Die Regeln für Geimpfte bleiben locker, für Ungeimpfte wird es aber immer ungemütlicher. So gilt in Baden-Württemberg nun, dass in fast allen Innenräumen – also Gastronomie, Kultureinrichtungen oder Fitnessstudios – ein 3G-Nachweis vorzulegen ist. Einlass erhält nur noch, wer geimpft, genesen oder negativ auf Corona getestet ist. Doch es gibt ein Problem.

Vorgaben des Landes und des Bundes kollidieren

Denn für die Beschäftigten gelten weiterhin die Vorgaben der Sars-Cov-2-Arbeitsschutzverordnung. So muss der Arbeitgeber zwar den Beschäftigen mindestens zweimal pro Woche kostenfrei einen Test anbieten – die Mitarbeiter sind jedoch nicht verpflichtet, dieses Angebot auch anzunehmen. Sprich: Für Besucher gelten die 3G, während die Beschäftigten nicht einmal negativ auf Corona getestet sein müssen. 

Sollte nun auch noch die vieldiskutierte 2G-Regel flächendeckend eingeführt werden, dürften Ungeimpfte in entsprechenden Einrichtungen eigentlich nicht mehr arbeiten. Kontrollieren kann das allerdings niemand, da die Abfrage des Impfstatus in Deutschland bei Beschäftigten nicht zulässig ist. Nur in Schulen, Kindergärten und Heimen soll sich das nach dem Willen der Bundesregierung nun ändern und die Abfrage möglich werden. In andere Bereichen droht Chaos.

Sozialministerium fordert Abfrage des Impfstatus durch den Arbeitgeber

Uwe Lahl, Amtschef des baden-württembergischen Sozialministeriums, fordert deshalb, dass sich das ändert. Doch hier ist nicht das Land, sondern der Bund zuständig. Das Ministerium hat den Bund deshalb aufgefordert, bei der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes eine Rechtsgrundlage für die Abfrage des Impfstatus einzuführen. Bisher gebe es laut einem Brief von Lahl an das Bundesgesundheitsministerium lediglich für Arztpraxen und Krankenhäuser die Möglichkeit, den Impfstatus ihrer Beschäftigten zu prüfen.

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Uwe Lahl schreibt in dem Brief, der dem SÜDKURIER vorliegt: „Aufgrund dieser Diskrepanz zwischen einer rechtsverbindlichen 3-G-Nachweispflicht im Publikumsverkehr einerseits und einer bloßen Angebotspflicht des Arbeitgebers sieht das Sozialministerium Baden-Württemberg einen dringenden Handlungsbedarf.“ So prüfe man derzeit, wie eine Rechtsgrundlage für eine konsequente Testpflicht für Beschäftige erlassen werden könne. In Baden-Württemberg gilt diese bisher nur in bestimmten Bereichen, beispielsweise im Pflegebereich. Nötig sei dafür allerdings nach Auffassung des Ministeriums, dass der Arbeitgeber erfahren können muss, welcher Mitarbeiter überhaupt einer Testpflicht unterliegt. Das bedeutet im Umkehrschluss: Er muss den Impfstatus seiner Beschäftigen einsehen können.

Uwe Lahl, Amtschef des baden-württembergischen Sozialministeriums.
Uwe Lahl, Amtschef des baden-württembergischen Sozialministeriums. | Bild: Ministerium/Sebastian Berger

Das dies jedoch mit Blick auf den Datenschutz und der Verarbeitung von Gesundheitsdaten hohen Hürden unterliegt, bedarf es einer Rechtsgrundlage im Infektionsschutzgesetz auf Bundesebene. Deshalb fordert das Schreiben, dass diese Ermächtigung auszuweiten sei. Das gelte besonders für Bereiche „in denen aufgrund eines erhöhten Publikumsverkehr oder dem Kontakt mit vulnerablen Gruppen ein höheres Infektionsrisiko besteht.“ Am Wichtigsten sei das vor allem zum Schutz der vulnerablen Gruppen in Pflegeeinrichtungen, doch künftig könnten noch weitere, kontaktintensive Bereiche des öffentlichen Lebens hinzukommen.

Auch in anderen Bereichen vorstellbar

Auf Nachfrage konkretisiert Uwe Lahl gegenüber dem SÜDKURIER diese Bereiche. „Zuallererst muss die Auskunftspflicht von Krankenhäusern erweitert werden auf Pflegeheime und ähnliche Einrichtungen, also vor allem dort, wo vulnerable Gruppen durch Nicht-Geimpfte gefährdet sind“, sagt Lahl. „Ich kann mir eine Auskunftspflicht auch in Schulen und Kitas vorstellen, beispielsweise für Lehrer und Erzieher, nicht-geimpftes Personal stellt eine hohe Gefahr für unsere Kinder dar.“

Bestimmte Bereiche der Wirtschaft, wo erfahrungsgemäß eine hohe Infektionsgefahr besteht, beispielsweise Schlachtereien, seien ebenfalls denkbar. Vorstellbar sei es, bei entsprechendem Infektionsgeschehen, dies auch auf die Gastronomie und andere Bereiche auszudehnen. Allerdings nur für den Zeitraum, wo die Infektionen ein zu hohes Niveau aufweisen.

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Als Maßgabe für das Infektionsgeschehen soll im Südwesten hierbei wohl die Intensivbettenbelegung unter Berücksichtigung anderer Faktoren herangezogen werden. Als Warnwert werden hierbei 300 Intensivbetten im Land diskutiert. Sollten diese belegt sein, müsse man spätestens dann auf die 2G-Regel umsteigen, eine erste Warnstufe könnte es ab 200 Bettenbelegungen geben, so Lahl. Auch Kontaktbeschränkungen für Nicht-Geimpfte seien dann denkbar. Da die Bundesregierung die Hospitalisierung zum Leitindikator normiert hat, wird eine Ergänzung der geplanten Regelung notwendig.

Der Amtsidrektor sagt darüber hinaus, dass bei einer Einführung der 2G-Regel die Beschäftigten in den Betrieben geimpft seien sollten, ansonsten sei durch einen PCR-Test ein „gleiches Sicherheitsverhältnis herzustellen“. Dieser Test müsse dann auch verpflichtend von den Arbeitnehmern wahrgenommen werden.

Das sagen die Arbeitgeber

Die deutschen Arbeitgeberverbände fordern derweil eine verbindliche Information der Arbeitgeber über den Impfstatus ihrer Beschäftigen. Laut Daniel Ohl, Pressesprecher des Dehoga Baden-Württemberg, schließt sich der Hotel- und Gaststättenverband dieser Forderung an. Allerdings macht er klar: „Verschärfende Regelungen, die das Gastgewerbe treffen, aber andere Branchen nicht, lehnt der Dehoga daher ab, da kein spezifisches hohes Infektionsrisiko festzustellen ist.“ Auch deshalb lehne man eine generelle Testpflicht des Gastgewerbes ab. Wenn diese eingeführt werde, dann branchenübergreifend, so Ohl.

Langsam scheint Bewegung in die Problematik der Impfabfrage zu kommen. So sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Montagabend, dass er sich vorstellen könne, dass Arbeitgeber bald nach dem Impfstatus ihrer Mitarbeiter fragen dürfen. „Ich tendiere zunehmend zu ja“, sagte er. „Wenn alle im Großraumbüro geimpft sind, kann ich damit anders umgehen, als wenn 50 Prozent nicht geimpft sind.“ Allerdings ist weiterhin nicht klar, ob und wie eine Rechtsgrundlage für eine solche Regelung mit Blick auf den Datenschutz überhaupt geschaffen werden könnte.