Kurz bevor Matthias Helmke das Geld an die Betrügerin Marianne Z. überweist, fällt der Schwindel auf. Der SÜDKURIER-Mitarbeiter startet eine Bilder-Suche bei Google und landet einen Treffer. Die selben Fotos aus der traumhaften, aber viel zu günstigen Wohnung am Konstanzer Seerhein, werden für gefälschte Anzeigen in ganz Deutschland verwendet. Das Portal wg-gesucht.de löscht daraufhin den Account von Marianne Z.
Doch der Mann mit Bart will es dabei nicht belassen – und zeigt den Vorfall an. „Egal, ob die gefasst wird oder nicht. Das kann und will ich so nicht stehen lassen“, sagt Helmke.
Währenddessen drückt der Ermittler an seinem kleinen Aufnahmegerät herum. Klick, Klick, Ratsch. Alles bereit. Dann blickt er mit gerunzelter Stirn und gesenktem Kopf durch eine Plexiglasscheibe zu Matthias Helmke herüber.

„Ich muss sie belehren, dass Sie hier die Wahrheit sagen müssen“, sagt der Mann in Uniform an seinem Schreibtisch im Polizeipräsidium Konstanz. Helmke nickt. Der Polizist rückt seine Brille zurecht, drückt den Knopf und das rote Lämpchen leuchtet. Aufnahme läuft.
„Konstanz, 7.7.2020. Es folgt eine Geschädigtenvernehmung. Matthias Helmke. Weitere Personalien angelegt. Vorgangsnummer wird nachgereicht. Sachverhalt folgt“, rattert der Polizist die Formalien herunter.
Dann legt Matthias Helmke los. Er spricht von seiner verzweifelten Suche nach Wohnraum, den ersten Kontakt zu Marianne Z. und wie er den Betrug lieber spät als nie durchschaute.
Der Polizist nimmt die Aussagen zur Kenntnis, übersetzt sie anschließend in Beamtendeutsch – das Tonband immer fest im Griff. Hin und wieder wird pausiert. Der Polizist fragt nach Details. Logisch – viele klitzekleine Puzzleteile, die der Laie unwichtig findet, können entscheidend sein, um das Verbrecher-Bild zu vervollständigen.
Ermittler muss unerkannt bleiben
Der Polizist selbst muss in diesem Artikel anonym bleiben. Schließlich geht er Spuren nach – auch in Zivil. Verbrecher hätten einen Vorteil, wenn ihnen das Gesicht aus der Zeitung bekannt vorkommt.
Wenige Minuten später ist die Vernehmung beendet. Helmke fragt nach, während er dem Ermittler die Akte „Fake-Wohnung“ übergibt: „Wie stehen denn die Chancen, dass der Betrüger gefasst wird?“ Polizeisprecherin Tatjana Deggelmann neigt den Kopf. Sie macht Helmke keine große Hoffnung.

„Wir tun alles, um Licht ins Dunkel zu bringen. Aber bei Betrug im Internet ist es sehr schwer zu ermitteln. Die Aussichten auf Erfolg sind gering.“ Warum? Viele Betrüger leben außerhalb der Europäischen Union. Die meisten operieren in Afrika. Den Verbrechern von Deutschland aus das Handwerk zu legen, gleicht der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen.
Viele Betrüger sind außerdem Einzeltäter. Es fehlt im Vergleich zur Organisierten Kriminalität eine übergeordnete Struktur, an der sich Ermittler entlang hangeln können. Deshalb stellen sie nur bedingt Zusammenhänge einzelner Taten her.
Datenschutz erschwert Ermittlung
Verdeckte Personen, die Clanchefs den Rücken wenden, abtrünnig werden und auf die Seite der Gesetzeshüter wechseln, gibt es also nicht. Hinzu kommt: Daten, die Ermittler für die Recherche der IP-Adressen von Tätern brauchen, werden nach sieben Tagen gelöscht – wegen Datenschutz. Stichwort: Vorratsdatenspeicherung.
Umso wichtiger ist die Prävention. Damit Wohnungssuchende gar nicht erst zu Opfern werden, bietet die Verbraucherzentrale auf ihrer Internetseite zahlreiche Informationen zum Herunterladen an. Auch die Polizei hilft unter http://www.polizei-beratung.de weiter. Denn: gefälschte Wohnungsanzeigen zu erkennen, ist zwar schwierig – aber nicht unmöglich.