Im Winter ist ihr Gefieder weiß-grau, im Sommer zur Brutzeit bekommt sie ein schokoladenfarbiges Köpfchen. Mit ihrem markanten Ruf und dem orangenem Schnabel ist die zierliche Lachmöwe vom Bodensee nicht mehr wegzudenken und trägt jetzt auch einen besonderen Titel: Sie wurde kürzlich vom Verein Jordsand zum Seevogel des Jahres gekürt.

Seit zehn Jahren zeichnet der Naturschutzverein mit Sitz in Hamburg Seevögel aus und möchte so auf bedrohte Vogelarten aufmerksam machen. Die Lachmöwe ernannte man aufgrund der überregional stark rückläufigen Bestandszahlen. Auch am Bodensee ist ein derartiger Rückgang zu beobachten.

Lachmöwen werden auf Vogelgrippe untersucht

Alexander Köhler studiert Biologie in Konstanz. Mit Lachmöwen kommt er regelmäßig hautnah in Kontakt. Im Frühjahr hat er mit seiner Mit-Studentin Anna Schneider mühsam Lachmöwen eingefangen – alles für die Forschung.

Die Lachmöwe schaut ganz schön verdutzt – an ihr wird schließlich einiges untersucht, wie das Werkzeug im Hintergrund zeigt.
Die Lachmöwe schaut ganz schön verdutzt – an ihr wird schließlich einiges untersucht, wie das Werkzeug im Hintergrund zeigt. | Bild: Alexander Köhler

Auch in dem jetzigen Winter ist der Student wieder für das Radolfzeller Max-Planck-Institut im Einsatz und fängt Möwen – bislang ohne großen Erfolg. Seit Ende Oktober konnte man gerade einmal acht Möwen einfangen, „sehr wenig“, sagt Köhler, 100 bis 150 sollten es schon sein, um brauchbare Daten zu bekommen.

Jetzt im Dezember legt sich Köhler wieder auf die Lauer nach den Möwen, die zierlichen Seevögel sollen auf Vogelgrippeviren untersucht werden, um zu schauen, wie sich das Virus in den vergangenen Monaten entwickelt hat. Durch das Virus ist die Zahl der Lachmöwen am See nämlich stark nach unten gegangen, weiß Köhler, „das Virus hat einige Altvögel dahingerafft und sorgte für Ausfälle beim Bruterfolg.“

Erst in dieser Woche vermeldete der Schweizer Kanton Thurgau, dass bei einer anderen Möwenart, der Mittelmeermöwe, am Untersee das Virus wieder nachgewiesen wurde.

Lachmöwen-Bestand ist rückläufig am See

Und auch der Nabu bestätigt einen rückläufigen Bestand von Lachmöwen. Alle zehn Jahre etwa werde der Bestand gezählt, zuletzt 2020. Da wurden etwa 6000 Lachmöwen beobachtet, 1980 waren es wohl noch rund 14.000. Im Wollmatinger Ried sollen aktuell etwa zehn Paare leben, weiß Ornithologin Lisa Maier vom Nabu.

In der Ukraine wurde eine Lachmöwe vom Bodensee gesichtet. Der Biologie-Student Alexander Köhler freut sich darüber.
In der Ukraine wurde eine Lachmöwe vom Bodensee gesichtet. Der Biologie-Student Alexander Köhler freut sich darüber. | Bild: Marina Schölzel

Doch am Bestands-Rückgang sei nicht allein die Vogelgrippe schuld – sondern auch der Mensch. „Der Verlust von Brutplätzen ist das größte Problem“, sagt Maier. „Die Möwen brüten gern auf Kiesbänken und diese sind entweder bebaut oder zugewachsen.“

Und auch Wassersportler am Bodensee sind ein Problem, wenn diese etwa in die Flachwasserzone einfahren, was eigentlich verboten ist, stören sie die Vögel beim Brüten. Abhilfe schaffen könnte etwa ein künstliches Brutfloß, das koste etwa 10.000 Euro, sagt die Ornithologin.

Bodensee-Möwe fliegt bis in die Ukraine

Alexander Köhler freut sich währenddessen über eine bestimmte Möwe. Ende Januar habe er sie beringt, „nun saß sie wieder auf ihrem Pfosten“, sagt Köhler.

Alexander Köhler und Anna Schneider haben im Januar Lachmöwen gefangen, vermesst und fotografiert für wissenschaftliche Zwecke. In ...
Alexander Köhler und Anna Schneider haben im Januar Lachmöwen gefangen, vermesst und fotografiert für wissenschaftliche Zwecke. In diesem Winter will Alexander Köhler die Vögel auf Vogelgrippe-Viren untersuchen. | Bild: Rindt Claudia

So gibt es erste Ergebnisse aus den Forschungen vom Januar: Den kleinen Seevogel hat es zwischenzeitlich nämlich in die Ukraine verschlagen, dort wurde die Möwe zwei Mal im Abstand von etwa einem Monat von einem Vogelkundler gesichtet und gemeldet. Erkennbar sind die Bodensee-Möwen an ihren weißen Fußringen mit schwarzer Aufschrift. Vorne stehen meistens die Buchstaben AU oder AT.

Die Natur von einer anderen Seite kennenlernen

Andere Bodensee-Lachmöwen wurden vor rund einem Monat an der holländischen Küste gesichtet, zwei weitere haben den August auf der Insel Trischen vor der Nordseeküste verbracht. „Und die Jungvögel“, sagt Köhler, „haben sich die Schweizer Seen mal angeschaut.“ In die Ukraine sind es von Konstanz übrigens rund 2100 Kilometer – eine Flugleistung also, von der sich auch Köhler beeindruckt zeigt.

An der Lachmöwe hat er besonderen Gefallen gefunden: „Die Vögel sind wie so kleine Engel, die durch die Landschaft fliegen“, sagt Köhler und lacht verlegen.