Das Häusle verkaufen, wenn es im Alter eigentlich zu groß geworden ist? Das war für die meisten Rentner in den letzten Jahre undenkbar. Wozu auch, wenn das Eigenheim abbezahlt ist, man sich dort wohlfühlt, sein soziales Umfeld hat, den eigenen Garten genießt? Nun aber kommt Bewegung in den Markt. „Die politischen Diskussionen rund um Heizungstausch und energetische Sanierungen haben natürlich zu extremen Verunsicherungen geführt in den letzten Monaten“, sagt Markus Staiber, Professor für Immobilienwirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen.

Gestiegene Nebenkosten, Lebensmittelpreise und Handwerkerkosten: „Da muss man sich ehrlich die Frage stellen, ob man die finanziellen Belastungen noch stemmen kann, gerade als Rentner“, so Staiber.

Makler: Reges Interesse von Älteren am Hausverkauf

Auch bei den Maklern in der Region macht sich die Verunsicherung älterer Hausbesitzer bemerkbar. „Bei uns haben sich deutlich mehr Leute gemeldet, die eine Wertermittlung vornehmen lassen oder mit dem Gedanken spielen, zu verkaufen“, sagt beispielsweise Frank Renz, Geschäftsführer der Rewa-Immobilien mit Sitz in Radolfzell und Konstanz. Deren Überlegung: In eine Mietwohnung ziehen, in der die Kosten besser überschaubar sind.

Klassische Bestandsimmobilien. Was sind sie wert?
Klassische Bestandsimmobilien. Was sind sie wert? | Bild: Harald Tittel, dpa

Zahl der angebotenen Häuser steigt

Die Folge: Immobilienportale und Makler haben plötzlich wieder jene Einfamilienhäuser im Angebot, nach denen junge Familien in den vergangenen Jahren so oft vergeblich gesucht haben. Käufer zu finden, ist derzeit dennoch schwer. Denn aufgrund der gestiegenen Zinsen, gestiegenen Lebenshaltungskosten und gestiegenen Handwerkerleistungen können viele Familien eine Finanzierung nicht mehr stemmen.

Dagmar Leberer, Geschäftsführerin der Leberer Immobilien GmbH in Überlingen, beobachtet bei der jungen Generation noch etwas anderes. „Viele sind nicht mehr dazu bereit, auf mehrere Urlaube im Jahr zu verzichten oder auf teure Hobbies, nur um sich ein Haus zu kaufen.“ Die „Schaffe, schaffe, Häusle bauen“-Mentalität, die es früher gab, sei ein Stück weit verloren gegangen. „In den 80er-Jahren gab es deutlich geringere Einkommen, keine staatliche Förderung und noch höhere Zinssätze als heute und man hat trotzdem ein Haus gekauft. Aber es war eben klar, dass man dafür eine Weile auf andere Dinge verzichten muss.“

Maklerin: Preise sind im Vergleich zu 2011 deutlich gefallen

Wer derzeit ein Eigenheim verkaufen möchte, muss damit rechnen, dass der Verkauf dauert. Und sich darauf einstellen, dass nicht mehr unbedingt der Wunschpreis erzielt wird. „Wer derzeit verkaufen möchte, muss damit rechnen, dass die Preise etwa 20 Prozent unter dem liegen, was man noch im Jahr 2011 für die Immobilie bekommen hätte“, sagt Staiber.

Auch das verunsichert die Rentner-Generation, die sich mit Verkaufsgedanken trägt. Zu Unrecht, findet Staiber. „Den richtigen Zeitpunkt erwischt man ohnehin nie, weil keiner in die Zukunft blicken kann. Aber wer jetzt verkauft, macht dennoch ein massives Plus im Vergleich zu dem Zeitpunkt, zu dem die Immobilie vor 30, 40 Jahren erworben wurde.“ Ein Verkauf sei deshalb nach wie vor ein gutes Geschäft.

Neue Bauplätze sind rar. Viele Familien ziehen daher in Bestandsimmobilien.
Neue Bauplätze sind rar. Viele Familien ziehen daher in Bestandsimmobilien. | Bild: Adobe Stock

So oder so sollten Rentner Markus Staiber zufolge nun weder in Panik verfallen, noch aus Panik heraus vorschnell verkaufen. „Wie bei den Heizungen zuletzt gesehen, gibt es am Ende ja doch genügend Ausnahmen und Lösungen für alle“, so Staiber.

Ziehen Erben ein?

Wer keine Erben habe, für den sei eine eigene Immobilie vor allem gebundenes Kapital, mit dem er nichts anfangen könne. „Verkauft man diese und geht in Miete, hat man Geld auf dem Konto, mit dem man die verbleibenden Lebensjahre genießen kann“, sagt Staiber. Vorausgesetzt, man findet eine passende Mietwohnung. „Neue Wohnungen werden ja kaum mehr gebaut. Und die Familien, die sich derzeit kein Haus leisten können, ziehen aus vielleicht passenden Wohnungen auch nicht aus. Das ist ein Teufelskreis“, sagt Renz.

Wer als Rentner deshalb doch noch ein paar Jahre länger in seinem Haus bleibt, kommt meist um die Frage nicht herum: Noch Geld ins Haus stecken für Modernisierungen? „Man sollte das nicht aus dem Gedanken heraus machen, dass man dadurch den Wert steigert und viel wieder rausbekommt, wenn man viel reinsteckt“, so Staiber.

Denn womöglich habe der spätere Käufer dann einen anderen Geschmack was Küche oder Bad angeht. Stattdessen würde er sich überlegen, was einem die Maßnahme selbst bringe. „Wenn ich mir eine schöne neue Küche einbaue oder ein altersgerechtes Bad und ich habe damit selbst noch ein paar Jahre eine Freude, dann ist das ja auch etwas.“