SÜDKURIER-Fotograf Achim Mende zeigt mit seinen Luftaufnahmen die schönste Seite des niedrigen Bodensee-Pegels. Den Artikel haben innerhalb eines Tages zehntausende Besucher gelesen – und manch einer fragt sich, was sich da im See so zeigt. Martin Wessels vom Institut für Seenforschung in Langenargen klärt auf.
Korallenriffe? Nicht ganz
Fangen wir bei dieser Formation an, die an Korallenriffe erinnert.
Natürlich sind es aber keine tropischen Lebewesen, sondern Wasserpflanzen. „Es dürfte sich um das Schweizer Laichkraut handeln“, sagt Wessels, auch wenn eine endgültige Bestimmung anhand eines Luftbildes nicht möglich sei.
Dieses Laichkraut, lateinisch Potamogeton helveticus, hat sich in den vergangenen Jahren vermehrt. „Es ist eine sehr langwüchsige Form, die von der Strömung in Richtung Rheinbrücke gedrängt wird und direkt an die Wasseroberfläche kommt“, erklärt Wessels. Das sorge dort, wo die Pflanzen an der Wasseroberfläche sind, für „das schlierige, etwas verwaschene Aussehen mit den hellen Farben.“
Eines hat das Laichkraut und allgemein Seegras, fachsprachlich Makrophyten genannt, aber doch mit Korallenriffen gemein: „Makrophyten haben eine sehr wichtige Funktion im Ökosystem“, erklärt Wessels.
Sie seien ein sehr vielfältiger und ausgesprochen wichtiger Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. „Zudem schützen sie den Seeboden vor übermäßiger Erosion, etwa durch Wellenschlag vorbeifahrender Boote“, so Wessels.
Das Schweizerische Laichkraut hat sogar noch eine Funktion mehr: Es verlangsamt im Konstanzer Trichter und im Seerhein den Abfluss von Wasser aus dem Obersee in Richtung Untersee – somit stabilisiert es den Pegel im Obersee.
Jede Farbe hat ihre Bedeutung
Neben den rötlich-bräunlichem Laichkraut zeigen sich vor der Konstanzer Rheinbrücke aber noch ganz andere Farben.

Wessels erklärt zu den langgezogenen Verfärbungen im rechten Teil des Bildes: „Hierbei dürfte es sich zum Teil um Aufwuchsalgen (auf dem Seeboden) handeln sowie um den normalen Seeboden, der je nach Bodenmaterial (Sand, Kies) und Wassertiefe etwas unterschiedlich gefärbt ist.“
Oben im Bild, an der Seestraße, sehe man zudem „große Pakete von Muschelschalen, die an der Uferpromenade einen weißen Spülsaum bilden und bei Wasserbedeckung auch bräunliche Verfärbungen hervorrufen.“
Dass alle Farben so deutlich hervortreten, liegt laut Wessels an den relativ hohen gleichgerichteten Strömungsgeschwindigkeiten und vor allem am niedrigen Wasserstand.
Vor der Reichenau grünt es
Weniger vielfältig, aber umso kräftiger ist das Farbspiel vor der Insel Reichenau.

Hier erkenne man die den Seeboden bedeckende Vegetation, erklärt Wessels: „Die kräftigen grünen Farben deuten an, dass es hier bereits zu einem deutlichen Wachstum der Vegetation kommt – ebenso begünstigt durch das ausgesprochen sonnige Wetter und den sehr niedrigen Wasserstand.“
Weniger Wasser heißt also noch lange nicht weniger Leben im See.