Hubert Bernhard steht auf seiner Apfelplantage in Kressbronn und kramt aus seiner Hosentasche ein Mobiltelefon hervor. Der Obstbauer streckt es Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) an diesem Augusttag entgegen. Er zeigt ihr Bilder von einem Pflückroboter, mit dem er bei der vergangenen Ernte experimentiert hat. Der 60-Jährige ist mal wieder seiner Zeit voraus.

Zunächst hat er als erster Obstbauer am Bodensee Photovoltaik über seine Apfelkulturen auf 0,4 Hektar bauen lassen, um neben dem Obst auch Strom (im Moment 340 Kilowatt Peak) ernten zu können. Agri-PV nennt sich diese neue Technik. Nun also probiert er Roboter aus, die das Pflücken effizienter und einfacher machen sollen.

„Da stehen wir aber erst am Anfang“, erklärt Bernhard. Noch ist das alles Handarbeit. Er habe mit einem einarmigen Roboter erste Gehversuche unternommen, der noch nicht sehr ausgereift war. In Zukunft müsste dieser sechsarmig sein. Realistischer als der Roboter werden zunächst Maschinen mit Förderbändern sein, auf die die Äpfel dann gelegt, automatisch sortiert und so für die Logistik gleich vorbereitet werden können.

Da gebe es schon vier, fünf Prototypen. Aber seine Expertise werde er weiter beim Thema Künstliche Intelligenz einbringen, sagt Bernhard. „Es ist wichtig, dass wir das vor Ort hinbekommen, über kurz oder lang werden sich die Roboter durchsetzen.“ Mit der Zeppelin-Universität in Friedrichshafen und einem Sensorik-Unternehmen aus Biberach arbeite er weiter an innovativen Lösungen.

Weniger Waser, weniger Pflanzenschutz, kein Frostschutz

Die Vorteile der Agri-PV hat Bernhard schätzen gelernt, vor allem benötigt er unter den Solarmodulen nicht nur weniger Wasser, sondern auch bis zu 70, 80 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel, weil beispielsweise der Schafpilz zurückgegangen ist. Und Frostschutz ist sogar überflüssig geworden, weil die Temperaturen bis zu fünf Grad wärmer sind. „Damit war nicht zu rechnen“, gibt Bernhard zu.

Die Äpfel auf der Plantage von Hubert Bernhard gedeihen unter Solarmodulen.
Die Äpfel auf der Plantage von Hubert Bernhard gedeihen unter Solarmodulen. | Bild: matthias schmid

Für seine Agri-PV-Pläne „bin ich von meinen Kollegen ausgelacht worden“, erzählt er. Inzwischen kommen sie in Scharen auf seinen Hof und erkundigen sich selbst danach. Schon mehr als 2500 Menschen habe er über seine Fläche geführt. „Hubert Bernhard hat Mut zum Risiko bewiesen und sich auch in einem Umfeld durchgesetzt, das ihn als Spinner abgetan hat“, sagt Ministerin Walker.

Damit auch die Kinder noch etwas davon haben

Neben der Agri-PV und Robotik hat er längst ein drittes Thema gefunden, dass ihn antreibt. Bernhard experimentiert nun mit neuen Apfelsorten. „Ich will nicht stehen bleiben und der Entwicklung voraus sein, damit auch meine Kinder noch was vom Familienhof haben“, sagt er. Es geht dabei nicht nur um Apfelpflanzen, die schmaler wachsen und weniger hoch werden, damit künftig auch Roboter besser drankommen können.

Sondern auch um neue Geschmackssorten und neue Absatzmärkte. „Ich glaube, dass sich der Bodensee beim Apfelanbau zu einem Spezialistenladen entwickeln wird“, sagt Bernhard.

Mit den konventionellen Sorten wie Elstar, Boskop oder Jonagold seien sie im globalen Markt nicht mehr konkurrenzfähig, weil überall günstiger produziert werde. „Wir müssen uns deshalb mit besonderen Arten abheben.“

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Aus diesem Grund hat der Obstbauer in den vergangenen Jahren damit begonnen, fünf neue Sorten zu züchten. Sie heißen Mammut, Fräulein, Kanzi, Rocket und Sweet Tango. Dieser hat es Bernhard besonders angetan. Er ist süß-säuerlich und kommt dem Elstar sehr nahe – und ist nun so weit, dass er in diesem Jahr als Frühapfel geerntet werden könne, betont Bernhard. Weit vor dem Elstar, der üblicherweise Anfang September auf den Markt kommt. „Wir müssen schneller sein, damit wir wettbewerbsfähig sind.“