Vor dem IHK-Gebäude in Stuttgart trillern und pfeifen lautstark die S21-Gegner und rufen ihren Schlachtruf „oben bleiben, oben bleiben!“, drinnen verkündet DB-Infrastrukturvorstand Berthold Huber am späten Nachmittag der Presse, was schon längst durchgesickert war: Die Bahn wird den Betriebsbeginn im neuen Stuttgarter Tiefbahnhof und das gesamte Milliardenprojekt Stuttgart 21, bislang für Ende 2025 geplant, erneut um ein Jahr verschieben. Bis Ende 2026 soll der Schienenverkehr weiter oberirdisch in den Kopfbahnhof laufen.

Testbetrieb mit Passagieren

Auch der Schienennetzfahrplan für die kommenden 18 Monate soll damit auf Basis des bestehenden Kopfbahnhofs gemacht werden. „Das gibt den Fahrgästen maximale Fahrplansicherheit“, sagte Huber. Unterdessen sollen ab Ende 2025 in drei Stufen alle Teile von Stuttgart 21 sowie des neuen Digitalen Knotens in drei Abschnitten in den Testbetrieb gehen, auch durch den neuen Tiefbahnhof sollen dann testweise bereits Züge mit Fahrgästen geleitet werden.

„Wir werden den Digitalen Knoten sukzessive in Betreib nehmen“, begründete Huber diesen Schritt, „dadurch können wir immer auf die alte Infrastruktur zurückgreifen und immer einen stabilen Fahrplan erhalten. Die zusätzlichen Kosten durch die Verzögerung von geschätzt rund 100 Millionen Euro würden aber nicht zu einer Kostensteigerung des Gesamtprojekts führen, so Huber, sondern durch den bereits eingeplanten Puffer aufgefangen.

Hermann: „Kann funktionieren“

Auf diesen Vorschlag der DB hatten sich alle Projektpartner – das Land Baden-Württemberg, Stadt und Region Stuttgart sowie der Flughafen – in der Lenkungskreissitzung geeinigt. Für den baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ein akzeptabler Plan: „Stand heute, so, wie es geplant ist, kann es funktionieren“, sagte er. „Man kann als Projektpartner sagen, es ist gut, dass man rechtzeitig von überstürzten Inbetriebnahme-Terminen abgesehen hat. Das wäre hochriskant und mehr als ein Stolperstein gewesen.“ Der Kopfbahnhof sei die letzte Rettung, so Hermann.

Für die Anbindung der Gäubahn-Strecke an den Hauptbahnhof heißt diese Entscheidung zunächst: Sie ist bis Mai 2026 gesichert, dann soll der Bahndamm abgetragen werden. Bis zur Fertigstellung des Pfaffensteigtunnels – durch den über den neuen Flughafenbahnhof die spätere Direktverbindung zum Tiefbahnhof gehen soll – muss dann aus und nach Süden in Stuttgart-Vaihingen umgestiegen werden. Für den Tunnel plant die DB mit einer Bauzeit von 2026 bis Ende 2032. Ein Datum, auf das auch die Projektpartner drängen – das aber von Kritikern als völlig unrealistisch bezeichnet wird.

Huber versprach den Projektpartnern, die noch ungesicherte Finanzierung des Tunnels beim Bund energisch einzufordern. Dass derzeit noch zwei Klagen gegen die Kappung der Gäubahn beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängig sind, lässt den Bahn-Vorstand in Stuttgart kalt. „Dem stehe ich absolut gelassen entgegen“, sagte Huber, schließlich sei alles planfestgestellt.