Wie sieht die geplante Impfoffensive der Schweiz im Detail aus? Darüber hat der Bundesrat jetzt entschieden. Heiß diskutiert vorab: Erhalten Schweizer künftig einen Gutschein im Wert von 50 Franken (46 Euro), wenn sie bislang Zögernde zur Impfung bewegen? „Die Impf-Gutscheine werden nicht eingeführt“, sagte Gesundheitsminister Alain Berset im Anschluss an die Beratungen knapp.
Angedeutet hatte sich das bereits. Die Kritik der Kantone war groß, offenbar zu groß. Auch die Rechtsgrundlage für ein solches Vorhaben wurde bezweifelt. Die Reaktionen auf den Vorschlag des Bundes waren deutlich: „unschweizerisch“ sei die Idee (Berset bezeichnete sie als „unkonventionell“), eine „Art Erpressung“ war aus den Kantonen zu hören. Im Thurgau bezeichnete man die Gutscheine als „Hohn, wenn damit die Impfzögerer zu monetärer Belohnung Dritter führen würden“, in St. Gallen als schlicht „nicht vertretbar“.
Nationale Impfwoche in der zweiten Novemberwoche
Eine Impfoffensive wird es dennoch geben. Mit einer Quote von knapp über 60 Prozent vollständig geimpfter Personen weist die Schweiz eine der niedrigsten in Europa aus. Anders als bei den Gutscheinen für Impfwerber fand etwa eine nationale Impfwoche vom 8. bis 14. November bei den kantonalen Gesundheitsbehörden breite Zustimmung.
Weitere Maßnahmen im Rahmen der Kampagne sind zusätzliche mobile Beratungs- und Impfstellen auf niederschwelliger Basis, etwa als Impfbusse. Drittens sollen persönliche Berater unentschlossene Personen im direkten, telefonischen oder Social-Media-Kontakt über Vorteile und Risiken aufklären.
Auf diesen Baustein entfällt der größte Teil der vom Bund zugesicherten Mittel, 43 Millionen Franken (40 Millionen Euro). Insgesamt stehen für die dreiteilige Impfoffensive umgerechnet circa 90 Millionen Euro zur Verfügung. Der Bundesrat betont, dass diese Berater nicht erfahren, ob der Ansprechpartner bereits geimpft ist, sie würden auch nicht danach fragen.
Gesundheitsminister: Für Lockerungen fehlen eine Million Geimpfte
Der Bundesrat hatte am Mittwoch in Luzern statt im Bundeshaus beraten. Es war die 15. Sitzung „extra muros“ (außerhalb der Mauern) seit der Regierung, die damit seit 2010 Nähe zur Bevölkerung demonstrieren möchte. Begleitet wurde die Sitzung von Bürgergesprächen im Innern der Luzerner Musikhochschule und einigen Protesten davor.
Gesundheitsminister Berset stellte bei einer Pressekonferenz im Anschluss an die Ratssitzung klar: Etwa eine Million Schweizer müssten sich noch impfen, ehe Corona-Maßnahmen aufgehoben würden. „Dann wären wir auf einem ähnlichen Niveau wie einige Nachbarländer“, sagte Beset. Zuletzt stagnierte die Zahl der täglich verimpften Dosen bei weniger als 10.000. Im Sommer lag dieser Wert laut Gesundheitsministerium sechsmal höher.