Am Nachmittag des 20. März 2024 wird es plötzlich unruhig auf der Autofähre nach Konstanz. „Da draußen ist ein Mann mit Pistole!“, ruft eine Frau. Dann geht alles sehr schnell: Zivilbeamte setzen Sturmhauben auf, ziehen Waffen, überwältigen einen Mann, der wenig später abgeführt wird. So beschreibt es ein Augenzeuge dem Südkurier damals. Jetzt steht fest: Es ist der Moment, in dem die monatelangen Ermittlungen der Kriminalpolizei in einer spektakulären Festnahme gipfeln – mitten auf dem Bodensee.
Es war ein Einsatz, der für Gesprächsstoff um den See sorgte. Die ermittelnden Stellen hielten sich mit Informationen zurück. Jedes Detail könne die Ermittlungen gefährden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Konstanz. Später sickerte durch: Es ging um harte Drogen.
Inzwischen sitzen die Festgenommenen hinter Gittern, sie wurden rechtskräftig verurteilt. Auch der Grund für die damalige Zurückhaltung wird klar: Von den Zulieferern und Verteilern der Drogen kannten die Ermittler zunächst nur die Vornamen. Inzwischen sind auch sie überführt, Verfahren laufen teils noch.
Bar in Petershausen wird Kokain-Zentrale
Was im März 2024 kaum jemand wusste: Der Zugriff galt einem 33-jährigen Mann, der in einem Urteil des Amtsgerichts Konstanz vom 7. Oktober auftaucht und einst eine Bar führte.
Zusammen mit seinem Bruder hatte er laut Gericht von Sommer 2023 bis März 2024 im Raum Konstanz mit Kokain gehandelt – teils in großen Mengen, organisiert und arbeitsteilig. Ihre Zentrale: eine Bar im Konstanzer Stadtteil Petershausen, die kaum bis keine Umsätze generierte. Und inzwischen auch nicht mehr existiert.
Nachschub aus zwei Ländern
Die Polizei war den Brüdern schon länger auf der Spur. Bereits im Spätsommer 2023 hatte ein verdeckter Ermittler erstmals Kontakt zum jüngeren Bruder aufgenommen – in der Bar bot dieser dem Beamten bis zu 200 Gramm Kokain an. In der Folge kam es zu zahlreichen dokumentierten Verkäufen. Das verkaufte Kokain wies teils außergewöhnlich hohe Wirkstoffgehalte auf.

Mit den Brüdern stand auch eine Frau vor Gericht. Immer wieder wurde ihre Wohnung zur Lagerstätte und Verkaufsort. Die Ermittler dokumentierten eine Vielzahl an Übergaben, aus denen sich ein erheblicher Umsatz ergab: Allein im Zeitraum von Dezember bis März verkauften die Brüder laut Gericht Dutzende Einzelmengen. Nachschub holten sie im Raum Ravensburg, Markdorf, Stockach oder aus der Schweiz. Insgesamt sollen die Brüder fast 40.000 Euro eingenommen haben.
Alle waren geständig
Der Zugriff am 20. März war kein Zufall. An diesem Tag transportierte der 33-Jährige knapp 50 Gramm Kokain in einem silbernen Mercedes – genau jenem Wagen, den die Polizei kurz darauf von der Fähre fuhr. In der Fahrertür lag ein Pfefferspray.
Die scharfe Waffe, die er laut Urteil illegal besaß, hatte er jedoch nicht dabei. Er hatte sie noch am selben Tag gegen eine südosteuropäische Pistole vom Typ TT Zastava tauschen wollen. Dazu kam es aber nicht, weil Spezialkräfte mit gezogener Waffe auf der Fähre zugriffen.
Mitte Oktober erging das Urteil: Der 33-Jährige wurde zu zwei Jahren und elf Monaten Haft verurteilt, sein drei Jahre älterer Bruder erhielt zwei Jahre und fünf Monate. Die dritte Beteiligte kam mit einer Bewährungsstrafe davon. Dem Urteil ging ein Deal voraus, alle drei legten ein Geständnis ab.