Schlechte Nachrichten für Rentner und Rentnerinnen in Süddeutschland: Sie haben bundesweit am wenigsten von ihrem Geld. Das zumindest besagt eine jüngste Studie von Prognos, die der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) in Auftrag gegeben hatte. Gegenstimmen zweifeln die Aussagekraft der Analyse jedoch an.
Aber mal von vorn: Wie viel sich Senioren in Deutschland leisten können, hängt nicht nur von der Höhe ihrer Rente ab, sondern auch von den Lebenshaltungskosten vor Ort. Aus beidem ergibt sich die sogenannte Rentenkaufkraft. Sie zeigt, wie viel der regionale Rentenzahlbetrag vor Ort wert sei, erklärt Studienleiter Oliver Ehrentraut. „Niedrige Preise werten die Rente auf – und umgekehrt.“
Regional variiert diese Kaufkraft der Studie zufolge um bis zu 70 Prozent. Dafür sorgten vor allem die unterschiedlichen Mietpreise, erklärt Ehrentraut weiter. „Am härtesten trifft es diejenigen, bei denen niedrige Rentenansprüche und hohe Lebenshaltungskosten zusammenkommen.“
Genau das ist in vielen Regionen Süddeutschlands der Fall – denn dort ist die durchschnittliche Rentenkaufkraft besonders gering. Hinter dem Eifelkreis sind Garmisch-Patenkirchen, das Berchtesgadener Land sowie die Städte Regensburg und Freiburg mit je 862 Euro die Regionen mit der geringsten Kaufkraft. Grund sind der Studie zufolge die hohen Lebenshaltungskosten und Mieten.
Baden-Württemberg schneidet unterdurchschnittlich ab
Auch in Baden-Württemberg ist die Kaufkraft der Renten vergleichsweise gering. In lediglich 14 der 44 Stadt- und Landkreise liegt sie über dem Bundesdurchschnitt von 1036 Euro. In Waldshut stehen Senioren preisbereinigt beispielsweise nur 871 Euro zur Verfügung, womit der Landkreis landesweit den drittletzten Platz belegt. Mit 913 Euro ist der Landkreis Konstanz ebenso unter den fünf Regionen mit der geringsten Kaufkraft zu finden.Was an den Daten aus Baden-Württemberg zudem auffällt: Das Gefälle der Rentenkaufkraft ist hier besonders hoch. Mit Freiburg, Lörrach und Waldshut zählen gleich drei Gebiete aus dem Südwesten zu den zehn Regionen Deutschlands, in denen der Rentenwert am niedrigsten ist. Der Unterschied in der Kaufkraft zwischen dem Spitzenreiter Zollernalbkreis und dem Schlusslicht Freiburg beträgt rund 28 Prozent – das ist nach Bayern das zweitgrößte Gefälle in einem Bundesland.
Höchste Kaufkraft in Ostdeutschland
In Ostdeutschland haben Rentner der Studie zufolge hingegen am meisten von ihrem Geld. Dort „treffen höhere Renten auf niedrigere Lebenshaltungskosten“, sagt Studienleiter Ehrentraut. Auf Platz eins der Liste liegt die thüringische Stadt Gera. Dort beträgt die Rentenkaufkraft 1437 Euro – und liegt damit ganze 400 Euro über dem Bundesdurchschnitt. Darauf folgt das sächsische Chemnitz, den dritten Platz belegt Cottbus.
Zweifel an Aussagekraft der Studie
Die Deutsche Rentenversicherung kritisierte die Studie. Ihre Aussagekraft sei als eher begrenzt anzusehen, heißt es in einer jüngsten Stellungnahme der Institution. Das sei insbesondere deshalb der Fall, weil lediglich die Rentenzahlbeträge in die Berechnung einfließen, nicht aber sonstige Einkünfte wie Erbschaften oder Mieteinnahmen.
Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen ist da anderer Meinung. Der Professor merkt an, dass es „gar keine regionalisierten Erbschaftskarteien“ gebe, um einen solchen Wert einbeziehen zu können.

Auch, dass der GDV aus der Studie schlussfolgere, eine private Rentenversicherung sei nötig, findet Raffelhüschen nicht bedenklich. „Dass der Verband zur privaten Rentenversicherung rät, ist wenig überraschend. Das ist schließlich deren Interesse.“ Und auch der Professor betont: „Ich kenne niemanden, der sich gänzlich auf die gesetzliche Rente verlassen sollte.“
Zudem stehe auf jedem Rentenbescheid, ‚dass die gesetzliche Rentenversicherung keine Lebensstandardsicherung ist‘, warnt Raffelhüschen. Nur eine Kombination aus betrieblicher, privater und gesetzlicher Versicherung sei eine verlässliche Altersvorsorge.
Sind Rentner im Süden nun wirklich ärmer?
Stehen ältere Menschen in Süddeutschland also tatsächlich schlechter da? Nein, meint Phillip Toussaint. „Die Zahlen der Studie will ich gar nicht anzweifeln“, sagt der Volkswirt, der an der Universität Freiburg zum Thema Alterssicherung forscht. Jedoch müsse man beachten, dass Prognos lediglich die gesetzliche Rentenversicherung berücksichtigt. Das sei nicht etwa mangelnde Wissenschaftlichkeit. „Es ist sehr schwierig, die Daten zu Alterseinkünften umfassend darzustellen“, sagt der Experte. Denn: „Es gibt keinen Datensatz, der alle Renteneinkünfte vereint.“
Erhebliche Unterschiede sehe man beispielsweise, wenn man ausschließlich die private Rentenversicherung betrachte. Die zweite und dritte Schicht – also die betriebliche und private Vorsorge – seien im Osten weniger ausgeprägt als beispielsweise im Süden, so der Volkswirt. Das zumindest besagt die wissenschaftliche Analyse zukünftiger Alterseinkommen, die Toussaint kürzlich veröffentlicht hat. Die Studie richte sich zwar an die Rentner der Zukunft, betont er, aber „das lässt sich auch für die heutigen Rentner feststellen.“