„Der Bodensee hat kaum noch Wasser“ war Anfang April 2025 auf dem Online-Portal wetter.de zu lesen. Das ist zwar reichlich übertrieben, dennoch bewegen sich die aktuellen Pegelstände unter dem langjährigen Durchschnitt.

Anlass zur Sorge ist das jedoch nicht: „Der geringe Wasserstand ist für diese Jahreszeit nicht außergewöhnlich“, sagt André Postel von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW).

Ein Blick auf den Bodensee in Konstanz.
Ein Blick auf den Bodensee in Konstanz. | Bild: Oliver Hanser

Niedriger Pegelstand: Geht dem Bodensee das Wasser aus?

Der niedrige Wasserstand des Bodensees liege an den aktuell geringen Niederschlagsmengen sowie an einer unterdurchschnittlichen Schneedecke im Winter und einer damit geringeren Schneeschmelze, so Postel. Nun komme es auf die Niederschläge im Frühsommer an: ‚Sollten die Niederschläge zu gering ausfallen, könnte eine Niedrigwassersituation im Sommer 2025 möglich sein.‘

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Klar ist: Dem Bodensee wird das Wasser nicht gänzlich ausgehen – und auch der Betrieb der Fähren, etwa zwischen Konstanz und Meersburg, ist noch nicht gefährdet. Besondere Perspektiven bietet das Niedrigwasser aber allemal, etwa am Ufer zwischen Hagnau und Sipplingen. Hier laden die Uferstreifen zu einzigartigen Spaziergängen ein.

Eine Landzunge, die es bei höherem Wasserstand nicht gibt. Hier streckt sie sich dem Betrachter im Bereich Brünnensbach in Überlingen ...
Eine Landzunge, die es bei höherem Wasserstand nicht gibt. Hier streckt sie sich dem Betrachter im Bereich Brünnensbach in Überlingen entgegen. | Bild: Stefan Hilser

Mit dem Bagger zur Insel: Der niedrige Wasserstand im Bodensee hat auch sein Gutes

Auch in Konstanz weicht vielerorts das Wasser. Mitunter kommen kleine Inseln zum Vorschein und an manchen Stellen fühlt es sich sogar so an, als könnten die Menschen ‚übers Wasser laufen‘. Am Seeende bei Bodman-Ludwigshafen gleicht die Landschaft einer Steinwüste – genau dort, wo vor kurzer Zeit noch Wasser war.

Steine, wo sonst Wasser ist: Dieses Bild gibt es gerade am Bodensee-Ufer in Ludwigshafen.
Steine, wo sonst Wasser ist: Dieses Bild gibt es gerade am Bodensee-Ufer in Ludwigshafen. | Bild: Gerald Jarausch

Ein ähnliches Bild zeigt sich am Untersee. Am alten Hafen in Moos kann derzeit aufgrund des niedrigen Wasserstandes kein Boot mehr anlegen, was die örtlichen Fischer vor Probleme stellt. Auch am Steg in Horn kann das einzige Boot, das dort noch zu finden ist, nur über einen steilen Schwemmsteg erreicht werden. Alle anderen Treppenabgänge hängen in der Luft über trockenem Seeuntergrund.

Fast schon dramatisch mutet die Situation auf der Schweizer Seite des Bodensees an. Der Pegelstand ist bei Berlingen so niedrig wie seit 40 Jahren nicht. Ein ganzer Hafen liegt auf dem Trockenen – und der Pegel wird wahrscheinlich noch weiter sinken.

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Das Niedrigwasser hat an manchen Stellen aber auch einen praktischen Nutzen: So kann die Insel Hoy bei Lindau ihre dringend benötigte Sanierung erhalten. Durch den niedrigen Pegelstand ist die Insel aktuell mit dem Festland verbunden, sodass Bagger und andere Fahrzeuge zum Einsatzort gelangen können. Mitte April 2025 waren die Arbeiten an der kleinsten Bodensee-Insel bereits fast abgeschlossen.

Reifenspuren im verlängerten Bodensee-Ufer: Seit Montag arbeiten die Mitarbeiter der Garten- und Tiefbaubetriebe Lindau an der Insel Hoy.
Reifenspuren im verlängerten Bodensee-Ufer: Seit Montag arbeiten die Mitarbeiter der Garten- und Tiefbaubetriebe Lindau an der Insel Hoy. | Bild: Simon Conrads

Während die Pegelstände natürlichen Schwankungen unterliegen, zeichnet sich bei der durchschnittlichen Temperatur des Bodensees ein klarer Trend ab: Deutschlands größter See wird immer wärmer. Lag die Oberflächentemperatur im Jahresmittel 1965 noch bei etwas mehr als 10 Grad, stieg sie bis zum Jahr 2018 auf über 13 Grad an.

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Was für Schwimmer und Badende sicher angenehm ist, hat für Tiere, Natur und Umwelt mitunter negative Folgen. Es zeigt sich: Der Klimawandel ist auch am Bodensee in vollem Gange.

Anblick erinnert an Korallenriffe

Selbst wenn der Bodensee viel weniger Wasser führt als sonst, verliert er seinen Zauber nicht – im Gegenteil! Das beweisen beeindruckende Luftbilder von SÜDKURIER-Fotograf Achim Mende. Spektakuläre Bilder zeigen hier die schönste Seite des Niedrigwassers am Bodensee.

Die Karibik? Nein, das ist der Bodensee aus der Vogelperspektive.
Die Karibik? Nein, das ist der Bodensee aus der Vogelperspektive. | Bild: Achim Mende

Inspiriert von der Dokumentation des Fernsehjournalisten Klaus Bednarz „Die Ballade vom Baikalsee“ hat Achim Menge zudem die Situation in einem Video eingefangen, das an die Südsee erinnert. Die außergewöhnlichen Aufnahmen sehen Sie hier:

Auch am nördlichen Ufer schimmern die Wasserlandschaften in eindrucksvollen Farben. Außerdem zeigt dieses Video, wie trocken es an unterschiedlichen Ufer-Abschnitten entlang des Sees derzeit aussieht. Ein Rundflug mit Bodensee-Pilot Gerhard Plessing liefert nicht minder außergewöhnliche Bilder.

Doch was genau verursacht eigentlich dieses Farbenspiel im flachen Wasser? Es ist nicht nur schön anzusehen, sondern verrät viel über das Leben im See – Experte Martin Wessels erklärt, was genau. Was schön aussieht, müffelt aber mitunter ziemlich unangenehm. Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) verrät, warum es am Bodensee stinkt, wenn der Pegel sinkt.

So trocknet die Region gerade aus

Selten war der Wasserstand des Bodensees so niedrig wie aktuell, doch neben dem niedrigen Pegel zeigen sich derzeit noch mehr Effekte in der ganzen Region: Es drohen Waldbrände und die Böden trocknen aus. Einen Überblick über die Lage sehen Sie hier. Und nicht nur der Bodensee führt weniger Wasser als gewöhnlich, auch der Pegel des Rheins liegt deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. Gleiches gilt für den berühmten Rheinfall in Schaffhausen.

Gänzlich anders stellte sich die Situation vor fast einem Jahr dar. Im Juni 2024 war die Region rund um den Bodensee von Hochwasser und Überschwemmungen betroffen. Der Blick in unser Bildarchiv zeigt den beeindruckenden Unterschied zum Frühjahr 2025.

Im Juni 2024 herrschte noch Hochwasser-Alarm an der Mole in Radolfzell.
Im Juni 2024 herrschte noch Hochwasser-Alarm an der Mole in Radolfzell. | Bild: Werner Vogt

Noch im Frühsommer 2024 waren die vielerorts Ufer geflutet, etwa in Radolfzell. Doch die Mole war damals fast vom Wasser geflutet, der Zugang zum Bodensee an vielen Stellen komplett gesperrt. Heute gibt es einen weiten Zugang in den See hinein. Und nicht nur in Radolfzell ist wegen der aktuellen Lage klar: Der niedrige Pegel schiebt den Start der Saison für Bootsbesitzer deutlich nach hinten.

Niedrigwasser am Bodensee: Für Spaziergänger ein Paradies, für Bootsbesitzer eher ein Ärgernis.
Niedrigwasser am Bodensee: Für Spaziergänger ein Paradies, für Bootsbesitzer eher ein Ärgernis. | Bild: Gerald Jarausch

Was ein Rundflug über den Überlinger See zeigt

Bodensee-Pilot Gerhard Plessing kennt den See wie kein anderer. Auch er findet die Perspektive und das Farbenspiel wegen des Niedrigwassers faszinierend. Diese Bilder offenbart ein Flug mit ihm über den See.

Ein Flug über den Überlinger See fördert derzeit außergewöhnliche Ansichten zutage.
Ein Flug über den Überlinger See fördert derzeit außergewöhnliche Ansichten zutage. | Bild: Stefan Hilser

Tauchen jetzt die Bodensee-Leichen auf?

Viele Menschen sind im Bodensee in den vergangenen Jahren zu Tode gekommen. Der niedrige Bodenseepegel bringt einiges zutage, was sonst im Verborgenen liegt – aber nicht alles. Warum für diese Gruselvorstellung kein Grund besteht.

Viel eher lohnt es sich, das Niedrigwasser für den Tourismus zu nutzen. Das findet die Tourist-Information aus Bodman-Ludwigshafen, die zusammen mit örtlichen Hoteliers eine Kampagne gestartet hat, um die schönen Seiten des Niedrigwassers zu zeigen. Die Organisatoren betonen dabei, dass der Klimawandel nicht verharmlost wird. Christoph Stolz, Bürgermeister von Bodman-Ludwigshafen, will vor Ort einen nachhaltigen Tourismus entwickeln, der auf die neuen Gegebenheiten eingeht.

Florian Hoyer vom Hotel Seehaus in Bodman und Christoph Stolz, Bürgermeister von Bodman-Ludwigshafen nutzen die Gelegenheit, als sie auf ...
Florian Hoyer vom Hotel Seehaus in Bodman und Christoph Stolz, Bürgermeister von Bodman-Ludwigshafen nutzen die Gelegenheit, als sie auf dem Teufelstisch stehen, um ein Selfie zu machen. | Bild: Dominique Hahn

Während die Touristiker das Beste aus der Situation machen, wird der niedrige Pegelstand für die Landwirte in der Region zum Problem. Das Niedrigwasser im Bodensee hat auch Auswirkungen auf die übrigen Gewässer, die derzeit ebenfalls weniger Wasser führen als üblich. Und wo kein Wasser ist, wächst bekanntlich auch weniger. Welche Auswirkungen das hat, lesen Sie hier.

Das Niedrigwasser wirft bei vielen Menschen in der Region Fragen auf: Was würde passieren, wenn der Pegel auf 0 Meter fällt? Wann steigt der Pegel des Bodensees wieder – und wie lange dauert es, bis der Wasserstand wieder Normalmaß erreicht hat?

„Das Wasser wird wieder kommen“, ist sich Meteorologe Jürgen Schmidt sicher. Ob das schon an den Ostertagen 2025 der Fall sein wird, erfahren Sie hier.