Ein paar Tage liegt die US-Präsidentschaftswahl nun zurück. Für viele Experten, Wähler und Beobachter aus aller Welt ist der erneute Wahlerfolg Donald Trumps noch immer ein Schock. Welche Folgen hat der erneute Aufstieg Trumps zum mächtigsten Mann der Welt nun für die Vereinigten Staaten, aber auch Deutschland und den Rest des Planeten? Diese Frage treibt auch Amerikaner um, die bei uns in der Region leben.

„Kann nicht verstehen, wie irgendwer ihn unterstützen kann

„Donald Trump ist für mich eine Gefahr für die Demokratie“, sagt etwa der amerikanische Politikwissenschaftler Robert Ogman. Der 46-jährige New Yorker lebt in Konstanz und hat Trumps demokratische Kontrahentin Kamala Harris gewählt. Dass er keinen Respekt für Demokratie hat, habe der Republikaner gezeigt, als er seine Unterstützer zum Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 anstachelte.

„Seine Haltung und Aussagen gegenüber Minderheiten und Frauen zeigen mir zudem, dass er keinen moralischen Kompass hat“, sagt Ogman weiter. Für ihn ist auch besorgniserregend, dass Trump von rechtsradikalen Organisationen unterstützt wird.

Politikwissenschaftler Robert Ogman aus Konstanz
Politikwissenschaftler Robert Ogman aus Konstanz | Bild: Dominique Brewing

Ähnlich blickt auch Lisa Burmeister aus Rielasingen auf den Wahlerfolg Trumps. Die 35-Jährige hat Familie im Bundesstaat Florida und wollte sich auch zur Wahl registrieren. Doch das hat im Heimatstaat von Burmeisters Vater nicht funktioniert. Sie hätte, wie ihr Vater es tat, ihr Kreuz bei Demokratin Harris gesetzt.

„Trump sehe ich überhaupt nicht als Alternative“, sagt Lisa Burmeister. Nachvollziehen kann sie nicht, dass jemand als Angeklagter und in einzelnen Fällen auch verurteilter Straftäter überhaupt auf dem Wahlzettel stehen durfte. „Ich kann nicht nachvollziehen, wie irgendwer ihn unterstützen kann.“

Dass es für Kamala Harris nicht gereicht hat, enttäuscht die 35-Jährige nicht nur, weil deswegen nun Trump Präsident wird. „Ich glaube, manche Männer in den USA haben Hemmungen, eine Frau zu wählen.“ Auch Robert Ogman sagt, seine Stimme war nicht nur eine gegen Trump, sondern für ein Amerika unter Harris: „Sie hatte eine positive Vision für die Zukunft. Das hat mir gefallen. Leider hatte sie aufgrund der Umstände nicht viel Zeit, diese auch ausreichend darzulegen.“ Nur 107 Tage hatte Harris nach Präsident Joe Bidens Rückzug Zeit, Wähler zu gewinnen.

Lisa Burmeister aus Rielasingen hat die deutsche und die amerikanische Staatsbürgerschaft und wollte dieses Jahr in Florida, dem ...
Lisa Burmeister aus Rielasingen hat die deutsche und die amerikanische Staatsbürgerschaft und wollte dieses Jahr in Florida, dem Heimatstaat ihres Vaters, für Kamala Harris stimmen. | Bild: Lisa Burmeister

Geschockt, aber nicht überrascht

Dass am Ende Trump siegte, erstaunt beide nicht wirklich. Die Umfragen vor der Wahl hätten enger kaum sein können. Es ist die Deutlichkeit von Trumps Erfolg, die sie schockiert. „Dass er gewinnen kann, hat mich nicht überrascht, dass ihn so viele Leute unterstützen, hingegen schon“, sagt Robert Ogman.

Und das ist tatsächlich eine neue Entwicklung. „Man kann festhalten: Trump ist mehrheitsfähig. Das war in den vergangenen acht Jahren noch nicht der Fall“, erklärt Marco Bitschnau, Soziologe an der Universität Konstanz, mit Blick auf das noch nicht finalisierte Ergebnis. Stand Donnerstag, 7. November, liegt Trump laut dem Nachrichtensender CNN nämlich nicht nur bei den gewonnenen Wahlleuten vorne.

Auch was die Gesamtzahl der Stimmen angeht, hat er um etwa drei Prozentpunkte oder knapp vier Millionen Stimmen die Nase vorne. Weder gegen Hillary Clinton 2016, noch gegen Joe Biden 2020 konnte Trump mehr Stimmen insgesamt sammeln als die Demokraten.

Marco Bitschnau hat als Gastwissenschaftler auch in den USA geforscht und beschäftigt sich damit, wie sich die Spaltungslinien in der ...
Marco Bitschnau hat als Gastwissenschaftler auch in den USA geforscht und beschäftigt sich damit, wie sich die Spaltungslinien in der amerikanischen Gesellschaft in Wahlen widerspiegeln. | Bild: Universität Konstanz

Ein Weg ins Ungewisse

Eine Wiederauflage von Trumps Amerika bereitet Robert Ogman Sorgen. „Ich glaube, dass es zu Grenzüberschreitungen kommen wird im Hinblick auf die Einhaltung demokratischer Prozesse.“ Für ihn als in Europa lebenden Amerikaner sei zudem die Frage wichtig, wie der neue Präsident mit Russlands Angriff auf die Ukraine umgeht und wie die Zukunft der Nato aussehen wird: „Er spielt den großen, starken Typen, aber ich glaube nicht, dass Trump weiß, wie man mit solchen Themen umgehen muss.“

Innenpolitisch hat Ogman zudem Angst, wie die neue Regierung mit Frauenrechten umgehen wird. „Ich fürchte weitere Verschärfungen der Restriktionen des Abtreibungsrechts. Ich kenne auch Frauen, die in den USA leben und ich habe Angst, dass deren Freiheit und Zugang zu Gesundheitsversorgung eingeschränkt wird.“

Diese Angst teilt auch Lisa Burmeister. 2022 hatte der mehrheitlich konservativ besetzte Oberste Gerichtshof der USA ein landesweites Abtreibungsrecht gekippt und die Handhabe zunächst an die Bundesstaaten abgegeben. In einigen von Republikanern kontrollierten Staaten wurde dieses Recht inzwischen abgeschafft oder stark eingeschränkt. „Frauen werden sich anschnallen müssen“, sagt Burmeister.

Vizepräsidentin Kamala Harris verlässt am Tag nach der Wahl mit Ehemann Doug Emhoff die Bühne auf dem Gelände der Howard Universität in ...
Vizepräsidentin Kamala Harris verlässt am Tag nach der Wahl mit Ehemann Doug Emhoff die Bühne auf dem Gelände der Howard Universität in Washington DC, nachdem sie dort zu ihren Unterstützern sprach. | Bild: Angela Weiss/AFP

In sieben Staaten stimmten die Wähler bei der Präsidentschaftswahl am Dienstag hingegen dafür, das Abtreibungsrecht in die jeweilige Verfassung des Bundesstaats aufzunehmen.

Die Gräben wachsen

Die Wahl hat auch einen tiefen Riss in der amerikanischen Gesellschaft gezeigt. Bruchlinien verlaufen nach Trumps großem Erfolg unter Latino-Wählern offenbar weniger zwischen Ethnien: „Die Wahl zeigt eine starke Spaltung auf der Geschlechterebene, aber auch auf der Bildungsebene“, sagt Forscher Marco Bitschnau.

Laut einer Umfrage vom Nachrichtensender CNN am Wahltag hat Trump die Wahlgruppe der Männer mit 13 Prozentpunkten Vorsprung gewonnen, Harris die Frauen mit acht Prozentpunkten. „Wenn die Bürger das Gefühl haben, es gibt eine Partei für Männer und eine Partei für Frauen, dann ist das gesellschaftlich problematisch.“ Das befördere die Gegnerschaft. Für Lisa Burmeister ist die Wahl ein Fingerzeig auf das, was folgen kann: „Ich glaube, die Menschen in den USA müssen sich auf größere Gräben in der Gesellschaft einstellen.“

Ein weiterer US-Amerikaner, den der SÜDKURIER auf die Wahl anspricht, gibt sich schweigsam: Die wachsenden Gräben sind für Matt Corwin ein Grund dafür, warum er ungern über amerikanische Politik spricht. Wie seine persönliche Wahl ausfiel, möchte der 36-Jährige, der 2012 nach Deutschland kam und heute die American Footballer der Newtown Lions in Neuhausen ob Eck trainiert, nicht sagen.

Matt Corwin lebt seit 2012 in Deutschland und ist heute Trainer der American Footballer bei den Newtown Lions in Neuhausen ob Eck.
Matt Corwin lebt seit 2012 in Deutschland und ist heute Trainer der American Footballer bei den Newtown Lions in Neuhausen ob Eck. | Bild: Newtown Lions

Er möchte das aus seiner Sicht vergiftete politische Klima in seiner Heimat so gut es geht meiden: „Ich fühle mich bei keiner der beiden Parteien wirklich zuhause. Ich bin normalerweise auch kein Politik-Fan. In Amerika ist das ein schwieriges Thema. Beide Seiten fangen schnell an zu kämpfen.“