Auch sechs Tage nachdem sich Singen im Ausnahmezustand befunden hat, gibt es weiterhin noch viele offene Fragen. Die Polizei ermittelt weiterhin gegen zwei Männer, die aber noch am Donnerstagabend auf freien Fuß gesetzt wurden. Vergangenen Donnerstag rückte schweres Gerät in die zweitgrößte Stadt des Landkreises Konstanz an, die Analytische Task Force (ATF) aus Mannheim wurde per Hubschrauber eingeflogen.

Am Abend gaben die Behörden dann Entwarnung: Es wurde kein Kampfstoff entdeckt, sondern ein anderer Reizstoff. Am Mittwoch gibt die Polizei bekannt, dass es sich dabei um Diethylenglykolmonobutylether handelt. Dieser wurde laut Sprecher Marcel Ferraro in der Tiefgarage in der Ekkehardstraße identifiziert.

Wie gefährlich ist C8H18O3?

C8H18O3, auch genannt Butyldiglycol oder Diethylenglykolmonobutylether (abgekürzt: DEGBE) wird laut der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) in verschiedenen industriellen und kommerziellen Anwendungen genutzt. DEGBE wird häufig in der Farben- und Lackindustrie als Lösungsmittel eingesetzt.

Außerdem ist es Bestandteil von Reinigungs- und Entfettungsmitteln für Auto, Glas oder Böden. Es wird nicht nur für Pflanzenschutzmittel oder Klebstoffe genutzt, sondern auch in kosmetischen und Körperpflegeprodukten wie Parfums oder Haarspray.

Großeinsatz in Singen: Hunderte Einsatzkräfte waren im Einsatz.
Großeinsatz in Singen: Hunderte Einsatzkräfte waren im Einsatz. | Bild: Elisa Gorontzy

Laut ECHA weist Butyldiglycol nur eine relativ niedrige akute Toxizität (Giftigkeit) aus. Es kann bei Kontakt mit Augen oder Haut schwere Reizungen verursachen. Wird es in Form von Dampf oder Aerosol eingeatmet, kann es die Atemwege reizen.

Bei hoher Konzentration können Kopfschmerzen, Schwindel oder Übelkeit auftreten. Darüber klagten auch mehrere Personen in Singen. Außerdem ist DEGBE wasserlöslich. Daher hat es geholfen, dass es an jenem Donnerstag geregnet hat, wie Kreisbrandmeister Andreas Egger bereits dem SÜDKURIER sagte.

Einen Liter für 22,99 Euro

Kurz gesagt: DEGBE ist ein reizender Stoff, aber kein Kampfstoff. Darum kann man es auch relativ einfach erhalten. Im Internet gibt es den Liter für 22,99 Euro. Wie es in die Tiefgarage in der Ekkehardstraße gelangte, steht unterdessen aber noch nicht fest. Ebenso ist weiter unklar, ob der Einsatz in der Tiefgarage mit dem Vorfall in einer Anwaltskanzlei zusammenhängt, in der zuvor zwei Maskierte eingedrungen waren und Reizgas versprühten.