Der Lehrermangel ist heute deutlich zu spüren, am stärksten in naturwissenschaftlichen Fächern. Die Lücke wird Prognosen nach noch größer werden, mindestens bis in die Mitte des kommenden Jahrzehnts werden in Deutschland Zehntausende Lehrkräfte fehlen – auch die Lage im Südwesten wird sich weiter verschärfen.
Doch wie der aktuelle BaWü-Check, die Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach im Auftrag der baden-württembergischen Tageszeitungen bescheinigt, sind viele Menschen am Bildungsstandort Baden-Württemberg bereits jetzt unzufrieden mit dem System.
Demnach hält fast die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger den Zustand der Schulen für kritisch. Tatsächlich hat sich das Meinungsbild sogar verschlechtert, legen die Ergebnisse der Umfrage nahe. Vor rund zehn Jahren hatte die baden-württembergische Bevölkerung die Schulen im Land noch zu drei Vierteln – zu 75 Prozent – positiv bewertet.
Lehrermangel als größtes Problem
Herausforderungen gibt es dieser Tage viele. Fragt man die Bevölkerung, halten 55 Prozent die zunehmende Gewalt an den Schulen für besonders gravierend. Wiederum fast 50 Prozent kritisieren fehlende Deutschkenntnisse von Schülern, nachdem der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund zwischen 2013 und 2023 bundesweit zugenommen hat.
Insbesondere Eltern mit Kindern, die eine Grundschule besuchen, berichten den Studienautoren zufolge davon, dass der Unterricht ihrer Kinder dadurch erschwert wird. Ein erheblicher Teil (38 Prozent) findet wiederum die Klassen zu groß, fast ebenso viele (37 Prozent) halten die Lehrpläne für nicht zeitgemäß. Ein Drittel kritisiert die maroden Gebäude (32 Prozent), 24 Prozent den Leistungsdruck an den Schulen.
Eines der größten Versäumnisse der Politik bleibt allerdings, da sind sich Experten einig: der Lehrermangel. Eine Auffassung, die sie mit den Menschen im Land teilen – 62 Prozent sehen im Pädagogen-Engpass ein Hauptproblem für das Schulsystem.
Trotz allem haben die meisten Menschen vor dem Lehrerberuf und dem, was Lehrer leisten, großen Respekt. 60 Prozent der baden-württembergischen Bevölkerung glauben, dass sich Lehrkräfte häufig mit schwierigen Eltern und schwierigen Kindern auseinandersetzen müssen. 55 Prozent betonen die hohe psychische Belastung, 58 Prozent sind überzeugt, dass Lehrer eine große Verantwortung tragen.
Überhaupt hält beinahe die Hälfte der Befragten (47 Prozent) den Beruf für anstrengend. Dass Lehrer nicht die Anerkennung erhalten, die sie verdienen, findet ein gutes Drittel (37 Prozent). Ein negatives Image, das dem Beruf zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung gerne anhaftet, attestiert sich damit nicht. Nur gut jeder Dritte meint, dass Lehrer oft nicht auf dem neuesten Stand sind. Weniger als jeder Vierte hält Lehrer für schwer kritikfähig und nur jeder Fünfte meint, dass Pädagogen oft schlecht mit Kindern umgehen können.
Obwohl die Bildungspolitik des Landes bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht gut wegkommt, befürworten 70 Prozent die Entscheidung, dass Baden-Württemberg ab dem kommenden Schuljahr vom achtjährigen Gymnasium, dem sogenannten G8, zum neunjährigen Gymnasium, dem G9, zurückkehrt. Nur etwa jeder Zehnte würde beim aktuellen Modell bleiben.
Auch die Rückkehr der verbindlichen Grundschulempfehlung, die 2012 von der damaligen grün-roten Landesregierung abgeschafft worden war, werde von der Mehrheit begrüßt, schreiben die Autoren der Umfrage. Das heißt: 62 Prozent der Befragten finden es richtig, dass künftig wieder Grundschulen und Notenschnitt darüber urteilen, auf welche weiterführende Schule ein Grundschüler kommt – und nicht mehr die Eltern.