Das schöne an Demokratien ist, dass selbst dann Debatten stattfinden, wenn sie den Mächtigen gar nicht in den Kram passen. Sie werden sogar erst dann richtig interessant. Das gilt nun auch für die Corona-Exit-Debatten: Winfried Kretschmann hat sie richtig schön aufgeladen – dank seiner Verweigerung, vor Ostern (es ist noch nicht mal Fasnacht!) überhaupt nur an ein Ende der Corona-Maßnahmen zu denken.

Spötter könnten sagen: Damit verspricht er immerhin mal Regelstabilität über mehr als zwei Monate, das gab es in Baden-Württemberg ja noch nie! Doch zum Lachen ist es nicht, wenn sich ein Ministerpräsident komplett aus einem Diskurs verabschiedet, den die Menschen im Land führen. Wenn er bewusst darauf verzichtet, auch einmal eine Botschaft der Hoffnung zu senden. Wahr ist: Kein Mensch kann sicher vorhersagen, was bis Mitte April passiert. Wahr ist aber auch: Nach einer Katastrophe sieht es derzeit nicht aus.

Kretschmann bestärkt einen meist falschen Eindruck

Immer mehr Bürger haben das Gefühl, dass Regeln nur aus politischer Willkür aufgestellt werden. Ein gefährlicher Eindruck, der oft falsch ist. Und doch bekräftigt Kretschmann mit seinen trotzig wirkenden Aussagen genau dieses Bild. Das ist politisch ungeschickt und auch im dritten Jahr der Pandemie mal wieder eine ganz schlechte Kommunikationsstrategie.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Ironie der Geschichte: Es liegt nicht wirklich in Kretschmanns Hand, wie die Corona-Regeln bis Ostern aussehen. Nicht nur, weil Gerichte im Zweifel die Regeln kassieren werden, wenn sie nicht mehr zu rechtfertigen sind – das kennt das Land ja bereits. Sondern auch, weil das Stufenkonzept ohnehin noch Lockerungen möglich macht.

In der niedrigsten Stufe ist dort unter 3G nahezu alles ohne Einschränkungen möglich. Die Intensivpatientenzahl könnte den nötigen Wert von 250 bald unterschreiten, die Hospitalisierungsinzidenz liegt allerdings noch deutlich zu hoch. Sinkt auch sie spürbar, macht sich das Land noch lockerer – ob es dem Ministerpräsidenten gefällt oder nicht.