Das brutale Tötungsdelikt vom vergangenen Samstagmittag sorgt im 900-Einwohner-Ort Liggersdorf, einem Teilort der Gemeinde Hohenfels für Fassungslosigkeit. Ein 46-Jähriger wurde in dem Ort im Nordosten des Kreises Konstanz mutmaßlich von einem 35 Jahre alten Mann auf schreckliche Weise getötet. Zwei Kinder erlitten schwere Verletzungen. Viele Fragen konnte die Polizei noch nicht beantworten. Einiges wissen die Ermittler aber jetzt schon. Wir fassen zusammen:
Was wir wissen
Ein 46-jähriger Vater wurde am Samstag gegen 12.30 Uhr in Hohenfels-Liggersdorf getötet. Zwei Kinder wurden schwer verletzt.
Das Wichtigste zuerst: Den beiden Kindern, einem Neun- und einem Zwölfjährigen, scheint es besser zu gehen. Sie befinden sich zwar noch auf der Intensivstation, schweben aber nicht mehr in Lebensgefahr. Bei den beiden Kindern handelt es sich laut Angaben der Polizei um die Kinder des Getöteten.
Die Polizei nahm kurz nach dem Tötungsdelikt einen dringend tatverdächtigen 35 Jahre alten Mann fest. Er wurde von der Polizei noch am Tatort, ebenfalls schwer verletzt, gefunden. Aus Ermittlerkreisen hört man, dass sich der Mann die Verletzungen teilweise selbst zugefügt haben soll. Auch er liegt auf der Intensivstation.
Die Polizei wurde von einem Zeugen gerufen. Er soll die Tat mitbekommen, allerdings nicht gesehen haben. Wie eine mit den Untersuchungen betrauten Person dem SÜDKURIER sagt, soll dieser Mann bislang der einzige sein, der zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt Angaben zur Tat machen kann. Vernehmungsfähig seien die beiden Kinder und der Tatverdächtige bislang noch nicht. Wann die Polizei diese drei Personen zum ersten Mal befragen kann, ist noch nicht klar.
Der SÜDKURIER bekam von Ermittlern die Information, dass der dringend Tatverdächtige schon bald in das Justizvollzugsgefängnis nach Hohenasperg verlegt werden soll. Das sei aber erst möglich, wenn er sich von den körperlichen Verletzungen erholt hat und stabil ist.
Polizisten sagen hinter vorgehaltener Hand, dass der Tatverdächtige früher einmal bei dem Getöteten angestellt gewesen sei. Ihm sei aber schon vor Jahren gekündigt worden. Aus den offiziellen Mitteilungen der Staatsanwaltschaft geht nur hervor, dass es zwischen mutmaßlichem Täter und Opfer eine, so wörtlich, „geschäftliche Beziehung“ gegeben haben haben soll.
Die Polizei vermutet, dass sich der dringend Tatverdächtige schon einige Tage vor der Tat in Hohenfels-Liggersdorf mit einer silbernen Audi A6 Limousine, Baujahr 2019, mit Coburger Kennzeichen (CO) aufgehalten haben soll.

Die Ermittler bitten um Mithilfe. Wer den mutmaßlichen Täter oder sein Auto am vergangenen Samstag oder zuvor gesehen hat und Angaben machen kann, soll sich bei der Kriminalpolizei Rottweil, Sonderkommission „Hohenfels“, unter der Telefonnummer 0741/4770, melden.
Im kleinen Teilort Liggersdorf sitzt der Schock auch knapp eine Woche nach der Tat immer noch tief. Im Gemeinderat wurde am vergangenen Mittwoch eine Gedenkminute gehalten.
Der SÜDKURIER erfuhr von Ermittlern und Polizisten, welche Tatwaffe und mit welcher Brutalität der Verdächtige vorgegangen sein soll. Aus Respekt vor den Opfern und den Angehörigen entschied sich die Redaktion, dazu vorerst keine Details zu veröffentlichen.
Was wir nicht wissen
Die entscheidenden Fragen, die sich die Ermittler gerade stellen: Warum tötete der Mann mutmaßlich einen Familienvater? Warum hat er es offenbar auch auf die Kinder abgesehen? Und warum ging der mutmaßliche Täter mit größtmöglicher Brutalität vor?
Zur Motivlage ist bislang nichts bekannt. Wie der SÜDKURIER aus Gesprächen mit Polizisten erfuhr, verunsichert diese Situation auch die Ermittler. Denn solange die Tatbeteiligten nicht vernehmungsfähig sind, können die Sicherheitsbehörden nur Theorien nachgehen.
Auch der Zeitpunkt der Tat scheint für die Ermittler noch nicht plausibel zu sein. Recherchen des SÜDKURIER ergaben, dass der Mann schon vor einigen Jahren vom Getöteten gekündigt worden sein soll. Wenn die Kündigung tatsächlich etwas mit der Tat zu tun haben sollte, stellt sich die Frage, warum der Mann gerade jetzt dafür Rache üben wollte. Vielleicht stecken aber auch ganz andere Gründe dahinter.
Unklar ist ebenfalls, woher der mutmaßliche Täter kommt. Sein Kennzeichen Coburg (CO) deutet zwar darauf hin, dass er in Nordbayern lebt. Eindeutig belegt, ist das jedoch nicht. Seit einigen Jahren können Autofahrer ihr altes Kennzeichen auch an einen neuen Melde-Ort übernehmen.
Die Polizei ist sich sicher, dass der 35-Jährige die schreckliche Tat von Hohenfels begangen hat. Warum die Ermittler trotzdem nach Zeugen suchen, die den Mann und dessen Auto vor der Tat gesehen haben könnten, ist nicht bekannt.
Eine naheliegende Theorie: Um dem dringenden Tatverdächtigen einen Mord nachzuweisen, müssen sogenannte Mordmerkmale erfüllt sein. Eines dieser Merkmale ist, dass die Tat im Vorfeld minutiös geplant wurde. Sollte die Tat im Affekt passiert sein, käme für ein Gericht auch Totschlag in Betracht. Bei Mord droht lebenslange Haft. Bei Totschlag hingegen nur maximal 15 Jahre. Ob der 35-Jährige die Tat wirklich begangen hat, muss ein Gericht entscheiden. Bis dahin gilt auch für den dringend tatverdächtigen Schwerverletzten die Unschuldsvermutung.