Für Klaus-Peter Rudiger steht eines felsenfest: Der Belchen ist der schönste Berg im Schwarzwald. Auf den Belchen gehört auch eine ordentliche Wirtschaft und ein Gästebett. Hier fängt das Übel an: Auf dem 1414 Meter hohen Kegel im Südschwarzwald kann man einen Teller Pommes sowie ein Tannenzäpfle erwerben, aber nicht übernachten.
Obwohl das Belchenhaus mit seinen drei Stockwerken genug Platz bietet, darf der Wirt kein Zimmer aufsperren. Er bekommt seit Jahren keine Baugenehmigung für das 150 Jahre alte Hotel.

Es geht um 16 alte Zimmer und einen Neubau
Rudiger ist der Wirt und zugleich Haupteigentümer der Belchen GmbH, der Haus und Seilbahn gehören. Die Sanierungspläne für die 16 Zimmer treiben ihn schon seit Jahren. Den letzten Antrag reichte er 2019 ein, er umfasste die Erneuerung der alten Zimmer und sah einen neuen Anbau vor. Letzterer macht macht das Vorhaben kompliziert. Denn mit jedem Quadratmeter, der hier bebaut wird, geht ein Quadratmeter Natur verloren. Das alarmiert die einschlägigen Abteilungen im Landratsamt Lörrach und im Regierungspräsidium. Naturschutz ist ihre Aufgabe.

Rüdiger, mittlerweile 70, fühlt sich nicht mehr ernst genommen. „Als kleine Unternehmer kriegen wir nur Knüppel in den Weg“, sagt er dem SÜDKURIER. Kaum hat er einen amtlichen Einwand ausgeräumt, stehe bereits die nächste Hürde parat. „Im Landratsamt schiebt jeder den Ball weiter“, sagt er.
Jetzt sind auch noch Fledermäuse im Anflug
Dabei zeige er doch guten Willen. Er wolle 8,5 Millionen Euro investieren, um den attraktiven Berg auch für Übernachtungen zu öffnen und nicht auf Tagestouren zu beschränken. Die neueste Entdeckung des Landratsamtes: Kolonien von Fledermäusen nisten hier.

Die gescholtenen Beamten kontern nüchtern. Das Amt für Baurecht in Lörrach sieht „viele Widersprüche in den vorgelegten Unterlagen.“ Das berichtet Amtsleiterin Nicole Issle-Burger, und: „Da sind noch einige Baustellen.“ Am Belchenhaus werde nicht nur saniert, sondern manches neu gebaut. „Die Auswirkungen summieren sich“, sagt die Amtsleiterin dazu, es werde kein Ausgleich für die Eingriffe geschaffen.
Am besten wäre, dass man nichts verändert
Das Glück des Belchenhauses ist zugleich das Pech für seine Eigentümer: Sie dürfen fast nichts verändern. Der schöne Berg liegt im Fadenkreuz aller naturschützenden Maßnahmen. Von Natura 2000 bis FFH (Flora-Fauna-Habitat) gelten hier höchste Standards. Den Belchen dürfte man am besten gar nicht betreten und schon gar nicht verbauen. Ein Millionenprojekt hätte das einfache Steinhaus stark verändert.

Vor 20 Jahren gelang etwas Seltenes, zu dem auch der Bergwirt Rudiger seinen Beitrag leistete: Die Kuppe wurde von Autos, Motorräder und Bussen befreit. Nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad gelangt man nach oben. Besuchermassen wie am Feldberg wird man am Belchen nicht vorfinden. Auch kein Parkhaus, das den Verkehr erst recht anlockt.
Der Belchen ist nicht nur am Sonntag autofrei
Der zweite Coup war der günstige Erwerb einer Seilbahn. Von Multen fährt man seitdem in dottergelben Gondeln nach oben. Die Anlage stammt von der Weltausstellung 2000 in Hannover.
Kaum war die Expo beendet, wurde die Bahn dort abgebaut und im südlichen Schwarzwald aufgestellt. Sie wird vor allem im Sommer genutzt. „Es ist gut, dass keine Autos fahren“, sagt Rudiger. Es ist ein Unterschied, ob man mit der Gondel anschwebt oder im Parkhaus aussteigt.

Politiker geben sich die Türklinke in die Hand
Inzwischen hat er die Lust verloren. „Ich sehe das mittlerweile locker“, sagt er. Zahlreiche Politiker waren am Berg und in seinem Gasthaus, und alle befürworteten eine Wiedereröffnung. Geschehen ist seitdem nichts außer einem Architektenwettbewerb, der ihn viel Geld kostete und ein Modell einbrachte, das er nicht umsetzen darf. Das Warten auf das nächste Gutachten zermürbt ihn zunehmend. Seine Tochter Julia steht bereit, sie würde übernehmen, sobald etwas vorwärts geht. Ansonsten wird Rudiger irgendwann hinwerfen.