen Ausschuss für Klima, Energie und Umwelt Sprecher der Oppositionsfraktion und ebenso der Meinung, man müsse eine kritischere Haltung gegenüber Wärmepumpen haben. Beim Heizen mit Holz bleibe die Kaufkraft in der Region, da das Holz aus der näheren Umgebung komme, ergänzte Nieburg.
Weitere 64 Wohnungen sollen entstehen
Im Bereich der Häuser Überlinger Straße 7a, 9a, 11a, 13a, 15a wurden in den vergangenen Jahren durch Aufstockung eines Geschosses zehn neue Wohnungen geschaffen. Nun will die Baugenossenschaft mit den Überlinger Höfen weitere fünf Häuser mit insgesamt 64 Mietwohnungen bauen. Dabei sollen insgesamt 21,9 Millionen Euro investiert werden. „Wir bauen hier in einem Bereich hinter den bestehenden Häusern, ohne neues Bauland zu brauchen“, so Nieburg. Dafür wurden die Garagen abgerissen und ein Ersatzparkplatz geschaffen.
Aber 1,2 Millionen Euro Fördergelder fehlen
Mit dem vorzeitigen Stopp der Förderung für energieeffizientes Bauen und Sanieren musste die Baugenossenschaft ihre Gebäude nun mit KfW40 Standard umplanen. „Wir haben noch immer keinen Bewilligungsbescheid, bekommen nun aber nur 960.000 Euro an Fördergeldern“, so Nieburg. Das sind 1,2 Millionen Euro weniger als ursprünglich gedacht. „Hätten wir das Bauvorhaben nicht schon mit dem Abbruch der Garagen vorbereitet gehabt, hätten wir das Projekt wahrscheinlich eingestellt“, sagt Nieburg.
Bei den Baukosten habe man ursprünglich mit 5000 Euro pro Quadratmeter Wohnraum gerechnet. Das müsse man nun auf 5500 Euro erhöhen – zumal sich die Baukosten wegen des Ukraine Kriegs jetzt noch weiter erhöhen werden. Die Bauzeit werde sich mindestens um ein Jahr verlängern, war beim Termin zu erfahren.