Jacqueline Muzzi erinnert sich gut an ihren ersten Kontakt mit einem Verstorbenen: „Ich war sehr aufgeregt und bin erstmal weiter weg gestanden. Aber als ich dann näher herangetreten bin, und den ersten Verstorbenen berührt und angekleidet habe, war es für mich eine Ehre, dass ich den Menschen auf seinem letzten Weg begleiten darf.“
Heute ist der Tod für die 28-Jährige alltäglich. Und doch überrascht ihr Beruf viele Angehörige. „Eine Frau hat mir mal gesagt, dass sie so froh ist, dass sie zu mir gekommen ist. Weil sie dachte, sie erwartet ein alter Mann mit Anzug und Zylinder“, erzählt Jacqueline Muzzi. Sie begegnet den Trauernden mit Nähe und Einfühlungsvermögen. Sie glaubt, dass gerade junge Frauen oft einen anderen Zugang zu den Angehörigen finden. Und dass diese deshalb öfter ihren Beruf wählen.

Nach ihrem Studium begann Jacqueline Muzzi, damals 24 Jahre alt, die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft beim Bestattungshaus Pietät Decker in Singen. Das Thema Tod interessiert sie aber schon seit ihrer Kindheit. In ihrem Alltag schätzt sie besonders die Vielfältigkeit des Berufs.
Neben organisatorischen oder kaufmännischen Aufgaben gehören auch handwerkliche Tätigkeiten zu ihrem Alltag. Beispielsweise das Polstern der Särge, die Dekoration vorzubereiten oder die Beschriftung des Grabkreuzes.
Vorwiegend ist die 28-Jährige aber für die Begleitung der Angehörigen zuständig. Sie begegnet den Trauernden offen. Denn oft tue es den Angehörigen einfach gut, zu erzählen. Jacqueline Muzzi organisiert auch die Trauerfeiern, für die es eine kleine Kapelle direkt vor Ort gibt, und die Bestattungen. Durch ihre Arbeit versucht sie, die Angehörigen ein Stück weit zu entlasten.

Dass sich ihre Arbeit auszahlt, sieht sie täglich: „Für mich ist das Größte, wenn ich sehe, dass die Angehörigen nach der ganzen Bestattung zu uns kommen und sich bedanken. Und sagen, dass durch uns dieser Abschied von diesem Menschen so schön gestaltet wurde.“ Allein diese kurzen Momente geben ihr Kraft und motivieren sie, weiterzumachen. „Sodass ich das gar nicht als Beruf sehe, sondern als Berufung. Also, dass das meine Lebensaufgabe ist“, sagt die 28-Jährige.
Früher sei der Beruf eher handwerklich geprägt gewesen. Doch die Bestattungskultur mache einen großen Wandel durch: „Was dazu kommt, ist das Organisationstalent, Einfühlungsvermögen, kommunikative Fähigkeiten. Und ich denke, das sind Sachen, die gerade jungen Frauen gut liegen.“

Ein anderer Blick auf das Leben
Ganz spurlos geht die Nähe zum Tod an Jacqueline Muzzi jedoch nicht vorbei. Obwohl sie versucht, Arbeit und Privates zu trennen, hat der Beruf Einfluss auf ihr Leben. So ist ihr erst richtig bewusst geworden, dass das Leben endlich ist.
„Meistens ist es so, dass Menschen nach einem langen und erfüllten Leben sterben“, sagt Jacqueline Muzzi. „Es gibt natürlich auch das Gegenteil, dass Menschen im jungen Alter von heute auf morgen aus dem Leben gerissen werden. Das sind für mich dann die schwierigen Momente, dass ich auch Angst habe, dass mir oder meinem Umfeld so etwas passieren könnte.“ Wenn sie eine Situation sehr belastet, spricht sie auch mit ihrer Familie. Danach geht es ihr meistens besser, sagt sie.

Deshalb wolle sie nichts im Leben aufschieben, wenn sie glaubt, dass der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist: „Denn keiner kann mir garantieren, dass in einem Jahr noch alles gut ist und dass ich in einem Jahr noch da bin.“ Angst vor dem Tod habe sie jedoch nicht. Denn Jacqueline Muzzi glaubt daran, dass Seelen wiederauferstehen. „Auch wenn ich dann die Verstorbenen im Sarg sehe, wie sie friedlich sind, angekleidet und eingebettet wurden, nimmt mir das die Angst.“