Die DUH, wie die Deutsche Umwelthilfe e.V. abgekürzt wird, ist in Sachen Umwelt-, Klima- und Verbraucherschutz, wofür es im englischen Sprachraum den Ausdruck „pain in the ass“ gibt. Wörtlich lässt sich das nicht ins Deutsche übersetzen, am ehesten trifft die Bedeutung noch der Ausdruck „unerträgliche Nervensäge“.
Wie unerträglich die DUH sein kann, hat jetzt auf den letzten Metern seiner Amtszeit der erste und bislang einzige grüne Ministerpräsident Deutschlands, Winfried Kretschmann, erneut erfahren dürfen. Ausgerechnet. Die Deutsche Umwelthilfe verklagt zum zweiten Mal die baden-württembergische Landesregierung, weil diese ihrer selbst aufgelegten Verpflichtung aus dem Landes-Klimaschutzgesetz nicht nachgekommen ist, rechtzeitig ein Konzept vorzulegen, um ihre eigenen Klimaziele zu erreichen.
Für manche das personifizierte Feindbild
Die Sachlage an sich wäre eigentlich kaum geeignet, große Emotionen auszulösen: Ein Gesetzgeber erlässt ein Gesetz, an das er sich trotz zwischenzeitlicher gerichtlicher Aufforderung nicht hält – dass das in Zeiten, in denen weit trivialere Gesetzesbrüche bis in die höchsten Instanzen getragen werden, erneut vor Gericht landet, ist wenig überraschend.
Wäre die Klägerin nur nicht die DUH. Deren Geschäftsführer Jürgen Resch ist für manche Kreise, für die Klimaschutz vor allem ein profitschmälernder oder wirtschaftslimitierender Kostenfaktor ist oder die generell bei dieser Thematik zu pauschalen Urteilen und emotionalen Ausbrüchen neigen, ein personifiziertes Feindbild.
Wegweisende Urteile erstritten
Was die DUH aber auch nach wie vor ist: Ein im Lobbyregister eingetragener Lobbyverein, eine große Umwelt-, Klima- und Verbraucherschutzorganisation, gemeinnützig anerkannt und klageberechtigt bei Unterlassungsklagen, Musterfeststellungs- und Abhilfeklagen. Sie hat für Verbraucher und für den Klimaschutz schon wegweisende Urteile erstritten und sich damit bei den Betroffenen in Wirtschaft und Politik, aber auch bei Verbrauchern – etwa zum Dieselfahrverbot – viele Feinde gemacht.
Dass die DUH sich zu einem Teil aus Abmahngebühren finanziert, hat ihr den Vorwurf eingebracht, durch Klagen ihr eigentliches Abmahn-Geschäftsmodell zu überdecken. Rechtlich und satzungsgemäß aber ist der DUH zum Ärger vieler Seiten bislang nicht beizukommen. Und Lobbyisten und Lobbyvereinen kann man schwerlich vorhalten, in eigener Sache und mit aktivistischem Impetus unterwegs zu sein.
Baden-Württembergs Klimaschutz kann nicht die Welt retten
Neun Monate vor der nächsten Landtagswahl und Kretschmanns Rückzug dürfte diese Klage der DUH aber Sympathien aus Kreisen erfahren, die schon immer der Ansicht waren, dass grüner Klimaschutz in Baden-Württemberg die Welt nicht retten wird.
Ganz Deutschland trägt rund zwei Prozent zum weltweiten CO2-Ausstoß bei, Baden-Württembergs globaler Anteil wird auf 0,2 bis 0,45 Prozent taxiert. Eine Argumentation, auf die sich zuletzt auch Kretschmann mit Blick auf die DUH-Klage und Verweis auf andere Erfolge zurückgezogen hat. Fragt sich, warum dann überhaupt so ambitionierte Klimaziele festgeschrieben werden.
Völlig andere politische Vorzeichen
Aber 2020, als das Gesetz von den Regierungsfraktionen Grüne und CDU gemeinsam verabschiedet wurde, herrschten andere Zeiten. Die Sorge vor den irreversiblen Folgen des Klimawandels war das gesellschaftliche Thema der Stunde. Vieles schien möglich, auch, dass sich nicht nur der Bund und die EU, sondern vielleicht sogar die ganze Welt auf den Weg machen würde, doch noch den Hebel herumzureißen.
Es gab einen Green Deal, aber keinen Krieg in Europa, in den USA war Trump Geschichte, und in Deutschland konnten sich nicht wenige einen Kanzler Habeck vorstellen.
2021 konnte man kaum laufen vor Kraft
Das Landtagswahlergebnis von 2021 befeuerte dieses Gefühl noch einmal und katapultierte die Südwest-Grünen in eine bislang einmalige Machtposition. Kretschmanns Grüne konnten mit 32,6 Prozent kaum noch laufen vor lauter Kraft und fühlten sich bestätigt. Und warum nicht auch mal vorangehen, ambitionierte Ziel vorgeben, um neue Kräfte freizusetzen und Entwicklungen anzustoßen?
Sollten Kretschmann damals schon Zweifel gekommen sein, behielt er sie jedenfalls für sich. Als der Verwaltungsgerichtshof 2022 auf die erste DUH-Klage hin die Landesregierung verpflichtete, ihr Konzept zur Erreichung der Klimaziele vorzulegen, hätte es eine Chance gegeben, diese neu auszurichten. Sie wurde verpasst.
Jetzt könnten die Grünen, ausgerechnet zum Ende von Kretschmanns Amtszeit, wohl noch gerichtlich bescheinigt bekommen, an ihrem eigenen Gesetz gescheitert zu sein. Ob man das nun als Erfolg der DUH verbuchen will oder nicht: Die politische Bilanz des grünen Ministerpräsidenten-Unikats Kretschmann dürfte das gehörig verhageln.